Steuerdaten von SuperreichenDie reichsten Amerikaner zahlen kaum Steuern
Ein Datenleck zeigt: Jeff Bezos oder Elon Musk zahlen viermal tiefere Einkommenssteuern als eine durchschnittliche Familie in den USA.
Die Einkommens- und Vermögensschere hat sich seit der Corona-Krise noch weiter geöffnet und Ausmasse erreicht, die letztmals vor über 100 Jahre zu sehen waren. Doch nun decken vertrauliche Unterlagen der US-Steuerbehörde IRS einen weiteren Graben auf: Die vermögendsten Amerikaner machen derart geschickt von den Schlupflöchern in den Steuergesetzen Gebrauch, dass ihre Steuerrechnung trotz ihres gewaltigen Vermögens immer kleiner wird.
Der tiefe Einblick in die Steuerunterlagen der Milliardäre ist der Newsorganisation Pro Publica zu verdanken. Ihr wurden anonym Dokumente der IRS zugespielt, die über mehrere Wochen hinweg ausgewertet worden sind und nun schrittweise publiziert werden sollen. Veröffentlicht werde nur, was die Persönlichkeitsrechte der Betroffen nicht verletzte, macht die Organisation geltend.
Die US-Justiz ist aber ganz anderer Ansicht. Unmittelbar nach der Publikation kündigten das Justizdepartement, das FBI und mehrere Staatsanwälte eine Untersuchung an, um das Leck in der IRS zu finden und eine Strafuntersuchung einzuleiten.
«Echte Steuerquote» von nur 3,4 Prozent
Wer hinter der Aktion steckt, ist unbekannt. Doch mag das Leck politisch motiviert sein, um die Steuerpläne von Joe Biden zu stützen. Dies allerdings könnte sich als Rohrkrepierer herausstellen, wenn die Republikaner das Leck als einen weiteren Grund bemühen, höhere Steuern für Vermögende und Unternehmen zu bodigen.
Die Analyse zeigt, dass das Vermögen der 25 Topmilliardäre zwischen 2014 und 2018 um 401 Milliarden Dollar gestiegen ist, sie aber dem Staat nur 13,6 Milliarden an Einkommensteuern ablieferten. Daraus errechnete Pro Publica eine «echte Steuerquote» von nur 3,4 Prozent – viermal weniger, als durchschnittliche Haushalte dem Fiskus schulden.
Jeff Bezos bezieht Kinderzulage
Pro Publica besitzt nach eigenen Angaben Unterlagen von mehreren Tausend Millionären und Milliardären. Als Erstes konzentriert sich die Analyse auf die Superreichen Jeff Bezos, Elon Musk, Michael Bloomberg, George Soros und Warren Buffett.
Dabei zeigt sich Erstaunliches: Amazon-Chef Bezos, der Milliardenbeträge in sein Weltraumprojekt investiert hat und nächsten Monat selber in den Orbit abheben will, zahlte mehrmals keine Einkommenssteuern. Das war 2007 der Fall, als er bereits Milliardär war. 2011 deklarierte er so hohe Schulden, dass er erneut keine Steuern schuldete und sogar eine Kinderzulage von 4000 Dollar einstreichen konnte, obwohl sein Vermögen auf 18 Milliarden Dollar gestiegen war. Der Amazon-Chef und seine inzwischen geschiedene Frau drückten ihren effektiven Steuersatz zwischen 2014 und 2018 auf nur 0,98 Prozent.
George Soros, Investor und demokratischer Topspender, zahlte während drei Jahren keine Einkommenssteuern, weil er nach eigenen Angaben hohe Verluste auf seinen Investitionen gemacht hatte. Michael Bloomberg deklarierte 2018 ein Einkommen von 1,9 Milliarden Dollar und zahlte nur 70,7 Millionen Steuern. In vier Jahren lag seine effektive Steuerquote gemäss Pro Publica bei 1,3 Prozent.
Ähnlich günstig kam Tesla-Chef Elon Musk weg. 2018 vermied er jede Bundessteuer, und seine Steuerquote erreichte über vier Jahr hinweg nur 3,27 Prozent. Viele schwerreiche Unternehmer im Silicon Valley lassen sich nur einen nominalen Lohn von einem Dollar auszahlen, beziehen aber Aktien und Optionen, die sie umgehend belehnen, und setzen die daraus entstehende Schuld von den Steuern ab.
«Seit 20 Jahren tobt ein Klassenkampf. Und meine Klasse hat gewonnen.»
Fragen von Pro Publica bei den Betroffenen schufen nicht immer Klarheit. Elon Musk und Jeff Bezos verweigerten eine Stellungnahme. Auskunftsfreudig war Warren Buffett: Er zahlte zwischen 2014 und 2018 rund 24 Millionen Steuern auf einem Einkommen von 125 Millionen Dollar. Aber sein Vermögen stieg im gleichen Zeitraum um 24 Milliarden Dollar, woraus sich eine effektive Steuerquote von 0,1 Prozent ergibt.
Buffett zahlt den Aktionären von Berkshire Hathaway keine Dividenden, wovon er selber am meisten profitiert. Dividendeneinkünfte werden mit 20 Prozent belastet, was im Fall von Buffett leicht mehrere Hundert Millionen Dollar ausmachen könnte. Buffett erklärte auf Anfrage von Pro Publica, er habe letztes Jahr 2,9 Milliarden Dollar für wohltätige Zwecke gespendet und werde während seiner Lebenszeit 99 Prozent seines Vermögens verschenken. «Ich glaube, dass mein Geld der Allgemeinheit mehr bringt, wenn es philanthropisch statt zur Senkung der steigenden Schuldenlast verwendet wird.»
Buffett fordert seit Jahrzehnten eine progressivere Erhöhung der Sätze für die Reichen. Es sei nicht gerecht, wenn seine Sekretärin mehr Steuern zahlen müsse als er. Vor Jahren schon nahm er vorweg, was der Bericht von Pro Publica nun bestätigt. «Seit 20 Jahren tobt ein Klassenkampf. Und meine Klasse hat gewonnen.»
Mehr Mittel für die Steuerbehörde
US-Präsident Joe Biden will dieses Ungleichgewicht beheben. So sollen die höchsten Einkommen mit 39,6 Prozent statt wie heute mit 37 Prozent belastet werden. Auch stellt er eine Vermögenssteuer zur Diskussion, doch hat Finanzministerin Janet Yellen dem Vorschlag bereits den Wind aus den Segeln genommen. «Das ist etwas, was sehr schwierig umzusetzen ist», sagte sie kürzlich.
Am besten stehen die Chancen angesichts der Blockade im Kongress noch für eine Erhöhung des Budgets der IRS um 80 Milliarden Dollar. Das soll der Behörde ermöglichen, den unter der Regierung Trump dezimierten Personalbestand aufzustocken und die Audits von vermögenden Steuerpflichtigen zu erhöhen.
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