Umfrage zu BundesfinanzenDie Bevölkerung spart lieber bei der Armee als bei der AHV
Der Bundesrat will die Ausgaben deutlich kürzen. Eine Umfrage zeigt nun, wie die Schweizer Wohnbevölkerung in der Frage tickt.

- Der Bundesrat will die Ausgaben des Bundes massiv kürzen.
- Nun zeigt eine Umfrage, was die Bevölkerung von den vorgeschlagenen Massnahmen hält.
- Für eine Mehrheit der Befragten sind Kürzungen bei der AHV tabu. In anderen Bereichen gehen die Vorstellungen weit auseinander.
Die «goldenen Jahre» seien vorbei: So formulierte es die Expertengruppe um Serge Gaillard, die im Auftrag des Bundesrats den Bundeshaushalt auf Sparmöglichkeiten durchleuchtet hat. Finanzministerin Karin Keller-Sutter rechnet in den nächsten Jahren mit strukturellen Defiziten von mittelfristig bis zu 4 Milliarden Franken pro Jahr, deshalb will sie die Ausgaben des Bundes ab 2026 markant reduzieren.
Voraussichtlich im Januar will der Bundesrat ein Sparpaket mit 60 Massnahmen in die Vernehmlassung schicken. Diese reichen von der Asylpolitik über den Verkehr bis hin zu den Kitas. Nun zeigt eine repräsentative Befragung des Forschungsinstituts Sotomo mit über 3000 Teilnehmenden, wie die Schweizer Wohnbevölkerung dazu steht.
AHV und Bildung sind tabu
Finger weg von der Altersvorsorge! So lautet, frei paraphrasiert, eine der Haupterkenntnisse der Studie. Danach gefragt, wo der Bund auf keinen Fall sparen sollte, nannten fast zwei Drittel die AHV und die IV. Laut Studienautor Michael Hermann passt dies zu den jüngsten Volksentscheiden, «Stichwort 13. AHV-Rente».
Bemerkenswert ist für Hermann, wie breit abgestützt diese Position ist: Selbst in der Basis der bürgerlichen Parteien will eine Mehrheit die Renten von den Sparbemühungen ausnehmen. Weniger Berührungsängste hat der Bundesrat: Er schlägt vor, den Bundesbeitrag an die AHV künftig anders zu berechnen als bisher, sodass die Ausgaben weniger stark ansteigen.
Zu den weiteren Feldern, in denen eine Mehrheit keine Sparmöglichkeiten sieht, gehören die Bildung und Forschung sowie der öffentliche Verkehr.
Abstriche bei Entwicklungshilfe, Medien und Armee
Wesentlich diffuser ist das Bild, wenn danach gefragt wird, wo stattdessen gekürzt werden soll. Am häufigsten genannt werden die Entwicklungshilfe, die Medienförderung – und die Armee. Allerdings steht hinter keinem dieser Sparposten eine Mehrheit.
Mit einem «klassischen Trittbrettfahrer-Denken» erklärt sich Hermann den Umstand, dass ein Teil der Bevölkerung Kürzungen bei der Armee in Erwägung zieht, obwohl der Krieg in der Ukraine seit fast drei Jahren die sicherheitspolitische Debatte prägt. Offensichtlich verliessen sich viele Menschen darauf, dass die Schweiz im Ernstfall auf die Hilfe der Nachbarstaaten zählen kann.
Dazu kommt, dass sich die Antworten je nach Parteipräferenz stark unterscheiden: Während die Basis von SP, Grünen und GLP am liebsten bei der Armee, im Strassenverkehr oder in der Landwirtschaft sparen würde, lautet der Dreiklang bei FDP und SVP Entwicklungshilfe, Medienförderung und Kultur. Mitte-Wählende orten zudem Kürzungspotenzial im Tourismus.
Für den Politgeografen Hermann zeigen die Resultate, dass es schwierig werden dürfte, ein mehrheitsfähiges Paket zu schnüren. «Ein Sparprogramm von dieser Breite bietet extrem viel Angriffsfläche.»
Nicht nur sparen, sondern auch mehr einnehmen
«Der Bund hat ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem»: So lautet das Mantra von Finanzministerin Keller-Sutter. Sie will, wenn immer möglich, auf die Einführung neuer Steuern respektive auf die Erhöhung bestehender Steuern verzichten.
Die Bevölkerung scheint dies weniger absolut zu sehen. Mehr als die Hälfte der Befragten wünscht sich entweder einen Mix aus neuen Einnahmen und Kürzungen oder will das Budget primär mit Mehreinnahmen wieder ins Lot bringen.
Danach gefragt, wo der Bund zusätzliche Einnahmen generieren könnte, wird am häufigsten die Option einer Finanztransaktionssteuer genannt. Gemeint ist eine Mikrosteuer, die immer dann anfällt, wenn jemand ein Wertpapier oder eine Währung kauft. Am zweithäufigsten nennen die Befragten die Vermögenssteuern als zusätzliche Einnahmequelle. Kaum Resonanz findet hingegen der Vorschlag des Bundesrats, die Steuerprivilegien für den Bezug von Geld aus der 2. und 3. Säule einzuschränken.
Fazit
Insgesamt fällt das Urteil der Befragten zum Sparpaket gemischt aus: 45 Prozent befürworten es, 48 Prozent lehnen es eher oder vollständig ab. Am Prinzip der Schuldenbremse will jedoch eine grosse Mehrheit festhalten.
Für Michael Hermann zeigt sich ein Muster, das sich durch die gesamte Studie zieht: «Je abstrakter das Sparvorhaben, desto mehr Menschen sind dafür – je konkreter es wird, desto stärker schwindet die Zustimmung.» Das gelte auch für die Schuldenbremse: Sie sei vor allem auch deshalb so populär, weil ihr Abstraktionsgrad so hoch sei.
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