Kommentar zum NamensrechtDoppelnamen für Kinder? Tinguely hätte Ja gesagt
Kinder dürfen in der Schweiz nur einen Nachnamen tragen. Meistens ist es jener des Vaters. Das Parlament möchte das nicht ändern.
Der Name ist Schall und Rauch, nur das Gefühl zählt. So steht es zumindest in Goethes «Faust». Doch der eigene Name ist für viele Menschen alles andere als Schall und Rauch. Im Gegenteil: Er ist oft mit der eigenen Identität verknüpft. Eltern überlegen sich in der Regel lange, wie sie ihr Kind nennen, sofern sie nicht einer Mode erliegen oder einer Familientradition gehorchen.
Auch das Parlament beschäftigt sich derzeit mit Namen. Es geht bei der Reform des Namensrechts auch um Doppelnamen für Kinder, zusammengesetzt aus den Nachnamen der Eltern. Wichtig zu betonen: Maximal zwei Nachnamen wären erlaubt. Frei wählbar und unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Wer das nicht möchte, kann auch bei einem einzigen Nachnamen für das Kind bleiben.
Doch der Nationalrat ist dagegen. Er hat sich mit 110 zu 81 Stimmen gegen die vom Bundesrat unterstützte Neuerung ausgesprochen. Der Grund: zu kompliziert. Die Rede war von einer «Tinguely-Maschine».
So müssen sich Eltern bei ihrem Nachwuchs weiterhin für einen einzigen Nachnamen entscheiden. Die Mehrheit der Kinder trägt den Namen des Vaters, wie das Bundesamt für Statistik ermittelt hat. Die Mütter – zumindest deren Familiennamen – bleiben also häufiger unsichtbar.
Die Schweiz hinkt einmal mehr hinterher.
Das ist bedauerlich. Das Parlament hat es verpasst, die Namensgestaltung bei Kindern zu flexibilisieren und Eltern vor einschränkenden Entscheidungen zu bewahren. Mit der Neuerung hätten beide Elternteile die Möglichkeit gehabt, ihre Verbindung zum Kind nach aussen zu tragen.
Die Schweiz hinkt einmal mehr hinterher. Andere Länder, zum Beispiel die USA, Grossbritannien oder Spanien, haben längst flexible Gesetze zur Namensgebung.
Der Ständerat dürfte der grossen Kammer folgen, somit ist diese Neuerung praktisch vom Tisch. Doch es wäre zu begrüssen, wenn sich die geneigten Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier nochmals mit dem Thema beschäftigen würden. Doppelnamen für Kinder entsprechen einem realen Bedürfnis in der Bevölkerung, wie Zivilstandsämter bezeugen.
Man stelle sich vor, Tinguely hätte etwas nicht gemacht, nur weil es anfangs zu kompliziert erschien. Und vor allem sind die Tinguely-Maschinen sehr ansehnlich.
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