Übernahme von Schweizer FirmenSo will der Bundesrat China bändigen
Die Übernahme von Syngenta durch einen chinesischen Konzern schreckte die Schweiz auf. Nun legt der Bundesrat erste Vorschläge vor, wie solche Aufkäufe besser kontrolliert werden könnten. Das angeschlagene Tempo sorgt für Kritik.
Das dürfte China nicht passen: Der Bundesrat legt erstmals Eckpunkte offen, wie Schweizer Firmen vor schädlichem ausländischem Einfluss geschützt werden können. Für diesen Zweck sollen sogenannte Investitionskontrollen eingeführt werden. Speziell im Fokus steht dabei das Reich der Mitte.
Die Eckpunkte der «Lex China» hat der Bundesrat am Mittwoch verabschiedet. Sie gehen auf eine im Parlament umstrittene Motion von Mitte-Ständerat Beat Rieder zurück. Dort wird China, der eigentliche Adressat, zwar nicht explizit erwähnt. Und doch wird in der Motion klar, wer gemeint ist. «Für Investoren aus Ländern, die nach anderen Regeln als jener der freien Marktwirtschaft funktionieren und die je länger, je mehr über enorme finanzielle Ressourcen verfügen», heisst es darin.
Der Bundesrat sieht nun ein zweistufiges Verfahren für solche Kontrollen vor. Eine erste kurze Prüfung soll die Notwendigkeit eines vertieften Verfahrens bei Firmenübernahmen abklären. Falls in diesem Prozess Zweifel aufkommen, wird die Prüfung erweitert. Die Hauptrolle wird dabei das Staatssekretariat für Wirtschaft innehaben. Falls Uneinigkeit herrscht bei der Beurteilung der Kontrolle, soll am Ende der Bundesrat entscheiden. Die konkreten Details des Verfahrens sind noch unklar.
Staatliche und staatsnahe Investoren im Fokus
Im Zentrum der Investitionskontrollen steht die mögliche Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, weil Schweizer Firmen von ausländischen Investoren übernommen werden, wie der Bundesrat mitteilt. Gleichzeitig sollen mit den Kontrollen auch Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden.
Das bedeutet: Wenn künftig staatliche oder staatsnahe Investoren eine Schweizer Firma übernehmen wollen, soll das gemeldet werden müssen. Bei privaten Investoren aus dem Ausland soll keine solch generelle Pflicht gelten. Allerdings sieht der Bundesrat auch dort Bereiche vor, in denen das eine Pflicht sein wird. Welche dies sind, ist noch unklar.
Steigen Investoren in Firmen ein, ohne aber die Kontrolle über die Unternehmen zu ergreifen, entfällt das.
Gelten sollen diese Regeln für alle Übernahmen, egal, welches Land dahintersteckt. Dass das Gesetz als «Lex China» bezeichnet wird, hat mit den Investitionsgelüsten von China zu tun. Immer wieder sind in der Vergangenheit Schweizer Firmen unter den Einfluss von China geraten.
Die wohl bekanntesten und schlagzeilenträchtigsten Beispiele sind Syngenta und Unternehmen wie SR Technics oder Gategroup, die vom chinesischen Konzern HNA kontrolliert wurden. Daneben sind aber auch kleinere Übernahmen erfolgt. So etwa Traditionsfirmen wie der Flaschenproduzent Sigg oder auch Swissmetal. *
Übernahmen gingen schief
Eine Untersuchung für den Zeitraum von 2017 bis 2019 der Beratungsfirma EY zeigt: Rund 30 Firmenübernahmen aus China wurden in der Schweiz getätigt, in ganz Europa 600.
Nicht alle Übernahmen haben einen positiven Verlauf genommen. HNA kam ins Trudeln, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Schweizer Ableger. In verstärktem Masse gilt dasselbe für Swissmetal mit Sitz in Dornach SO und Reconvilier BE. Bekannt wurde die Firma einst wegen eines grossen Streiks Mitte der 2000er-Jahre. Und auch danach kam das Unternehmen nicht zur Ruhe. Der Einstieg von Baoshida sollte das ändern. Doch es kam anders. Das Unternehmen stand im Jahr 2019 kurz vor dem Aus, der chinesische Manager stand im Kanton Jura gar vor Gericht. In der Folge übernahmen Schweizer Investoren das Zepter.
Der Bundesrat selbst wollte die Investitionskontrolle lieber nicht umsetzen. Die entsprechende Motion lehnte er ab. Die Begründung: Eine solche Kontrolle sei «weder zielführend noch notwendig». Denn «ein wesentlicher Teil des Wohlstandes der Schweiz basiert auf der traditionellen Offenheit unseres Landes», heisst es vom Bundesrat.
«Man merkt, dass der Bundesrat wenig Freude hat, die Motion umzusetzen.»
Für Mitte-Ständerat Beat Rieder aus dem Wallis, der die Investitionskontrolle anschob, geht der Bundesrat mit seinen Eckwerten in die richtige Richtung. Aber: «Das Tempo ist sehr langsam. Erst im nächsten Frühling soll die Vorlage in die Vernehmlassung gehen. Man merkt, dass der Bundesrat wenig Freude hat, die Motion umzusetzen», so Rieder.
Das sei schwer zu verstehen, weil sogar der Bundesrat auf mögliche Gefahren durch solche Übernahmen hinweise. Zudem: «Wenn wir die Entwicklung gerade in China anschauen, dann kann es nur einen Schluss geben: Wir müssen die Investitionskontrollen schnell installieren», so Rieder. Er spricht dabei Interventionen des chinesischen Staates bei eigenen Firmen wie Alibaba an. Das zeige, dass der Staat keinerlei Scheu kenne, in den freien Markt und private Firmen einzugreifen, wenn nötig auch in der Schweiz.
Gegner weiterhin kritisch
FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen zeigte sich weiterhin kritisch gegenüber derartigen Kontrollen. Er sieht keinen Grund, solche Investitionskontrollen einzuführen. Wichtige Infrastrukturen seien entweder direkt in Staatshand oder aber im Falle von Kraftwerken konzessioniert und somit sowieso geschützt vor einem Zugriff aus dem Ausland.
«Stand jetzt sieht es so aus, als würde die Prüfung willkürlich werden. Wie definiert man etwa, ab wann eine Firma unter die Kontrolle von Investoren fällt? Braucht es dazu die Aktienmehrheit, reicht eine Sperrminorität?», fragt Wasserfallen. Er befürchtet deshalb, dass die Kontrollen schwierig umzusetzen seien. «Wenn es eine simple Meldepflicht wäre, könnte ich allenfalls damit leben. Aber es bleibt dabei: Die Kontrollen bringen einen Wettbewerbsnachteil für die Schweizer Firmen.»
Ebenfalls kritisch klingt es von einem Ständeratskollegen von Rieder. Der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser bekämpfte in der Diskussion im Rat die Motion. Er sagt heute: «Es ist ein moderater Vorschlag. Wenn das so durchkommt, dann ist das nicht der Weltuntergang. Aber ich bleibe dabei: Das zu regeln, ist unnötig.»
* In einer früheren Version wurde das Beispiel des Schuhherstellers Bally erwähnt. Zwar gab es Gespräche mit einer chinesischen Firma, doch eine Übernahme fand nicht statt. Bally gehört zur deutschen JAB Holding.
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