Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Umfrage Wahlen Stadt Bern
Stadtpräsident Alec von Graffenried droht doppelte Abwahl

Verkehrsdirektorin Marieke Kruit und Stadtpraesident Alec von Graffenried.

Medienkonferenz der Stadtregierung zu den Abstimmungsergebnissen im Erlacherhof mit Finanzdirektor Michael Aebersold, Verkehrsdirektorin Marieke Kruit, Stadtpraesident Alec von Graffenried, Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie Reto Nause sowie Leiter Informationsdiesnt Michael Sahli, am 18. Juni 2023 in Bern. Foto: Nicole Philipp/Tamedia AG
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Eine Umfrage zeigt Marieke Kruit als Favoritin fürs Berner Stadtpräsidium.
  • Alec von Graffenried könnte die Wiederwahl in den Gemeinderat verpassen.
  • Mitte-rechts-Bündnis hat gute Chancen auf zwei Sitze im Gemeinderat.
  • Finanzpolitik entscheidend für Meh-Farb-Wählende, Wohnraum und Klima fürs RGM-Lager.

Die Wahlen vom 24. November könnten die Stadt Bern ordentlich durchschütteln. Bewahrheiten sich die Ergebnisse einer Umfrage, die Sotomo im Auftrag dieser Redaktion durchgeführt hat, reüssiert SP-Gemeinderätin Marieke Kruit mit ihrem Angriff aufs Stadtpräsidium. Mit 44 Prozent der Stimmen liegt sie deutlich vor dem amtierenden Stadtpräsidenten Alec von Graffenried (GFL), für den sich in der Umfrage nur 26 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgesprochen haben.

Deutlich hinter Kruit und von Graffenried, die beide dem Regierungsbündnis von Rot-Grün-Mitte (RGM) angehören, liegen Melanie Mettler (GLP) und Janosch Weyermann (SVP).

Dennoch dürfte auch deren Mitte-rechts-Bündnis Meh Farb für Bärn am Wahltag jubeln: Laut Umfrage holt die Liste mit GLP, EVP, Mitte, FDP und SVP bei den Gemeinderatswahlen zwei Sitze in der Stadtregierung. Mit 36 Prozent der Listenstimmen würde Meh Farb zwei Vollmandate holen, sind dafür doch 33,4 Prozent notwendig. Mit 64 Prozent würde RGM dagegen ein viertes Vollmandat um 2,8 Prozentpunkte verpassen.

Zwei Sitze für Mitte-rechts: Das würde bedeuten, dass RGM den vierten Sitz, den es 2016 eroberte, wieder abgeben müsste. Als veritable Sensation droht dabei Stadtpräsident von Graffenried die doppelte Abwahl. In der Umfrage landet er auf der RGM-Liste auf dem letzten Platz – wenn auch bloss einen Prozentpunkt hinter Ursina Anderegg (GB). Angeführt wird die Liste von Tiefbaudirektorin Kruit und ihrem Parteikollegen, SP-Nationalrat Matthias Aebischer.

Mit Blick auf das Mitte-rechts-Lager entpuppt sich Melanie Mettler als Favoritin auf der Meh-Farb-Liste: Mit einigem Abstand liegt sie vor Florence Pärli (FDP) und Béatrice Wertli (Mitte), die voraussichtlich den zweiten Platz – und mutmasslich eben den zweiten bürgerlichen Gemeinderatssitz – untereinander ausmachen. Laut Umfrage kommt es dabei zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Auf den hinteren Rängen landen Janosch Weyermann und Bettina Jans-Troxler (EVP).

Stadtpräsidium: Zweiter Wahlgang unnötig?

Politikwissenschaftler Michael Hermann, der als Sotomo-Geschäftsführer die Umfrage verantwortet, sieht als mögliche Ursache für eine doppelte Abwahl von Graffenrieds mehrere Effekte, die dessen Abschneiden negativ beeinflussen: «Bei beiden Wahlen steht er in interner Konkurrenz: Beim Stadtpräsidium mit der SP, beim Gemeinderat mit dem Grünen Bündnis. Zudem dürften ihm im Vergleich zu den beiden letzten Wahlen bürgerliche Stimmen fehlen, weil das Mitte-rechts-Lager mit der Aussicht auf zwei Gemeinderatssitze geschlossener wählt.»

Umfrageergebnisse seien immer mit Vorsicht zu geniessen, betont Hermann, zumal sie «potenzielle Wählerinnen und Wähler aufrütteln» können. Allerdings sei die Richtung einer allfälligen Wirkung nie eindeutig. Heisst: «Das enge Rennen, das sich zwischen Alec von Graffenried und Ursina Anderegg abzeichnet, kann in beiden Fällen mobilisierend wirken.»

Beim Ergebnis zur Wahl ins Stadtpräsidium fällt auf, dass die beiden RGM-Kandidierenden zusammen auf 70 Prozent kommen – 6 Prozentpunkte mehr, als ihr Lager laut Umfrage bei den Gemeinderatswahlen holt. Hermann sieht dafür zwei Gründe: Zum einen seien von Graffenried und Kruit bisherige Gemeinderatsmitglieder, was ihnen bei der Stapi-Wahl einen Vorteil beschere. «Zum anderen dürften angesichts der deutlichen Mehrheitsverhältnisse in der Stadtpolitik auch viele Bürgerliche anerkennen, dass das Stadtpräsidium RGM zusteht.»

Fällt die Wahl fürs Stadtpräsidium ähnlich deutlich aus wie die Umfrage, rechnet Hermann nicht mit einem zweiten Wahlgang – der grundsätzlich vorgesehen ist, wenn niemand im ersten Durchgang das absolute Mehr erreicht. «Falls Marieke Kruit im ersten Wahlgang tatsächlich so weit vorne liegen sollte, kann ich mir nicht vorstellen, dass Alec von Graffenried oder Melanie Mettler zu einem zweiten Wahlgang antreten würden.»

Welche Themen wen mobilisieren

Bemerkenswert sind auch die Umfrageergebnisse zu den Themen, die für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für ihren Wahlentscheid entscheidend sind. So ist für jene, die Meh Farb wählen wollen, «Finanzpolitik, Verschuldung der Stadt» das stärkste Motiv – was dem bürgerlichen Konsens entspricht, wonach RGM zu leichtfertig Geld ausgebe und Schulden anhäufe.

Wer RGM wählen will, findet den gleichen Faktor – Finanzpolitik, Verschuldung – dagegen vernachlässigbar für den Wahlentscheid, der entsprechende Wert liegt bei 12 Prozent. Auch dies passt zur RGM-Haltung, wonach die finanzielle Situation im Lot sei und die zunehmende Verschuldung bloss vorübergehend.

Die wichtigsten Themen, die Wählerinnen und Wähler zu RGM tendieren lassen, sind Verfügbarkeit und Preise von Wohnungen beziehungsweise Klimawandel und Energiewende. Bei den Meh-Farb-Wählerinnen und -Wählern wiederum sind es nach den Finanzen die Themen Steuerbelastung, Sicherheit und Wirtschaft, die sie bürgerlich wählen lassen.

Gegenüber der ersten Version wurde der Artikel um folgende Passage ergänzt: «Mit 36 Prozent der Listenstimmen würde Meh Farb zwei Vollmandate holen, sind dafür doch 33,4 Prozent notwendig. Mit 64 Prozent würde RGM dagegen ein viertes Vollmandat um 2,8 Prozentpunkte verpassen.»