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Zölle gegen Berufslehre
Dieser Schweizer will Trump beibringen, wie man Tausende Lehrlinge ausbildet

Mann mittleren Alters in Weste steht lächelnd mit verschränkten Armen in einem modernen, hellen Raum mit Pflanzen im Hintergrund.
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In Kürze:
  • Ein Uzwiler Berufsbildungsexperte entwickelt ein Konzept für das amerikanische Lehrlingswesen.
  • Das Wirtschaftsdepartement prüft die Berufslehre als Verhandlungsmasse gegen US-Handelszölle.
  • Bühler bildet bereits erfolgreich Lernende an zwei amerikanischen Standorten aus.

Zumindest in einem Punkt scheint Donald Trumps Rechnung aufzugehen: Plötzlich wollen alle den Amerikanern Geschenke machen. Die Schweiz versuchte es mit ihrem weltberühmten dualen Berufsbildungssystem als Gabe, in der Hoffnung, dass Trump dafür bei den Zöllen Milde walten lässt. Diese Woche hat Wirtschaftsminister Guy Parmelin seiner Amtskollegin Linda McMahon das mögliche Bildungsgeschenk bereits angekündigt.

Gut möglich, dass es hilft. Denn Lehrlinge sind eine Rarität in Amerika. Ausgebildete Elektriker, Mechaniker und kaufmännische Angestellte gibt es kaum. Dafür wird man meist nur betriebsintern in einer Schnellbleiche angelernt, bleibt Hilfsarbeiter, beherrscht nur wenige Handgriffe. Für Trump, der die Industrie ins Land zurückholen will, ist das ein riesiges Problem: Denn für neue Betriebe fehlen kompetente Fachkräfte. Unter Druck hat er versprochen, irgendwie eine Million Lehrstellen zu schaffen.

Könnte ein Uzwiler Trumps Problem lösen?

Mann der Stunde ist laut dem Schweizer Industrieverband Swissmem Andreas Bischof, Leiter Berufsbildungsentwicklung beim Uzwiler Technologiekonzern Bühler, weltweit 12’700 Mitarbeitende. Bischof hat seine Karriere selbst mit einer Lehre als Konstrukteur begonnen.

US-Präsident Donald Trump mit erhobener Faust beim Besteigen der Air Force One am Miami International Airport, 3. April 2025.

Seine Idee nun: Er will Trump unter die Arme greifen, indem die Schweiz in den USA, die Berufslehre etabliert – und zwar rasend schnell. Denn Trump braucht rasch Erfolge, um Wirtschaft und Wähler zu beruhigen. 

Deshalb hat Bischof in aller Eile ein fixfertiges Konzept zusammengeschustert. Offenbar konnte er schon viele davon überzeugen. Sein Vorschlag fand in den vergangenen Wochen den Weg über den Industrieverband Swissmem ins Departement von Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Der SVP-Bundesrat soll das Konzept nun Trump als Deal anbieten. Kurzformel: Berufslehre gegen Zölle.

In Minneapolis hat Bischof schon Erfolg

Wenn einer sich auskennt mit Berufsbildung in den USA, dann Bischof: Schon 2011 hat er im Auftrag seines Arbeitgebers in Minneapolis und Raleigh begonnen, eine Art offizielle Berufslehre zu etablieren. In den beiden Städten werden derzeit 23 Lernende ausgebildet, als Schweisser, Mechatroniker und kaufmännische Angestellte.

Den praktischen Teil absolvieren die Lernenden in einem der US-Betriebe von Bühler. Das didaktische Material wie Schulbücher stammt aus der Schweiz. Bischof hat es angepasst und übersetzen lassen. Der Bühler-Konzern ist spezialisiert auf den Bau von Industrieanlagen, unter anderem zur Herstellung von Lebensmitteln wie Mehl und Schokolade. 

Für den Theorieunterricht konnten Bischof und sein Arbeitgeber in den USA zwei Technische Colleges gewinnen. «Wir mussten die Behörden vor Ort überzeugen, dass es sinnvoll ist, einen Lehrgang für Lernende nach Schweizer Vorbild mit dualem Ausbildungssystem einzuführen.» Will heissen: eine Ausbildung mit praktischem Teil in einer Firma und Theorie in der Schule. 

Zwei Personen arbeiten an Maschinen in einer Werkstatt. Eine Person im Vordergrund trägt eine Kappe und bedient eine Drehbank, während die andere im Hintergrund an einem Werkzeugschrank arbeitet.

Anfänglich musste das Unternehmen die theoretische Ausbildung der Lernenden selbst zahlen. Mittlerweile wird die im College integrierte Berufsfachschule vom Staat finanziert. Wohl das Wichtigste am Projekt: Die Lernenden bekommen am Schluss ihrer Ausbildung ein offiziell anerkanntes Fähigkeitszeugnis.

«Das ist Win-win», sagt Bischof. Der Bühler-Konzern bekomme so kompetente, flexibel einsetzbare und handlungskompetente Berufsleute in Amerika. Und die Lernenden würden durch ihr Diplom unabhängig, weil die Lehrabschlüsse in der Branche anerkannt würden. «Sie sind nicht mehr bloss auf den Arbeitgeber angewiesen, der sie für Arbeiten im eigenen Betrieb angelernt hat», sagt Bischof.

Wie Bischof den Turbo zünden will

Doch wie kann man nun das System der Berufsbildung in den USA möglichst schnell etablieren? Diese Frage hat sich Bischof gestellt, um Trump ein gutes Angebot machen zu können. Die Antwort: Die Schweiz sollte einen ein Monat dauernden Lehrgang für Ausbildner aus den USA einführen. 

Während des Lehrgangs zeigen Schweizer Unternehmen den Amerikanern direkt im Betrieb, wie die Berufsbildung in der Schweiz funktioniert. «Learning by doing» sei das, sagt Bischof.  

Das Ziel: Zurück in den USA sollen die Ausbildner in der Lage sein, in ihren Betrieben eigene Berufslehren aufzubauen – weiterhin unterstützt von Schweizer Kollegen. Bischof stellt sich sogar eine Hotline vor, die direkt aus der Schweiz betrieben wird. «Die neuen Ausbildner könnten ihr Wissen weitergeben und selbst weitere Ausbildner schulen», sagt er. So würde sich das System im Land der unbegrenzten Möglichkeiten rasch etablieren, glaubt Bischof.

Dabei soll das Konzept nicht nur in industriellen Berufen zur Anwendung kommen, sondern in allen Branchen: im Baugewerbe, bei Gärtnern, in Spitälern.

Parmelin: Amerikaner sehr interessiert am Schweizer System

Das Wirtschaftsdepartement von Guy Parmelin bestätigt: Bühler habe Ideen für eine Berufsbildungskooperation zwischen der Schweiz und den USA geliefert. Ziel sei es, den USA ein umfassendes Konzept zur Berufsbildung zu präsentieren. Offenbar gibt es noch weitere Konzepte. 

Nun hoffen die Schweizer Behörden, dass Trumps Leute anbeissen: «Berufsbildung war in allen Gesprächen mit der amerikanischen Seite ein Thema», sagt Parmelins Sprecher Urs Wiedmer. Die Amerikaner seien «sehr am Schweizer System interessiert und sehen darin ein mögliches Modell für die Entwicklung ihrer Berufsbildung», so Wiedmer

Ob der Schweizer Wirtschaftsminister bei den Gesprächen mit der Bildungsministerin bereits das Konzept von Bühlers Ausbildungschef Bischof ins Spiel brachte, liess Wiedmer offen. Die Schweizer Regierung will sich nicht in die Karten blicken lassen. 

Gelingt es jedoch, Trumps Leute von Bischofs Plan zu überzeugen, wäre das nicht weniger als ein kleines diplomatisches Kunststück. Noch ist der Weg dorthin lang. Bis jetzt haben die beiden Länder für die Zölle noch nicht einmal ein Verhandlungsmandat eröffnet.