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Papablog: Gefangen im Patriarchat
Sie hat zwei kleine Kinder – na und?

Vereinbarkeit ist immer schwierig, aber machbar: Die deutsche Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.
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Annalena Baerbock kandidiert für die deutschen Grünen als Kanzlerkandidatin. Ein Thema für diesen Blog ist das nur deshalb, weil sie a) eine Frau ist, b) zwei junge Kinder hat und c) sich manche das Patriarchat immer noch in zu hohen Dosen durch die Nase ziehen.

Ist eine Kanzlerkandidatin mit minderjährigen Kindern etwas Besonderes? Ja. Leider ja. Die Schweiz hat momentan drei Bundesrätinnen. Alle kinderlos. Zugegeben, auch von den vier Bundesräten hat die Hälfte keine Kinder. Die verbleibenden zwei bringen es zusammen dafür gleich auf neun Stück. Alain Bersets Kinder waren bei seinem Amtsantritt klein und auch Ueli Maurers Jüngstes stand noch vor der Pubertät. Thema war die Vereinbarkeit von Amt und Vaterschaft damals nicht.

Als die Grünen Baerbock als Kanzlerkandidatin aufstellten, ging es in den Zeitungen jedoch sofort um die grosse Vereinbarkeitsfrage. Immerhin: Durch einen Teil der Bevölkerung ging ein Aufschrei, der Wirkung zeigte. Rasch beteuerten alle, dass man die Kinder einer Kanzlerkanditatin natürlich nicht thematisieren dürfe, wenn man das bei den Männern nicht auch mache. Also kurz in einem Nebensatz die Kinder von Markus Söder und Willy Brandt erwähnen. Problem gelöst.

Mutter und ein wichtiges Amt? Ihhh!

Na, dann los: Argumente neu zurechtbiegen und weiter im Programm. Nun wurde Baerbocks Regierungseignung nicht mehr implizit, sondern explizit infrage gestellt. «Nein, es geht ja nicht darum, DASS sie Kinder hat. Es geht um ihre Prioritäten!» Hintergrund: Baerbock sagte, dass sie auch als Kanzlerin «Mutter bleibe» und deutete an, dass sie halt manchmal von ihren Kindern gebraucht werde. Einige fabulieren nun, dass sich dieses Selbstverständnis nicht mit dem Amt der Kanzlerin vereinbaren liesse. Frau Baerbock solle sich entscheiden.

Bitte was? Soll Sie die Mitgliedschaft im Mutticlub kündigen und die Kinder auf eBay stellen? Muss sie auf die Bibel schwören, dass sie ihre Familie vernachlässigen wird? Entschuldigung, aber ich rieche frauenfeindliche Kacke. Die wahre Botschaft der Kritiker ist hier doch: «Als Mutter soll sie nicht das Gefühl haben, wie all die Väter oben mitmischen zu können.»

Es muss als Kanzlerin möglich sein, Kinder zu haben und Mutter zu bleiben.

Mit keinem Wort hatte Baerbock gesagt, dass sie das Amt in Teilzeit auszuüben gedenkt oder täglich um 15:30Uhr die Kinder von der Schule abholen will. Ich nehme an, die Kinderbetreuung ist bei Baerbocks schon lange geregelt.

Auch Angela Merkel hatte übrigens ein Privatleben und langlöifelte gerne durch die Engadiner Wälder. Die letzten drei US-Präsidenten mit minderjährigen Kindern waren begeisterte Golfer und fanden neben Amt und Vaterschaft genug Zeit, regelmässig ihr Hobby auszuüben.

Vereinbarkeit – nicht nur ein Kanzlerinnenproblem

Den wenigen Mächtigen stehen Millionen Menschen gegenüber, die ebenfalls anspruchsvolle, wichtige Berufe haben und nicht bereit sind, die Kinder stets ihrer Arbeit unterzuordnen. Vereinbarkeit ist immer schwierig, aber man schaut halt, dass es irgendwie geht. Das ist bei einer Kanzlerin nicht anders als bei einer Ärztin oder einem Bauern.

Es muss als Kanzlerin möglich sein, Kinder zu haben und Mutter zu bleiben. Auch in diesem Job hat man Feierabend, Ferien, kann krank sein oder das Blockflötenkonzert des Jüngsten besuchen. Übrigens lehren einem Kinder auch allerlei Fähigkeiten. Bei schwierigen Verhandlungen und Treffen mit Staatschefs ist bestimmt im Vorteil, wer zu Hause auch so einen kleinen Putin hat.