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Neue Konjunkturprognosen
In der Schweizer Industrie gehen 5000 Stellen verloren

Ein Mitarbeiter verarbeitet fluessigen Stahl in der Produktionsstaette der Stahl Gerlafingen AG in Gerlafingen im Kanton Solothurn, Schweiz, fotografiert am Montag, 18. September 2023. Die Schweizer Stahlproduktionsfirma gehoert der italienischen Beltrame Group und ist ein fuehrender Anbieter von Bewehrungsprodukten (Armierungen) in der Schweiz. (KEYSTONE/Christian Beutler)
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Aktuell häufen sich widersprüchliche Signale zur Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz. Das neuste Konjunkturbarometer der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich deutet Verbesserungen an. «Die Anzeichen für eine baldige Erholung der Schweizer Konjunktur verdichten sich», schreibt die KOF. Die Perspektiven verbessern sich insbesondere für das Gastgewerbe und den Wirtschaftsbereich übrige Dienstleistungen. 

Wie die KOF am Dienstagmorgen meldete, kletterte das auf Umfragen basierende Konjunkturbarometer erstmals seit März letzten Jahres wieder über seinen mittelfristigen Durchschnittswert und stieg im Januar den dritten Monat in Folge. 

Die Schweizer Wirtschaft wird geprägt von einer robusten Inlands-, aber einer schwachen Auslandsnachfrage. Der Schweizer Aussenhandel ist im letzten Jahr geschrumpft, wie soeben veröffentlichte Daten des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit zeigen. Die Exporte sanken um 1,2 Prozent, die Importe gingen um 3,8 Prozent zurück. (Lesen Sie weiter: Neuer Jobindikator: Schweizer Arbeitsmarkt trübt sich ein.)

Deutschland, der wichtigste Handelspartner, steckt in der Rezession, wie das dortige Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo am Dienstag früh mitteilte. Das Institut erwartet im ersten Vierteljahr 2024 erneut ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. Die Nachfrage aus der Eurozone und China nach Schweizer Industriegütern bleibt schwach.

Wie nach dem Platzen der Dotcom-Blase

«Es ist eine Industrierezession im Gang», stellte der UBS-Ökonom Alessandro Bee am Dienstagmorgen anlässlich einer Medienkonferenz zum traditionellen Ausblick auf die Konjunktur 2024 fest.

Der UBS-Ökonom vergleicht die aktuelle Situation mit der Phase Anfang der Nullerjahre. Das Platzen der Dotcomblase zu Beginn der 2000er-Jahre löste eine weltweite Rezession aus und führte zu einer langen Phase des schwachen Wachstums in Europa und der Schweiz.

In dieser Zeit gingen in der hiesigen Industrie mehr als 40’000 Arbeitsplätze verloren, das waren rund 7 Prozent der damaligen Gesamtbeschäftigung im Industriesektor.

Firmen reduzieren Lagerbestände

Beunruhigenderweise erinnert das aktuelle wirtschaftliche Umfeld gemäss UBS in vielerlei Hinsicht an die frühen 2000er-Jahre. Vor allem die deutsche Industrie leidet im Gegensatz zu den US-Konkurrenten an hohen Energiepreisen und an schwacher Nachfrage aus China.

Die europäische Automobilindustrie ist einer harten Konkurrenz bei Elektroautos durch chinesische Hersteller und Tesla ausgesetzt. Zusätzlich bremsen die erhöhten Zinssätze die Investitionen in Europa und den USA. 

Das alles bekommt die Schweizer Industrie zu spüren. Sie erlebe derzeit «die schlimmste Kontraktion seit der globalen Finanzkrise», so die UBS. Das zeige der Schweizer Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Industrie, eine monatliche Umfrage unter Einkaufsmanagern, die die UBS zusammen mit Procure.ch durchführe und die als guter Frühindikator für die Konjunktur gelte.

Die Unternehmen haben begonnen, ihre Lagerbestände zu reduzieren. In einem Umfeld mit schwacher Nachfrage ist für eine Reduktion der Lagerbestände eine noch stärkere Einschränkung der Produktion erforderlich. «Es besteht auch wenig Hoffnung auf eine schnelle Verbesserung», so die UBS in ihrer Analyse.

Die UBS rechnet deshalb mit einem Rückgang der Beschäftigtenzahlen in der Industrie: «Allein im 4. Quartal 2023 und im 1. Quartal 2024 könnten mindestens 5000 Stellen in diesem Sektor verloren gehen.»

Schweizer Exporte unter Druck

Im Gegensatz zu den 2000er-Jahren fehlen heute positive Impulse. Damals profitierte die Schweizer Industrie vom Einstieg Chinas in den Welthandel und von der wachsenden Globalisierung. Heute behindern Handelskonflikte, geopolitische Spannungen, Angriffe auf Frachtschiffe im Roten Meer und Kriege den Welthandel.

Dazu kommen vermehrt protektionistische Massnahmen wie Zölle und Subventionen. «Die Schweiz ist zunehmend zum Ziel von Massnahmen geworden, die ihren Exporten schaden», hält die UBS fest.

Nach der Dotcom-Krise profitierte die Schweizer Industrie zudem stark von der Abwertung des Frankens. Wegen der schwächeren Inflation in der Schweiz als in Europa oder den USA tendiert der Franken heute jedoch zur Stärke. Branchen, deren Exporte empfindlich auf Änderungen des Wechselkurses reagieren, bleiben damit unter Druck. Das ist in erster Linie die beschäftigungsstarke Maschinen- und Metallindustrie. 

Immerhin halte die hiesige Industrie aber auch Trümpfe in der Hand, hält die UBS fest. Vor allem die Innovationsstärke und die starke Stellung in Nischenmärkten würden helfen, die Krise zu überstehen.