Neue RadiozahlenNach UKW-Aus verlieren SRF-Sender eine halbe Million Zuhörer
Die SRF-Hörerschaft ist Anfang Jahr um ein Viertel eingebrochen – Privatradios hingegen profitieren. Roger Schawinski will gegen das UKW-Verbot klagen.

- SRF-Radiosender verlieren fast eine halbe Million Hörer seit der UKW-Abschaltung.
- Die Abschaltung führte zu einem Rückgang von 23,5 Prozent bei den Hörerzahlen.
- Privatradios verzeichnen Zuwächse, da sie weiter über UKW senden.
Erste vorläufige Hörerzahlen der SRF-Radiosender zeichnen ein dramatisches Bild: Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2024 haben die drei grossen deutschsprachigen Radiosender der SRG – SRF 1, SRF 2 und SRF 3 – in den ersten beiden Januarwochen 2025 durchschnittlich pro Tag knapp eine halbe Million Hörerinnen und Hörer verloren.
In absoluten Zahlen ist der Verlust bei SRF 1 am grössten: minus 255’300. SRF 3 verzeichnete einen Rückgang um 212’900 Personen, und SRF 2 büsste 22’500 Hörerinnen und Hörer ein.
Insgesamt sank die Netto-Tagesreichweite dieser drei Sender um 490’700 Personen, was einen Rückgang von fast einem Viertel, 23,5 Prozent, bedeutet.
Der Hörerverlust fällt zeitlich genau mit der Abschaltung der SRF-UKW-Sender zusammen. Die SRG stellte Ende 2024 die Verbreitung ihrer Radioprogramme über Ultrakurzwelle ein.
Damit steht die Vermutung im Raum, dass der Einbruch auf das UKW-Aus zurückzuführen ist: Leute, die ihre UKW-Radios behalten und nicht auf die neue DAB-Technik umstellen wollen, könnten SRF den Rücken gekehrt haben.
«Die Zahlen sind nicht aussagekräftig»
Mirko Marr ist Forschungsleiter bei Mediapulse, dem unabhängigen Unternehmen, das die Radiozahlen misst. Er sagt, es sei noch zu früh, um Aussagen über solche Zusammenhänge zu machen: «Diese kurzfristigen Zahlen sind nicht aussagekräftig.» Zahlen einzelner Sender kommentiert Marr nicht.
Auf Anfrage stellt sich auch die SRG auf den Standpunkt, die Zahlen seien statistisch zu wenig belastbar. «Deswegen können wir sie nicht kommentieren», sagt SRG-Sprecher Nik Leuenberger. Normalerweise würden verbindliche Angaben über die Zeit nach dem UKW-Aus erst im Juli veröffentlicht.
Aufgrund der besonderen Situation werde die SRG aber bereits nach drei Monaten die Zahlen auswerten. Falls sie dann aussagekräftig seien, würden sie auch publiziert, sagt der Sprecher.
SRG löst sich von «veralteter Technologie»
Die SRG begründete das Abschalten der Sender ursprünglich damit, dass weniger als 10 Prozent der Hörerinnen und Hörer Radio «ausschliesslich» über UKW hören würden. UKW sei zudem eine «veraltete» Technologie, die nicht mehr in neue Infrastrukturprojekte investieren sollte.
Zudem koste der Betrieb der 850 UKW-Sendeanlagen in der Schweiz jährlich 15 Millionen Franken. Dieses Geld wolle man künftig lieber in journalistische Inhalte investieren.
Private senden weiter über UKW
Die Abschaltung kam dann schneller als erwartet. Ursprünglich war der UKW-Ausstieg erst für Ende 2026 vorgesehen. Die SRG entschied sich jedoch, diesen Schritt vorzuziehen – unabhängig vom Entscheid der privaten Konkurrenz, die weiterhin bis 2026 über UKW sendet.
Allerdings stiess der Entscheid auf Kritik. Laut einer Studie des Bundesamts für Kommunikation nutzen immer noch rund 33 Prozent der Schweizer Bevölkerung mindestens teilweise UKW – insbesondere im Auto. Kritiker werfen der SRG vor, so die Bedeutung der Ultrakurzwelle herunterzuspielen.
Roger Schawinski droht mit der Justiz
Radiopionier Roger Schawinski, Betreiber von Radio 1, ist der lauteste Kritiker der UKW-Abschaltung. Jetzt sieht er sich durch die vorläufigen Hörerzahlen bestätigt: «Es handelt sich um das schweizweit grösste mediale Eigengoal aller Zeiten – mutwillig selbst verschuldet durch die SRG.» Die SRG hätte als Service-public-Anbieter eine Vorbildfunktion übernehmen sollen und nicht als Erste UKW abschalten dürfen.

Zudem fühlt sich Schawinski in seiner Haltung gegen ein UKW-Verbot für Privatradios bestärkt. «Der Hörereinbruch beweist auf dramatische Weise, dass UKW weiterhin eine relevante Radiotechnologie ist, die man nicht mutwillig verbieten darf.»
Schawinski plant deshalb, juristisch gegen den bundesrätlichen Entscheid vorzugehen, der UKW bis Ende 2026 ganz abschaffen will.
Privatradios profitieren von der Entwicklung
Im Gegensatz zu den SRF-Sendern steigerten einige Privatradios im selben Zeitraum ihre Hörerzahlen. Roger Schawinskis Radio 1 legte dabei prozentual am deutlichsten zu: plus 50 Prozent auf 113’000 Zuhörerinnen und Zuhörer. Radio Pilatus steigerte die Hörerzahl um 20 Prozent, Radio 24 konnte 16 Prozent gutmachen.
Die Privatsender strahlen ihr Programm weiterhin über UKW aus und ziehen somit Hörerinnen und Hörer an, die keine DAB- oder Internetradio-Geräte nutzen.
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