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Mamablog: 50 Jahre Frauenstimmrecht
Gleichberechtigt? Mitnichten!

Zeit für eine Zwischenbilanz: Der Mamablog will wissen, wo die Schweiz heute steht.
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«Spinnsch, sowas solltest du nicht mal denken! Schliesslich haben wir dafür gekämpft, dass Frauen nach der Heirat ihren Namen behalten können.» Die Reaktion auf mein lautes Nachdenken darüber, dass ich mir manchmal wünschte, ich hätte den Namen meines Mannes angenommen, um gleich zu heissen wie meine Kinder, fiel eindeutig aus. Was mich letztlich freute, denn Freundinnen sind schliesslich dazu da, die Dinge beim Namen zu nennen.

Damals und heute: Auch 74 Jahre nach dieser Aufnahme in Zürich gibt es Gründe, um zu kämpfen.

Genau genommen, waren es aber weder sie noch ich, die für das Namensrecht gekämpft haben. Dafür sind wir schlicht zu jung. Aber wir profitieren davon, wofür Generationen von Frauen vor uns eingetreten sind. Obwohl interessanterweise gerade junge Zeitgenossinnen hierzulande von diesem Recht gar nicht Gebrauch machen wollen. So nehmen bei der Heirat immer noch über 50 Prozent der 30- bis 34-Jährigen den Namen des Mannes an. Bei Jungvermählten zwischen 18 und 24 Jahren sind es satte 71 Prozent!

Nun könnte man natürlich sagen, was solls, was sagt ein Name schon über den Unabhängigkeitsgedanken einer Frau aus? Oder gar über ihr politisches Engagement? Man könnte aber genauso anmerken, dass, wer bereitwillig seinen Namen aufgibt, sich kaum für gleiche Löhne oder mehr Frauen in Chefetagen einsetzen wird. Denn ja, diesbezüglich befinden wir uns immer noch in Schieflage – was gerade auch zu Ungunsten vieler Mütter ausfällt.

Was uns nach 50 Jahren Frauenstimmrecht immer noch bewegt

Im Wissen um diese Schieflage und anlässlich des 50. Geburtstages des Frauenstimmrechts in der Schweiz, wird der Mamablog in diesem Jubiläumsjahr einen verschärften Blick auf die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern werfen und der Frage nachgehen, was sich in unserer Gesellschaft tatsächlich verändert hat, seit Frauen, Mütter und Töchter eine politische Stimme bekommen haben.

Unsere Autorinnen werden die Etappensiege der jüngsten Vergangenheit genauso feiern, wie sie weiterhin den Zeigefinger auf die Missstände halten werden. Denn ja, der Kampf um Gleichstellung ist tatsächlich noch lange nicht ausgefochten. Eine Bestandsaufnahme:

  • Elternzeit: Hip Hip Hooray – 14 Tage Vaterschaftsurlaub! Allerdings steht die Schweiz in Sachen Familien- und Gleichstellungspolitik im internationalen Vergleich immer noch rückständig da. Warum nicht fordern, was die eidgenössische Koordinationsstelle für Familienfragen bereits vor zehn Jahren propagiert hat: 24 Wochen, die Eltern am Stück, in Tranchen oder in Form reduzierter Arbeitszeit beziehen können.

  • Armutsrisiko: Weiblich, jung, kein Partner, aber ein Kind – also arm. Die alleinerziehende Mutter gehört nach wie vor zu den hartnäckigsten Risikogruppen in unserer Gesellschaft. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Misere durch die Corona-Krise noch weiter zuspitzen wird.

  • Lohnungleichheit: Kann ein junges Paar tatsächlich zwischen verschiedenen Familien- und Erwerbsmodellen frei wählen? Nope. Solange die Lohnabrechnung einer Frau Ende des Monats um 1455 Franken tiefer liegt als die eines Mannes bei gleicher Arbeit, besteht keine reelle Chancengleichheit.

  • Gewalt an Frauen: Sagen wir es mit ernüchternden Zahlen: Laut Bundesamt für Statistik (BFS) wird in der Schweiz alle vier Wochen eine Frau innerhalb der Partnerschaft getötet (lesen Sie dazu diesen eindrücklichen Artikel unserer Kollegen der Redaktion Tamedia). 2019 wurden knapp 20`000 Fälle häuslicher Gewalt polizeilich registriert – bei rund 70 Prozent kamen Frauen zu Schaden (Dunkelziffer nicht eingerechnet). Welche statistischen Spuren Corona und der Lockdown hinterlässt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

  • Frauenquote: Der Markt wirds schon regeln – echt? Seit Jahren stagniert der Frauenanteil in Führungspositionen auf gleich tiefem Niveau: So sitzen lediglich 10 Prozent Frauen in Verwaltungsräten, rund 5 Prozent in Geschäftsleitungen – und dies, obwohl sie noch nie so gut ausgebildet waren wie heutzutage. Fakt ist, dass alle bisherigen Zusagen von Seiten der Unternehmen für einen höheren Frauenanteil nichts bewegen konnten. «Aber vielleicht wollen viele Frauen schlicht keine Chefinnen sein», denken Sie? Mag sein. Fakt ist aber auch, dass es noch immer strukturelle Barrieren gibt (unter anderem die Lohnungleichheit, sh. oben).

  • Selbstbestimmte weibliche Sexualität: Es ist kein Zufall, dass «Ich will nur eine Affäre!» zu den beliebtesten Mamablog-Beiträgen im vergangenen Jahr gehörte. Schade, dass die Männerwelt – zumindest in unseren Kommentaren – nur wenig Verständnis für eine alleinerziehende Mutter aufzubringen scheint, die ihre Sexualität ohne Bindungsabsichten geniessen will. Ebenfalls ziemlich aussagekräftig ist der Erfolg des kürzlich erschienenen Artikels «Die vergessene Lust der Frau». In Anatomiebüchern ist die Vulva, das weibliche Geschlecht, nach wie vor ein blinder Fleck.

Schon klar, wir fühlen uns derzeit alle erschöpft. Und die Ungewissheit, was noch kommen wird, nagt zusätzlich am Gemüt. Wer ist da schon in Kampfeslaune? Und dennoch: Die Bestandsaufnahme zeigt, dass es eine Gleichheit in der Schweiz auch 50 Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts noch immer nicht gibt. Eindrücke, Missstände und Lösungsvorschläge finden Sie in den kommenden Monaten hier bei uns, im Mamablog.