Kommentar zum NamensrechtEs war doch so schön ohne Doppelnamen
Weil 70 Prozent der Bräute nach der Hochzeit so heissen wie ihr Gatte, will ihnen die Politik nun helfen. Haben die Frauen das wirklich nötig?
Wer sich am Donnerstag die Debatte im Nationalrat zur Wiedereinführung der Doppelnamen anhörte, wähnte sich Jahrzehnte zurückversetzt. Die Frau wurde als schwaches Wesen beschrieben, als hilfsbedürftig und ihrem Mann ausgeliefert.
SP-Politikerin Min Li Marti erklärte, wenn man den Wunsch habe, dass alle Familienmitglieder den gleichen Namen tragen, «verzichtet in der Praxis oft die Frau». Tatsächlich heissen 70 Prozent aller Bräute nach der Heirat wie ihr Gatte. Allerdings, so Marti weiter, höre man von Zivilstandsämtern, dass «das nicht immer mit Freude verbunden» sei. Dieses «Problem», schloss die Zürcher SP-Frau, könne «nur» mit der Möglichkeit eines Doppelnamens gelöst werden.
Das «Problem» besteht offenbar darin, dass sehr viele Frauen den Namen des Mannes annehmen, obschon sie nicht müssten. Und obschon sie nicht wollen. Warum, blieb unklar. Noch unklarer blieb, weshalb die Rechtskommission des Nationalrats der Meinung ist, Frauen bräuchten deshalb eine Art emanzipatorisches Stützrädli – in Form der Wiedereinführung der Doppelnamen. Eine Zwischenlösung, damit die Frau gleichzeitig dem Wunsch des Gatten nachkommen und Selbstbestimmtheit demonstrieren kann. Zwischenlösungen sind aber nie gut, und diese hier ist besonders schlecht, denn Doppelnamen sind, sagen wir es gerade heraus: ein Ärgernis. Warum sollte man sich ausgerechnet beim Namen nicht an die bestechende Schönheit von «Keep it simple» halten?
Die Männer bewegen sich nicht, die Frauen auch nicht
Vor allem aber wird uns damit gesagt, dass nach elf Jahren mit gleichberechtigtem Namensrecht, lautstarken «Wir-sind-hässig»-Frauendemos und einer eigentlichen Frauenwelle in der Politik dieselben Frauen offenbar immer noch ausserstande sein sollen, sich in ihrer Partnerschaft zu behaupten. Mit Verlaub: Wenn man ihnen das schon bei der Namenswahl nicht zutraut, weshalb sollte man irgendwo sonst an weibliche Durchsetzungsfähigkeit glauben?
Die Grüne Florence Brenzikofer argumentierte, dass es «für die meisten Männer aufgrund der herrschenden Geschlechternormen fast nicht vorstellbar ist, ihren eigenen Namen abzugeben». Und SP-Bundesrat Beat Jans doppelte nach, «die Forschung» zeige, «dass im Moment der Namenswahl auf die jahrzehntelange Tradition des Ehegattennamens als Familiennamen zurückgegriffen wird».
Heisst also: Es muss eine neue Lösung her, weil die Männer sich nicht bewegen und die Mehrheit der Frauen freiwillig an einer Konvention festhält, die ihnen bis 2013 aufgezwungen wurde. Allen feministischen Verlautbarungen zum Trotz erhalten sie damit einen Brauch am Leben, den einst ihre Unterdrücker erfunden haben.
Wofür soll «verheiratet» ein Gütesiegel sein?
Streng genommen basiert das, was heute als schöne Tradition gilt, sowieso auf einem zutiefst patriarchalen Konstrukt: Frauen gingen bei der Heirat als Besitz vom Vater an den Gatten über, die Übergabe des Objekts erfolgte am Altar (auch dieses Ritual behalten verblüffend viele Bräute bei). Um die neuen Besitzverhältnisse deutlich zu machen, hiess die Frau fortan wie der Mann. Mit Romantik oder der Idee, als Paar «Zusammengehörigkeit» zu signalisieren, hatte das wenig zu tun. Es stellt sich ohnehin die Frage, warum man der Welt mitteilen muss, dass man verheiratet ist. Weil die Ehe ein Gütesiegel sein soll? Wofür?
Immerhin: Der Nationalrat hat den Vorschlag zurückgewiesen, er lehnte vor allem die Doppelnamen bei Kindern ab. Dort sind sie nun wirklich vollkommen unnötig, und das Argument, es gäbe bei Auslandsreisen Schwierigkeiten, wenn Eltern und Nachwuchs unterschiedlich hiessen, sticht nicht: In Schweden und Dänemark ist das seit Jahren Usus – problemlos.
Die Rechtskommission muss also nochmals über die Bücher. Dabei wäre es so einfach: Frau und Mann behalten bei der Eheschliessung den angestammten Namen. Und die Kinder bekommen denjenigen der Mutter – denn das ist pragmatisch, logisch und sollte sowieso eine Selbstverständlichkeit sein.
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