Ursprung in DeutschlandNeue Corona-Variante ist ansteckender als alle anderen
XEC verdrängt gerade alle anderen Coronaviren. Sie könnte im Winter die Infektionen dominieren, ist aber wohl nicht gefährlicher. Was bisher bekannt ist.
- XEC könnte bald zur dominanten Corona-Variante weltweit werden.
- Die neue Variante wurde erstmals in Deutschland entdeckt.
- Fachpersonen empfehlen für Menschen mit schwachem Immunsystem die Impfung.
Das Coronavirus hört nicht auf zu mutieren. Erneut breitet sich eine neue Variante von Sars-CoV-2 aus. Sie heisst XEC und ist sehr durchsetzungsfähig: Seit ihrem ersten Auftauchen verdrängt sie andere Corona-Varianten mehr und mehr – zumindest in anderen Ländern. Das liegt daran, dass sie offenkundig noch ansteckender ist als ihre ohnehin schon extrem infektiösen Verwandten. Anzeichen dafür, dass sie schwerer krank macht oder der bisherige Immunschutz nicht wirken würde, gibt es aber nicht.
Die neue Variante hätte auch unter dem Namen «deutsche Variante» um die Welt gehen können, hätte die Weltgesundheitsorganisation nicht 2021 die bisherige Praxis bei der Namensgebung geändert.
Unterform der Omikron-Variante
Zuvor wurden die mutierenden Erreger des Coronavirus nach den Regionen der Welt benannt, in denen sie zuerst aufgetaucht sind. Nun wurden griechische Buchstaben zu Namensgebern. Aus der bis dahin «indischen Variante» wurde «Delta», und aus der «britischen» wurde «Alpha». Die Deutschen entgehen nun von vornherein dem diskriminierenden Krankheitsvergleich. Die neue Corona-Variante heisst XEC. Sie wurde erstmals im Juni in Deutschland entdeckt und ist eine Unterform der seit drei Jahren kursierenden Omikron-Variante des Coronavirus.
Nach Ansicht von Expertinnen und Experten kann es gut sein, dass XEC bald weltweit die Oberhand gewinnt: «Es ist möglich, dass XEC über den nächsten Winter die dominante Subvariante werden wird», sagte François Balloux vom Institut für Genetik des University College London dem britischen Science Media Centre.
Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) wurde XEC auch in der Schweiz bereits nachgewiesen. Das Referenzzentrum für neuauftretende Virusinfektionen (CRIVE) untersuche hierzulande laufend die zirkulierenden SARS-CoV-2 Varianten.
«Basierend auf den Daten der anderen Länder, gehe ich davon aus, dass sich XEC auch in der Schweiz weiter ausbreiten wird», sagt Tanja Stadler vom Departement für Biosysteme an der ETH Zürich in Basel. Ob es im Winter die dominante Variante werde, hänge aber davon ab, welche anderen Varianten sonst noch auftreten würden,
XEC hat zwei weitere Veränderungen im Erbgut
Derzeit herrscht in Deutschland noch KP.3.1.1 vor – wie in der Schweiz. Die Untervariante KP.3.1.1 macht laut BAG etwa die Hälfte der kursierenden Sars-CoV-2 Viren aus, gefolgt von KP.2 und JN.1.
Vor allem in Deutschland und Dänemark verbreitet sich derzeit XEC. Nach einer Auswertung des Datenanalysten Mike Honey macht die Variante bereits 16 bis 17 Prozent der Fälle aus. Auch in den USA und Kanada breitet sich das Virus aus.
Honey hat Daten der Plattform Gisaid genutzt, auf der Forschende aus aller Welt Informationen über Viren zusammentragen. «XEC scheint ein wahrscheinlicher nächster Herausforderer der jetzt dominierenden Variante KP.3.1.1 zu sein», schreibt Honey auf dem Kurznachrichtendienst X. Davon geht auch Eric Topol aus, der Direktor des Scripps Research Translational Institute in Kalifornien: «XEC übernimmt definitiv die Führung», sagte er der «Los Angeles Times».
Im Vergleich zu den bisherigen Coronaviren hat XEC zwei zusätzliche Mutationen in seinem Spike-Protein erworben – also in jenen Stacheln, die es benötigt, um menschliche Zellen zu infizieren. Für die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main kommt das nicht überraschend: Das Coronavirus mutiere weiter und suche immer neue Wege, um den Menschen zu infizieren, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Am Ende setze sich eine Variante durch, die irgendeinen Vorteil habe und zum Beispiel ansteckender sei.
XEC ist wohl nicht gefährlicher
Doch besonders infektiöse Varianten machen nicht zwangsläufig kränker. Laut François Balloux gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass XEC gefährlicher sein könnte als andere Sars-CoV-2-Varianten, die gerade in den Nasenrachenräumen und Lungen der Menschen unterwegs sind. Auch dürfte die bislang durch Impfungen oder durchgemachte Infektionen erworbene Immunität gegen dieses Virus ähnlich gut schützen wie gegen seine Vorgänger.
Derweil haben die Corona-Infektionszahlen in der Schweiz zuletzt leicht abgenommen. In den letzten Wochen hätte sich Sars-CoV-2 Viren auf einem mittelhohen Niveau verbreitet, schreibt das BAG. «Wir haben einen Rückgang während der Feriensaison beobachtet, gefolgt von einem leichten Anstieg im Spätsommer (potentiell durch Ferienheimkehrer) und einem leichten Rückgang in den letzten zwei Wochen.»
Das deutsche Robert-Koch-Institut geht davon aus, dass sich in der kälteren Jahreszeit eine neue Welle aufbaut. Mehr Infektionen bedeuteten dann auch mehr schwere Fälle, betont Sandra Ciesek. Man solle Corona nicht verharmlosen. Vor allem Menschen mit schwachem Immunsystem seien gefährdet. «Alle, die zu Risikogruppen gehören, die kein gesundes Immunsystem haben oder einen schweren Verlauf zu erwarten hätten, würden gut daran tun, sich jetzt impfen zu lassen», empfiehlt die Virologin und sagt: «Im Grunde ist es wie letztes Jahr, nur die Varianten und Buchstaben heissen anders.»
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