Mamablog: Body PositivitySchluss mit den Stereotypen!
Sieben Buch-und Serientipps, die Kindern und Jugendlichen dabei helfen, zufrieden mit ihrem eigenen Körper zu sein.
Wir lesen gerade wieder in allen Zeitungen über Feminismus. Weil 50 Jahre Frauenstimmrecht. Weil AHV-Revision. Weil Tag der Frau oder Equal Pay Day. Wir machen kleinere und grössere Fortschritte in der Schweiz, was die Gleichstellung von Mann und Frau anbelangt. Und trotzdem habe ich den Eindruck, in gewissen Bereichen sei alles noch wie anno dazumal, zumindest «anno meine Schulzeit» geblieben – und das ist nun immerhin über zwanzig Jahre her.
Zum Beispiel das Verhältnis von Mädchen und jungen Frauen zu ihrem Körper. Mit zwölf machte ich meine erste Diät – es folgten dutzende, ich war mir nie schön oder schlank genug. Alle meine Freundinnen waren unzufrieden mit ihrem Körper. Einige wurden magersüchtig. Eine Studie von Gesundheitsförderung Schweiz aus dem Jahr 2017 macht deutlich, dass es heute nicht viel anders ist als damals: nicht einmal 40 Prozent der befragten jungen Frauen sind mit ihrem Körpergewicht zufrieden, die meisten davon fühlen sich zu dick. Aber auch Jungen sind mittlerweile nicht viel glücklicher mit ihrem Körper: 37 Prozent gaben bei der Umfrage an, sie wären gerne muskulöser und schwerer.
Warum hat sich das Körperbild in den letzten Jahren nicht verändert, unter Umständen sogar noch verschlechtert? Liegt es an all den Produkten in den Supermärkten, die den jungen Leuten suggerieren, sie seien nicht schön genug, nicht straff, nicht schlank genug? An den sozialen Medien? Oder haben Jugendliche einfach grundsätzlich immer noch dasselbe Bild verinnerlicht, wie meine Freundinnen und ich damals: Mädchen seien nur schlank liebenswert, Jungen nur muskulös?
Das «Journal of Health Monitoring» des Robert Koch Instituts in Berlin hat genau das kürzlich untersucht: «die Zusammenhänge zwischen einer traditionellen Geschlechterrollenorientierung und der Körperzufriedenheit bei Jugendlichen». Die Ergebnisse zeigten Überraschendes und sind durchaus klärend: Eine grössere Gleichberechtigung auf gesellschaftlicher Ebene sei mit einer besseren körperlichen und psychischen Gesundheit verbunden.
Weiter heisst es im Beitrag der Zeitschrift, die Wissenschaft zeige, dass stereotype Rollenbilder die Unzufriedenheit mit dem Körper verstärken, das weise darauf hin, dass ein Hinterfragen traditioneller Rollenvorstellungen im Jugendalter bei beiden Geschlechtern «der Prävention von Körperbildproblemen diene».
Will heissen: Jugendliche (und vermutlich auch Erwachsene) wären durch noch mehr Gleichberechtigung gesünder und zufriedener. Vor allem das damit verbundene Auflösen der klassischen Rollenbilder (wie: Mädchen müssen schön sein und werden später fürsorgliche Mütter und Ehefrauen, Jungen müssen erfolgreich und stark sein, damit sie die Familie ernähren können) würde schlussendlich also auch unseren Kindern helfen. Zum Beispiel für mehr Zufriedenheit mit dem eigenen, individuellen Körper sorgen.
Höchste Zeit also, dass wir uns als Eltern damit auseinandersetzen, wie wir unsere Kinder dabei unterstützen können. Glücklicherweise helfen uns dabei gerade einige Bücher und Serien:
Anleitung zur Selbstliebe für Mädchen
Jessica Sanders, illustriert von Carol Rossetti: Liebe deinen Körper. Die Anleitung zur Selbstliebe. Zuckersüss Verlag. Ab 8 Jahren.
Die Autorin möchte Mädchen in ihrer Selbstliebe bestärken und schreibt sie in diesem Bilderbuch direkt an: «Ich möchte, dass du weisst, dass du genauso so, wie du bist, aussergewöhnlich bist. Dazu gibt es Übungen: «Stell dich vor einem Spiegel und sage: Mein Körper ist stark, mein Körper kann grossartige Dinge tun. Mein Körper gehört mir».
Anleitung zur Selbstliebe für Jungen
Jessica Sanders, illustriert von Robbie Cathro: Sei ein ganzer Kerl. Die Anleitung zur Selbstliebe. Zuckersüss-Verlag. Ab 8 Jahren.
Das Pendant zu «Liebe deinen Körper». Die Zielgruppe diesmal: Jungen. Feministische Bücher für Mädchen gibt es immer mehr. Bücher, die Jungen darin bestärken, sich von einengenden Rollenbildern oder dem gesellschaftlichen Druck «ein echter Mann» zu werden, zu lösen, sind leider immer noch rar. Dieses Bilderbuch ermutigt Jungen, ihre ganz eigene Männlichkeit zu finden. Die Autorin rät den Buben, wenn sie traurig seien, sich auch mal richtig auszuheulen oder jemanden zu umarmen. Schlussendlich bringt die Autorin es auf den Punkt: «Alles, was du tun musst, um ein ganzer Kerl zu sein, ist, ganz du selbst zu sein».
Aufräumen mit Schönheitsidealen
Sonja Eismann und Amelie Persson: Wie siehst du denn aus. Beltz&Gelberg Verlag. Ab 8 Jahren.
Dieses Buch räumt mit Schönheitsidealen auf. Zum Beispiel so: «In vielen Zeitschriften oder Werbungen sind Fotos von Frauen mit sehr langen, sehr glatten und sehr blonden Haaren zu sehen. Dabei sind nur zwei Prozent der Weltbevölkerung von Natur aus blond. Drei Viertel der Menschheit besitzen dunkelbraunes bis schwarzes Haar». Dieses Buch ist nicht nur lehrreich und liefert viele Argumente gegen Diskriminierung, es ist zudem wunderschön und humorvoll illustriert.
Ein Hoch auf die Menstruation
Lucia Zamolo: Rot ist doch schön. Bohem Press. Ab 10 Jahren.
Die Menstruation ist immer noch eines der grössten Tabus in unserer Gesellschaft. In vielen Kulturen gelten Mädchen und Frauen als unrein, wenn sie menstruieren. Und dies, obwohl der Zyklus der Frau massgebend ist für die Geburt eines Menschen. Eigentlich verrückt, oder nicht? Die Autorin thematisiert mit humorvollen Comiczeichnungen Unwahrheiten in Bezug auf die Monatsblutung und liefert schlagfertige Konter gegen diskriminierende Aussagen. «Rot ist doch schön» ist ein ungewöhnliches Aufklärungsbuch für Mädchen. Es empfiehlt sich auch für Jungen, Väter oder Lehrer, damit die neue Generation Männer mit Sätzen aufhören kann, die ebenfalls im Buch zitiert werden, wie: «Das ist ja jetzt wieder nur eine praktische Ausrede» oder «Nimm einfach die Pille».
Jugendliebe im Konsumkapitalismus
Liv Strömquist: Ich fühl’s nicht. Avant-Verlag. Ab 14 Jahren.
Liv Strömquist ist eine der einflussreichsten feministischen Comiczeichnerinnen. Ihr Buch zur Menstruation und der Vulva «Der Ursprung der Welt» zählt zu den wichtigsten feministischen Jugendbüchern. Ihr neuestes Buch «Ich fühl’s nicht» setzt sich mit Liebe und Partnerschaft in der heutigen Zeit auseinander und erklärt in gewohnt provokativen Comics, was der Konsum und der Kapitalismus mit unserem Liebes- und Körperfrust zu tun haben.
Ganz normal divers
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Netflix-Serie «Please Like Me». Ab ca. 14 Jahren.
Der schwule Josh (Josh Thomas) findet, er habe zu dicke Beine, sein Bauch sei zu schwabbelig und er sei sexuell nicht besonders anziehend. Nach einer langjährigen Beziehung mit seiner besten Freundin outet er sich als homosexuell und macht erste Erfahrungen mit Männern (teilweise ganz schön abstruse). In seinem Umfeld ist seine Homosexualität genauso normal, wie die Heterosexualität seiner Ex-Freundin oder die psychische Störung seiner Mutter. Diversität so normal geschildert wie in dieser Serie – eine Wohltat. Es wird kein grosses Aufheben um «anders sein» gemacht, dafür mit unglaublich viel Witz und starken, natürlichen Schauspieler*innen der tägliche Irrsinn des Lebens und der Liebe geschildert.
Das bessere «Sex and the City»
HBO-Serie «Girls». Ab ca. 14 Jahren
Die letzte Staffel lief 2017 an, nicht ganz neu also. Trotzdem grossartig. Die Protagonistin Hannah, gespielt von Lena Dunham (Schauspielerin und Autorin des Buches «Not That Kind of Girl), ist überzeugend lustig, schräg und divers. «Girls» ist die jüngere, bessere und realistischere Variante von «Sex and the City», die mich damals in meinen Zwanzigern prägte. Die Serie begleitet Lena und ihre Freundinnen durch jegliche exzessiven und postpubertären Hochs und Tiefs. Freundschaften und Beziehungen aller Art sind in den Folgen zentral, genauso wie sexuelles Experimentieren und das Brechen von Tabus. Zudem: Herrlich uneitel sind die Schauspieler*innen, die sich mit Bauchspeck, blasser Haut und übergrossen Unterhosen zeigen, fernab von Hollywoodglamour.
Ein Garant für eine bessere Welt sind diese Tipps bestimmt nicht. Doch können sie vielleicht helfen, unsere Kinder in ihrer Individualität und ihrer Toleranz zu stärken, damit sie in Zukunft miteinander (noch) freier und gleichberechtigter und damit gesünder leben können.
Fehler gefunden?Jetzt melden.