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Fünf-Sterne-Gründer in Rage
Grillo spricht Sohn vom Vorwurf der Vergewaltigung frei

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Wild fuchtelt er mit den Händen, haut auf den Tisch, schreit, es hebt ihn vom Stuhl, dass die graue Mähne wippt – sein Sohn sei unschuldig, ruft der Vater, der seine zum Wutausbruch geratene Verteidigungsrede auf Facebook veröffentlicht hat. Das Video, keine zwei Minuten lang, ist zum Politikum geworden in Italien, Vertreter aller Parlamentsparteien haben sich dazu geäussert, fast alle empört.

Denn der tobende Vater ist Beppe Grillo, Gründer und Garant der Fünf-Sterne-Bewegung. Was er gesagt hat, erscheint nicht hinnehmbar von einer prominenten Figur der Politik. Den neuen Cinque-Stelle-Chef, Ex-Premier Giuseppe Conte, trifft das mitten im Anlauf, die zerstrittene Bewegung neu aufzustellen.

Grillos Ausraster berührt sogar die Zusammenarbeit der Sterne mit dem sozialdemokratischen PD, die beide Premier Mario Draghis Regierung stützen. Conte ging zwar auf Distanz zu Grillos Aussagen, die PD-Chef Enrico Letta «inakzeptabel» nannte. Aber Medien fragen schon, ob die Fünf Sterne angesichts des verworrenen, nun von Grillos Video angereicherten Gesamtbilds als Regierungspartei taugen können.

Medien berichteten, die Frau sei festgehalten und gezwungen worden, einen halben Liter Wodka zu trinken.

Die Vorgeschichte ist hässlich. Grillos Sohn Ciro, 21, ist wie drei andere junge Männer der Vergewaltigung beschuldigt. Die Entscheidung wird erwartet, ob es zum Prozess kommt auf Sardinien. Dort brachten die vier im Juli 2019 nach einer Nacht im Promi-Nachtclub Billionaire in Porto Cervo an der Costa Smeralda zwei junge Frauen in Grillos Ferienvilla. Gegen deren Willen sollen sie Sex mit einer damals 19-Jährigen ausgeübt haben, so der Vorwurf.

Italienische Medien berichteten unter Berufung auf Ermittlungsakten, die Frau sei festgehalten und gezwungen worden, einen halben Liter Wodka zu trinken. Auch an der zweiten Frau sollen ungewollte Handlungen verübt worden sein. Es soll Handybilder geben. Ciro Grillo und die anderen bestreiten die Vorwürfe. Es habe sich um einvernehmlichen Sex gehandelt.

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Berufskomiker Beppe Grillo ruft in dem theatralischen Video, sein Sohn und die anderen seien zwar Blödmänner, sie könnten aber keine Vergewaltiger sein. Laut Gesetz würden Vergewaltiger ins Gefängnis gesteckt oder in Hausarrest. Warum also seien sie seit zwei Jahren frei?

Er antwortet – offenbar an die Justiz gerichtet: «Weil ihr gemerkt habt, dass nichts wahr daran ist, es habe eine Vergewaltigung gegeben. Weil sie nichts damit zu tun haben.» Und weiter: «Weil es euch seltsam vorkam, dass eine Person, die morgens vergewaltigt wird, nachmittags Kitesurfing macht und nach acht Tagen Anzeige erstattet. Das ist seltsam.»

«Schäm dich, Grillo», sagt Ex-Ministerin Boschi

Kritik prasselt auf Grillo aus jeder Richtung, selbst im Parlament kam das Video zur Sprache. Anti-Mafia-Autor Roberto Saviano ergriff das Wort, die nationale Richtervereinigung ANM verurteilte das Video. Tenor der Vorwürfe: Grillo stelle ein mögliches Vergewaltigungsopfer als unglaubwürdig dar, verharmlose, ignoriere den hart erkämpften anderen Umgang der Justiz mit Vergewaltigungsopfern.

Er missachte die Justiz, nutze seine Prominenz aus. Man erinnert ihn, wie hart er andere öffentlich verurteilte, gegen die erst ermittelt wurde. Und daran, dass die Fünf Sterne mitwirkten, die Frist für Vergewaltigungsanzeigen auf zwölf Monate zu verlängern.

«Skandalös» und «voller Chauvinismus» sei das Video, sagte etwa Maria Elena Boschi, Ex-Ministerin und Fraktionschefin von Italia Viva. Grillo nutze seine Medienmacht, um nahezulegen, die junge Frau lüge, das treffe alle Frauen, die Gewaltopfer werden. Juristisch falsch sei, dass die Unschuld der Verdächtigen belegt sei, weil sie nicht inhaftiert sind. «Schäm dich, Grillo», endet Boschi ihr Twitter-Video.

Problem für den neuen Fünf-Sterne-Chef

Nun sorgen sich viele in der Bewegung, dass er ihr das Ansehen beschädigt, auch wenn einige Exponenten Verständnis für den aufgewühlten Vater zeigten. Das tat auch der Parteichef Conte, fügte aber mit Blick auf die junge Frau und ihre Familie hinzu, es gebe hier andere Menschen, «die geschützt werden müssen und deren Gefühle absolut zu respektieren sind». Und stets gelte das Grundprinzip, Unabhängigkeit und Arbeit der Justiz zu achten.

Das Video bringt Conte in Verlegenheit, der mit einem Statut die Fünf-Sterne wiederbeleben will und dafür Grillo braucht, als Garant eine Art Übervater der Sterne. Beim Koalitionspartner PD atmete man auf, als Conte sich von ihm distanzierte. Denn in der Partei fragten einige, ob man noch die Partnerschaft mit den Sternen anstreben könne. Die PD-Führung betonte, ihr Verhandlungspartner sei Conte.

Die Eltern der jungen Frau liessen ihre Anwältin, die bekannte Strafverteidigerin Giulia Bongiorno, erklären: «Wir sind am Boden zerstört.» Und: «Das Opfer auf die Anklagebank zerren zu wollen, sie herabzusetzen, ihr Leid lächerlich zu machen, die Verzweiflung und Angst des Opfers und der Angehörigen, das sind armselige, altbekannte Strategien.»