Cinque Stelle beenden QuerelenSeebarsch für den Frieden
Ex-Premier Giuseppe Conte und Cinque-Stelle-Gründer Beppe Grillo einigen sich auf eine neue Machtverteilung bei der grössten Partei im italienischen Parlament.
Die Cinque Stelle feiern den «Pakt des Seebarsches», es ist eine Art Friedensabkommen. Nach monatelangem Machtgerangel und üblen Beschimpfungen übernimmt Italiens ehemaliger Premier Giuseppe Conte den operativen Vorsitz der grössten Partei im römischen Parlament.
Bei einem Essen in Marina di Bibbona, bei dem es zum Hauptgang Spigola im Ofen mit Gemüse gab, einigte sich Conte mit Beppe Grillo, dem Gründer und Guru der Bewegung, über neue Statuten. Grillo gibt ein bisschen von seiner Macht ab, bleibt aber «Garant der Werte» der 5 Sterne.
Conte, der noch immer grosse Popularität geniesst im italienischen Volk, wird nun für vier Jahre das politische Geschäft der Partei in weitgehender Autonomie verantworten – mit der Möglichkeit, ein zweites und letztes Mandat anzuhängen.
Die Cinque Stelle werden jetzt zum ersten Mal in ihrer zwölfjährigen Geschichte einen physischen Hauptsitz erhalten, an der Via di Campo Marzio in Rom, was als äusseres Zeichen für einen Neuanfang gilt. Im August werden die eingeschriebenen Mitglieder der Partei, so etwas wie Grosswähler, in einer Onlineabstimmung über die neuen Statuten befinden. Eine Annahme ist absehbar.
Conte will in die politische Mitte
Ziemlich viel soll neu werden, auch die Rhetorik: Die Zeiten aggressiver Verwünschungen seien vorbei. Gemeint ist unter anderem das «Vaffa», Kurzform von «Vaffanculo» («Fahr zum Teufel!»), mit dem Grillo einst in Grossveranstaltungen, den sogenannten Vaffa-Days, das alte Establishment aus Politik und Wirtschaft vermaledeite.
Überhaupt möchte Conte die frühere Anti-System-Partei in die politische Mitte verschieben, ohne deren ursprünglich ökologische Seele ganz preiszugeben: Die Cinque Stelle haben seit ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen im März 2018 eine Menge ihrer alten Umweltkämpfe aufgegeben – und deshalb die Gunst vieler Wähler verloren. (Lesen Sie auch den Artikel «Beppe Grillo ringt um seinen Thron».)
In einem Auftritt auf Facebook verkündete Conte am Wochenende, er werde sich nun mit aller Kraft für die Beibehaltung des Bürgerlohns starkmachen, des umstrittenen «Reddito di cittadinanza», und mit Premier Mario Draghi, seinem parteilosen Nachfolger, über die Justizreform diskutieren. Die Cinque Stelle monieren, die geplante Herabsetzung der Verjährungsfristen gefährde viele wichtige Prozesse und begünstige Verbrecher.
Conte und Grillo brauchen einander
Conte und Grillo lieferten sich zuletzt einen surrealen Machtkonflikt, was vor allem dem Temperament des Politiker gewordenen Komikers geschuldet war. Grillo sagte von Conte, er habe keine politische Vision und sei auch als Manager unbrauchbar, worauf Conte konterte, Grillo spiele sich wie ein «Padrone» auf, statt ein grossherziger Vater zu sein.
Die Lösung ihres Konflikts gilt als Beleg dafür, dass keiner der beiden stark genug war, den anderen zu verdrängen. Am Ende braucht Grillo die Popularität Contes. Und Conte braucht die alte, etwas angestaubte Aura des Gründers, das Symbol der Partei und die Kartei der Mitglieder.
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