Kommentar zur Streikdrohung der PilotenSpiel mit dem Feuer
Der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen der Swiss-Piloten ist in unschweizerischer Weise eskaliert. Auch, weil die Lufthansa viel fordert.
Die Verhandlungen dauerten die ganze Nacht. Offensichtlich haben sich Dieter Vranckx und Clemens Kopetz nichts geschenkt. Auf den letzten Drücker einigen sich der Swiss-Geschäftsführer und der oberste Pilotenvertreter doch noch. Und das, nur wenige Stunden bevor die Gewerkschafter möglicherweise einen Streik beschlossen hätten.
Das Powerplay der Piloten hat sich für sie gelohnt. Aber es war ein Spiel mit dem Feuer. Denn ein Streik hätte ein Chaos an den Flughäfen und bei den Passagieren viel Ärger verursacht. Der Swiss wären wegen Rückerstattungen und fürs Zumieten von Ersatztransporten hohe Kosten entstanden, während gleichzeitig die Buchungen eingebrochen wären. Zudem hätte ein Streik dem Image der Swiss nachhaltig geschadet. Die Piloten wiederum, die Grossverdiener der Luftfahrtbranche, hätten nicht mit viel Verständnis für ihren Streik rechnen können.
«Die Swiss musste sich mit den Pilotinnen und Piloten einigen. Und umgekehrt. Denn die beiden Parteien sind aufeinander angewiesen.»
Die Fluggesellschaft kann die gut und für viel Geld ausgebildeten Fachkräfte im Cockpit nicht einfach ersetzen. Ausser natürlich, wenn sie Leistungen bei ausländischen Airlines einkaufte, was sie eine weitere grosse Portion Swissness kostete. Doch auch die Pilotinnen und Piloten können meist kaum zu einer anderen Airline wechseln – zumindest nicht, ohne Abstriche beim Lohn in Kauf zu nehmen oder ins ferne Ausland zügeln zu müssen. Die Swiss musste sich mit den Pilotinnen und Piloten einigen. Und umgekehrt. Denn die beiden Parteien sind aufeinander angewiesen.
Dass der Arbeitskonflikt so stark eskalierte, dürfte mit der Eigentümerin zusammenhängen: Die Lufthansa verlangt einen hohen Ertrag. Entsprechend versuchte das Swiss-Management, viele Reformen in kurzer Zeit durchzupauken. Die Piloten wiederum hielten mit unschweizerischen Arbeitskampfmassnahmen dagegen.
Nach dem Hüst und Hott der letzten Jahre – durch die Pandemie ausgelöst, aber durch Managementfehler mitverursacht – muss die Swiss ihr Geschäft stabilisieren. Dazu braucht es eine realistische Planung, die es den Angestellten ermöglicht, ihr Arbeits- und ihr Privatleben auszubalancieren. Von einem modernen Unternehmen, das bei jeder Gelegenheit die Nachhaltigkeit betont, darf man dies erwarten.
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