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SRG-Wahlbarometer
Die Mitte überholt in Umfrage die FDP

Muss Thierry Burkarts (links) FDP sich zum ersten Mal in der Geschichte der Schweiz gegen Die Mitte von Gerhard Pfister geschlagen geben?
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Das neueste SRG-Wahlbarometer deutet eine Verschiebung in der Schweizer Politik an: Die Mitte soll die FDP in den Nationalratswahlen im Herbst überholen. Die repräsentative SRG-Umfrage, die das Institut Sotomo unter Leitung von Michael Hermann durchführte, prophezeit der Mitte 14,8 Prozent Wähleranteil, der FDP 14,6 Prozent. Damit würde Die Mitte, die 2021 aus der Fusion von CVP und BDP entstand, im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2019 rund ein Prozent zulegen – damals traten die beiden Parteien noch eigenständig zur Wahl an. Die FDP hingegen würde 0,5 Prozentpunkte verlieren.

Historisch gesehen sind sich die beiden Parteien Erzfeind. Im Sonderbundskrieg 1847 gingen ihre politischen Vorgänger noch mit Gewehren aufeinander los, danach bekämpften sie sich jahrzehntelang im Kulturkampf. Diese Feindschaft ist seit langem überwunden, in der jüngeren Schweizer Geschichte politisierten die FDP und Die Mitte / CVP häufig Seite an Seite und dominierten lange gemeinsam den Bürgerblock. Nur eines blieb gleich: Die FDP lag in eidgenössischen Wahlen stets vor der früheren CVP, so wie die Liberalen damals die Katholisch-Konservativen auf dem Schlachtfeld besiegten. Diesen Herbst könnte sich diese Rangordnung zum ersten Mal in der Geschichte der Schweiz ändern.

Der Vorsprung in der Umfrage ist mit 0,2 Prozentpunkten äusserst knapp und liegt innerhalb des Fehlerbereichs von 1,2 Prozent. Dennoch sei das Resultat historisch «bemerkenswert», schreibt die Studie. Und es könnte für die anstehenden Bundesratswahlen bedeutend sein. Denn würde die Wahl vom 22. Oktober die Prognose bestätigen, wäre Die Mitte neu die drittstärkste Kraft im Nationalrat, vor der FDP.

Die Mitte hätte nach «Zauberformel» Anrecht auf Bundesratssitz der FDP

Gemäss der traditionellen «Zauberformel» hätte sie damit Anrecht auf einen Sitz mehr im Bundesrat. Diese sieht vor, dass die drei stärksten Parteien jeweils zwei Sitze erhalten und die viertstärkste Partei nur einen. Diese Regelung gilt seit 1959 und bescherte der damaligen CVP 44 Jahre lang zwei Sitze in der Regierung. 2003 verlor sie bei der Abwahl von Ruth Metzler jedoch einen Platz an die SVP, weil die CVP damals nur noch viertstärkste Kraft war.

Dennoch äussert Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister sich zurückhaltend zu den Umfragen. Er nehme diese so zur Kenntnis, schreibt er auf Anfrage. «Wie alle Umfrageresultate darf auch dieses Resultat nicht überbewertet werden. Letztlich zählt nur das Wahlresultat im Oktober.» Die Ergebnisse zeigten aber, dass sich Die Mitte in einer «Aufbruchstimmung» befinde.

Die Partei habe viele Gründe für Zuversicht, schreibt Pfister weiter: «Unsere Wählerbasis steht hinter uns, unser Kurs stimmt. Mehr junge Menschen und Frauen als je zuvor engagieren sich für Die Mitte, und wir haben bei den letzten kantonalen Wahlen in Baselland und Zürich ermutigende Ergebnisse erzielt.»

Anspruch auf einen zweiten Sitz im Bundesrat erhebt Pfister zumindest vorderhand nicht: «Solange der Abstand zwischen uns und der FDP so gering ist, ist unser Anspruch auf einen zweiten Sitz nicht glaubwürdig.» Die Mitte sage jedoch bereits seit 2019, dass die heutige «Zauberformel» nicht mehr funktioniere. Wie sich diese weiterentwickeln solle, könnten aber nur die Wahlergebnisse zeigen, so Pfister.

FDP-Chef gibt sich kämpferisch

Wider Erwarten zeigt sich auch FDP-Parteipräsident Thierry Burkart erfreut über die Resultate des Wahlbarometers: «Es ist ein Kopf-an-Kopf Rennen, aber das wird uns im Wahlkampf anspornen und bei der Mobilisierung helfen.» Es bleibe noch genügend Zeit bis zu den Wahlen, um zu zeigen, dass die FDP im Unterschied zur Mitte konkrete Lösungen für Probleme wie die hohen Krankenkassenprämien habe.

Den aktuellen Rückstand bei der Umfrage begründet Burkart damit, dass in den vergangenen Monaten klassische Wirtschaftsthemen sowie die Stromversorgungssicherheit weniger im Fokus gestanden seien. «Dass man wieder mehr über die steigenden Preise und die angespannte Stromlage spricht, wird uns bei den Wahlen helfen. Das sind Bereiche, in denen uns die Bevölkerung eine grosse Kompetenz zuspricht.»

Angesprochen auf eine mögliche Verschiebung im Bundesrat, weist Burkart knapp auf eine Aussage von Mitte-Präsident Gerhard Pfister am Wahlpodium des «Tages-Anzeigers» hin, wonach Die Mitte bestehende Bundesräte nicht angreifen werde. «Damit ist das Thema erledigt», sagt Burkart.

Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich Änderung im Bundesrat

So wie Burkart ist auch seine Wählerschaft gegen eine Änderung bei der Sitzverteilung in der Landesregierung. Während sich gemäss SRG-Umfrage über die Hälfte der Schweizer Bevölkerung eine Veränderung im Bundesrat wünscht, sind die Unterstützerinnen und Unterstützer der FDP als Einzige mit einer deutlichen Mehrheit für den Status quo. Das ist insofern wenig überraschend, als diese am ehesten einen Sitz abgeben müsste.

Wenig rosig sind gemäss Studie auch die Aussichten der GLP. Auch sie soll ein halbes Prozent Wähleranteil einbüssen. Noch ärger trifft es die Grünen: 2,5 Prozentpunkte weniger prophezeit ihnen das Wahlbarometer – dies, nachdem die Partei bei den Wahlen vor vier Jahren das beste Resultat ihrer Geschichte einfahren konnte.

Zu den Gewinnerinnen gehören gemäss Umfrage neben der Mitte die SP und die SVP, die 0,5 respektive 2 Prozent zulegen. Die beiden würden somit die beiden stärksten Parteien im Land bleiben.

Passend zum Umfragetief der Ökoparteien hat sich auch die Wahrnehmung der Bevölkerung zu den grössten politischen Herausforderungen in der Schweiz verändert. Gemäss Studie beschäftigt Herrn und Frau Schweizer derzeit nichts so sehr wie die Krankenkassenprämien. Diese lösen zum ersten Mal in dieser Legislatur den Klimawandel als wichtigste Herausforderung im SRG-Wahlbarometer ab. Auf Platz drei folgt die Zuwanderung.