Maskengegner in den USASie kämpften an vorderster Front gegen die Impfung – und starben an Corona
Mehrere Radiomoderatoren wetterten gegen Massnahmen und empfahlen alternative Medikamente. Sie alle überstanden ihre Covid-Erkrankung nicht. Zurück bleibt viel Trauer und Wut.
Drei konservative Radiomoderatoren starben in den letzten Wochen. Sie vereint, dass sie als Sprachrohre von Corona-skeptischen Hörerinnen und Hörern galten. Sie setzten sich gegen das Maskentragen oder sonstige Massnahmen ein, und vor allem gegen die Covid-Impfung. Zwei von ihnen änderten ihre Meinung noch, als sie bereits mit schweren Corona-Symptomen im Spital lagen. Sie empfahlen die Impfung nun doch, für sie war es aber zu spät, beide erlagen im August der Erkrankung.
Auch Moderator Marc Bernier aus Florida, der sich selbst als «Mister Anti-Vax» bezeichnete, erlitt letztes Wochenende dasselbe Schicksal, der 65-Jährige starb nach wochenlangem Kampf auf der Intensivstation. Er war ungeimpft.
Gleiches gilt für Caleb Wallace, einen Familienvater aus Texas. Im konservativen Bundesstaat wehrt sich selbst der Gouverneur gegen Corona-Massnahmen und will jegliche Maskenpflichten verbieten. Auch Wallace kämpfte an vorderster Front gegen jegliches Maskentragen. Er organisierte an seinem Wohnort mehrere Kundgebungen gegen den Virenschutz und führte auf Facebook eine Gruppe von Corona-Skeptikern an. Dort wurden beispielsweise Geschäfte gelistet, in denen eine Maskenpflicht gilt – damit seine Mitstreiter diese Orte boykottieren konnten. Zuletzt kämpfte er gegen Corona-Massnahmen an den Schulen in seinem Wohnort.
Entwurmungsmittel statt Arztbesuch
Ende Juli erwischte ihn das Coronavirus. Wallace hatte heftige Hustenanfälle, nach denen er kaum mehr atmen konnte, berichtet seine Frau. Doch der 30-Jährige wollte sich partout nicht testen lassen oder zu einem Arzt gehen, da er nicht Teil der Covid-Statistik werden wollte. Stattdessen nahm er auf eigene Faust Medikamente ein und schluckte beispielsweise auch das Entwurmungsmittel Ivermectin. Dieses wird bei Skeptikern fälschlicherweise als Wundermittel gegen Sars-CoV-2 gepriesen, obwohl es dafür nicht zugelassen ist. Bei einer Überdosierung drohen schwere Nebenwirkungen, eine toxische Wirkung ist möglich. Die US-Medikamentenbehörde und Ärzte warnen eindringlich vor der Einnahme des Mittels.
Wallaces Selbstkur nützte nichts, sein Zustand verschlechterte sich, und schliesslich brachte ihn ein Verwandter ins Spital, wo er schon bald auf die Intensivstation verlegt werden musste. Nach einem langen Kampf gegen die heimtückische Erkrankung starb er dort am letzten Wochenende.
Besonders tragisch ist die Geschichte für seine schwangere Frau und seine drei kleinen Töchter. Schon in wenigen Wochen kommt das vierte Mädchen zur Welt, die Witwe wird derweil durch Spenden im Internet unterstützt. Doch nicht nur für seine Familie ist der Tod von Wallace ein Verlust.
Er wird in seinem Wohnort als hilfsbereiter Mensch geschildert. Auch Leute, die ideologisch nicht mit ihm auf einer Linie waren, haben viel Gutes über den 30-Jährigen zu berichten. Er mähte Seniorinnen den Rasen, half Veteranen beim Umzug, besorgte Einkäufe für Betagte. In einem eiskalten Winter fuhr er mit der Bürgermeisterin von Tür zu Tür, um sicherzugehen, dass alle Menschen genügend Vorräte haben und niemand frieren musste.
Witwe entschuldigt sich für ihren Mann
Sein Tod wäre mit der Corona-Impfung wohl zu verhindern gewesen, das weiss auch seine Frau, die selber stets eine Maske trug, auch gegen den Widerstand ihres Mannes. Sie wollte damit sich selbst und auch andere schützen, sagt sie. Nach seinem Tod schrieb sie im Internet, sie habe gehofft, dass Caleb die Sache überleben und mit einer neuen Perspektive nach Hause kommen würde.
Selbst in der wohl grössten Tragödie ihres Lebens zeigte die Witwe Grösse und schrieb: «Ihr alle habt das Recht, so zu fühlen, wie ihr fühlt. Auch Caleb hat für seine Überzeugungen gekämpft. Er war ein unvollkommener Mann, aber er liebte seine Familie und seine kleinen Mädchen mehr als alles andere. An diejenigen, die ihm den Tod wünschten: Es tut mir leid, dass seine Ansichten und Meinungen euch verletzt haben.»
Meinung zur Impfung geändert
Seine Ansicht im letzten Moment geändert hat Radiomoderator Phil Valentine aus Tennessee. Der 65-Jährige wetterte in seiner Sendung gegen Massnahmen und die Covid-Impfung, die aus seiner Sicht nutzlos sei. Auch als er Mitte Juli erkrankte, gab sich Valentine locker. In seinem Blog schrieb er, dass sich jene, die ihn hassen würden, wohl zu früh gefreut hätten. Er werde bald zurück sein und über die «interessante Covid-Erfahrung» berichten.
Doch Valentine kam nicht zurück, zwei Wochen später lag er mit schweren Lungenproblemen im Spital. Mittlerweile hatte er seine Meinung zur Impfung, welche ihn wohl vor einer Hospitalisierung bewahrt hätte, grundsätzlich geändert. Sein Sender veröffentlichte eine Mitteilung dazu: «Phil möchte, dass seine Hörer wissen, dass er zwar nie ein Impfgegner war, es aber bedauert, dass er sich nicht vehementer für die Impfung ausgesprochen hatte. Er freut sich darauf, diese Position energischer vertreten zu können, sobald er wieder auf Sendung ist, was hoffentlich bald der Fall sein wird.»
Viele Hörer wünschten Valentine daraufhin gute Besserung. Vor etwas mehr als einer Woche starb der Radiomoderator schliesslich auf der Intensivstation.
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«Dieses Virus ist kein Witz»
Anfang August holte das Virus auch einen Radiomoderator aus Florida aus dem Leben. Auch Dick Ferrel war 65-jährig, als er starb, auch er änderte seine Meinung zur Impfung nach seiner Erkrankung. Leider ebenfalls zu spät. «Ich wünschte, ich hätte mich impfen lassen», schrieb er einer Freundin aus dem Spital und empfahl ihr die Spritze mit Nachdruck. «Dieses Virus ist kein Witz», schrieb er dazu.
Noch wenige Tage zuvor war er angriffig, bezeichnete den obersten US-Virologen Anthony Fauci als Lügner und verbreitete einige Verschwörungstheorien über Todeszahlen oder die Nützlichkeit von Masken. Nach seiner Erkrankung ging es aber schnell, wie seine Verlobte berichtete. Zehn Tage nach den ersten Symptomen konnte er kaum noch sprechen und wurde auf die Intensivstation verlegt.
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Vier Impfgegner, vier Maskengegner, vier geliebte Männer, die starben. Die Behörden in ihren Bundesstaaten sprachen den Hinterbliebenen ihr Beileid aus. Gleichzeitig betonten sie aber auch, dass die Todesfälle hätten verhindert werden können – mit den Impfstoffen, welche sehr gut vor schweren und fatalen Verläufen schützen.
Schadenfreude und Wut
In den Kommentarspalten der US-Medienberichte überwiegt die Schadenfreude. Beileid gibt es höchstens für das Pflegepersonal der Intensivstationen, die Häme ist gross. Und die Wut darüber, dass die Männer mit ihrem Kampf andere Leute dazu verleiteten, sich nicht impfen zu lassen oder keine Masken zu tragen. Sie hätten diese auf dem Gewissen, zum Fortbestehen der Pandemie beigetragen und sich erst geläutert gezeigt, als es sie selber betroffen habe, kritisieren die Kommentarschreibenden praktisch unisono.
In einer Analyse versucht ein CNN-Journalist, die Maskengegner mit den tragischen Todesfällen wachzurütteln. «Jeder dieser Fälle wäre mit ziemlicher Sicherheit vermeidbar gewesen», schreibt Chris Cillizza. «Dass sie ihre wissenschaftsfeindlichen Ansichten über Masken und Impfungen verbreiteten, nur um dann an genau dem Virus zu sterben, über das sie sich lustig machten, macht ihr Leben (und ihren Tod) zu einer Tragödie von erheblichem Ausmass.»
Cillizza betont, dass Studie um Studie die Wirksamkeit von Masken belegt habe und dass Maskentragen keine parteipolitische Angelegenheit sein dürfe, denn «das Virus wird Sie infizieren, ob Sie daran glauben oder nicht. Ob Sie für Donald Trump oder Joe Biden oder jemand anderen gestimmt haben.» Für die vier Masken- und Impfgegner kam die Einsicht zu spät. «Wird ihre Bekehrung auf dem Sterbebett einen Einfluss darauf haben, wie ihre ehemaligen Zuhörer über Masken und Impfung denken», fragt Cillizza. Die Antwort scheint klar, trotzdem endet er seinen Kommentar mit den Worten: «Hoffen können wir immer.»
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