Geldblog: Tipps für Seniorinnen und SeniorenSoll man im hohen Alter sein Geld anlegen?
Wenn der Lebensstandard durch Renten gesichert ist und man zusätzliche Reserven hat, kann man auch im Alter in Aktien investieren. Die Anlagetipps von Geldexperte Martin Spieler.
Aus einem geplanten Hausverkauf dürfte mein 85-jähriger Vater eine Summe von 500'000 Franken erhalten. Der Lebensunterhalt kann aktuell aus AHV und Pension bestritten werden und rund 250’000 Franken sind bei der Hausbank konservativ angelegt. Wie viel dieser zusätzlichen halben Million soll nun bei einem Robo-Advisor wie TrueWealth oder Findipendent angelegt werden? Der volle Betrag mit einer sehr konservativen Ausrichtung – maximal 20 Prozent Aktien –, oder alternativ nur ein Viertel – also 125’000 Franken – mit einem deutlich höheren Aktienanteil von beispielsweise 50 Prozent? Im zweiten Fall könnte das restliche Geld bei mehreren Banken auf Sparkonten verbleiben und die Kosten der Kapitalanlage beim Robo-Advisor würden nur einen Viertel betragen. Was raten Sie? Leserfrage von T.P.
Auch im Alter sollte man sein Geld investieren, weil die Teuerung am Wert des Geldes frisst. Allerdings nimmt mit steigendem Alter der Anlagehorizont ab. Der notwendige Anlagehorizont von zehn Jahren oder mehr für Aktien ist im hohen Alter nicht mehr zwingend gegeben. Umso wichtiger ist aus meiner Sicht die Frage, mit welchem Zweck man im Alter sein Geld anlegen möchte. Geht es in erster Linie darum, dass man mit seinem Kapital einen Zustupf zur Rente von AHV und Pensionskasse erwirtschaften kann? Oder will man vor dem Hintergrund der Teuerung einfach nur das Kapital erhalten? Oder will man auf keinen Fall mit Schwankungen und Buchverlusten konfrontiert sein?
Wenn Ihr Vater den Wunsch hätte, dass er aus dem Geld einen Zustupf für seine Rente bekäme, würde ich ihm raten, in klassische Dividendenperlen zu investieren.
Im Falle Ihres Vaters ist die Bestreitung des Lebensstandards gemäss Ihren Angaben durch die AHV- und Pensionskassenrente gesichert. Zusätzliches Geld wäre allenfalls nötig, wenn Ihr Vater pflegebedürftig würde. Darum sollte man im höheren Alter immer auch etwas Reserven für diese Konstellation auf der Seite haben, da eine Pflegebehandlung schnell ins Geld geht. Diese Reserven sind bei Ihrem Vater bereits in Form der 250’000 Franken vorhanden, die aktuell konservativ bei seiner Hausbank investiert sind. Dies gibt ihm bei der Anlage der zusätzlichen 500’000 Franken aus dem vorgesehenen Hausverkauf deutlich mehr Spielraum.
Wenn Ihr Vater den Wunsch hätte, dass er aus dem Geld einen Zustupf für seine Rente bekäme, würde ich ihm raten, wenigstens einen rechten Teil des Geldes in klassische Dividendenperlen wie Swisscom, Swiss Re, Zurich Insurance, Holcim, Nestlé, Novartis, Roche oder Swiss Life zu investieren. Hier profitiert er von einer jährlichen Dividendenrendite von 2 bis 5 Prozent, was immerhin einen angenehmen Zustupf bringt, wenngleich Dividenden nie ganz garantiert sind.
Der Nachteil einer solchen Strategie liegt darin, dass man mit starken Kursschwankungen konfrontiert ist und allenfalls in negativen Marktphasen wie jetzt auf Buchverlust sitzt. Gar keine Kursschwankungen hätte Ihr Vater, wenn er das Geld auf dem Konto bei mehreren sicheren Banken liegenlässt oder in Kassenobligationen anlegt, welche mit den steigenden Zinsen langsam wieder ein Thema werden. Der Nachteil: Die Teuerung schlägt man damit nicht. Die Inflation nagt am Wert des Geldes.
Sowohl bei dieser Robo-Advisor- als auch bei der Dividendenperlen-Strategie ist der Anlagehorizont im hohen Alter eigentlich zu kurz.
Eine weitere Variante wäre, das Kapital wie von Ihnen angedacht bei einem Robo-Advisor digital breit diversifiziert zu investieren. Allerdings wäre selbst bei einer konservativen Strategie ein Anlagehorizont von mehreren Jahren nötig. Skeptisch wäre ich, wenn Sie die ganzen 500’000 Franken konservativ so investieren würden. Dies würde bedeuten, dass der Grossteil des Geldes in sichere Franken-Obligationen fliessen, welche wohl noch einige Zeit mehrheitlich noch wenig attraktiv sind und zudem zahlen Sie auch da Gebühren. Da würde ich lieber die Hälfte in eine Aktienstrategie investieren und die andere Hälfte stockkonservativ auf dem Konto von mehreren Banken lassen oder in Kassenobligationen investieren, die anders als übliche Obligationen keinen Kursschwankungen unterliegen.
Sowohl bei dieser Strategie als auch bei der Dividendenperlen-Strategie ist der Anlagehorizont im hohen Alter eigentlich zu kurz. Wenn es aber die Strategie ist, entweder einen Zustupf durch Dividenden zu erwirtschaften, oder dank der höheren Rendite aus den Aktien die Teuerung auf dem gesamten Anlagebetrag zu schlagen, spielt es aus meiner Sicht gar nicht so eine grosse Rolle, dass man vielleicht einen zu kurzen Anlagehorizont für Aktien hat. Man will die Aktien in dieser Konstellation ja nicht verkaufen, sondern bis ans Lebensende behalten, was voraussetzt, dass man genügend zusätzliche Reserven hat – etwa für den Fall, dass man pflegebedürftig wird. Dies ist bei Ihrem Vater alles gegeben.
Diesbezüglich sehe ich daher kein Problem, wenn ihr Vater auch im hohen Alter einen guten Teil seines Geldes breit diversifiziert in Aktien investiert und so eine höhere Rendite erzielen kann. Indem er einen Teil des Geldes stockkonservativ auf dem Konto bei mehreren Banken liegenlässt, ist er selbst bei weiteren Marktturbulenzen wenigstens teilweise etwas abgesichert.
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