Neue Angebote wegen CoronaSchweizer Bahnen testen ein Homeoffice-GA
Die ÖV-Branche hat in der Pandemie gelitten und will die Kundschaft zurückzuholen – etwa mit einem Prepaid-Abo oder einem GA, das nur an bestimmten Tagen gültig ist.
Mit einem «Homeoffice-GA» und anderen flexiblen Angeboten solle sich der ÖV auf die Nach-Corona-Welt vorbereiten, forderte Preisüberwacher Stefan Meierhans vor einem Jahr.
Jetzt reagiert die Branche. An einer Medienkonferenz präsentierten Transportunternehmen, Tarifverbünde und deren Organisation Alliance Swiss Pass allerdings kein neues flächendeckendes Angebot, sondern eine ganze Reihe von geplanten und teils schon laufenden Tests mit diversen Modellen, welche die Auslastung von Zug, Bahn und Tram wieder verbessern sollen. Die meisten Tests sind regional begrenzt, einige haben schon begonnen, andere sind bereit abgeschlossen.
Rabatte für Abokunden
National getestet wird nur das Modell des ÖV-Guthabens, das in einem Markttest vom vergangenen Herbst besonders gut angekommen ist: Der Kunde erwirbt vorgängig ein Guthaben zu einem günstigeren Preis und kann dafür ein Jahr lang Billette und Tageskarten beziehen.
Ab Dezember können 1200 ausgewählte Personen ein ÖV-Guthaben in der Höhe von 3000 Franken erwerben, das sie 2000 Franken kostet, oder ein Guthaben von 1000 Franken zum Preis von 800 Franken. Damit soll die Lücke zwischen Generalabonnement (GA) und Halbtax-Abo gefüllt werden, hiess es an der Medienkonferenz. Schon im November startet der Tarifverbund Zug einen Test mit dem gleichen Modell, wobei ein Guthaben von 500 Franken für 400 Franken erhältlich ist.
Diverse Regionen testen das sogenannte Preis-Capping beziehungsweise einen Preisdeckel. Die Fahrtkosten für eine bestimmte Zeitdauer oder Anzahl Fahrten werden dabei bei einem bestimmten Betrag gedeckelt. Ist der Deckel erreicht, sind sämtliche weiteren Fahrten gratis.
Bereits seit 1. September läuft im Tarifverbund A-Welle im Aargau ein Capping-Versuch auf Monatsbasis. Der Preis setzt sich zusammen aus dem regulären Preis für ein Monatsabo der entsprechenden Zonen plus einem Zuschlag von 10 Prozent. So soll sichergestellt werden, dass jene, die das Abo weiterhin im Voraus bezahlen, garantiert günstiger reisen.
Ein weiterer Test läuft ab Herbst im Urner Talboden. Wer hier Bahn oder Bus fährt, bezahlt pro Tag nie mehr als 5 Franken mit Halbtax oder 7.50 Franken ohne Halbtax.
Bereits abgeschlossen ist ein Versuch in Lausanne. Wer per SMS Tickets zum Vollpreis für die Zonen des Perimeters «Grand Lausanne» plus optional maximal eine zusätzliche, angrenzende Zone kaufte, fuhr ab dem 21. Kauf des Monats gratis.
Flexibles GA im Test
Der Forderung des Preisüberwachers am nächsten kommt das Flexi-Abo, das bereits seit Mitte August im Waadtländer Tarifverbund Mobilis probehalber eingeführt wurde und ab Dezember auch im Freiburger Tarifverbund Frimobil gestestet wird. Es handelt sich um eine Art GA, das aber nicht immer gültig ist, sondern nur an zwei oder drei frei wählbaren Tagen pro Woche. Ideal also für Menschen, die Pendeln und Homeoffice kombinieren. Das Flexi-Abo enthält 104 beziehungsweise 156 Nutzungstage. Die Kundinnen und Kunden können den Reisetag bis zum selben Tag über das Kundenkonto bei swisspass.ch aktivieren und bis 23.59 Uhr am Vortag ändern oder stornieren.
Das Ziel sei klar: Die Kundinnen und Kunden zurück in den öffentlichen Verkehr zu holen und von dessen Vorteilen zu überzeugen, erklärte Helmut Eichhorn, Geschäftsführer der Branchenorganisation Alliance Swiss Pass. Die Erholung nach der Pandemie habe zwar eingesetzt, der ÖV habe aber gegenüber dem Privatverkehr Anteile eingebüsst. Der Umsatz liege nach wie vor 11 Prozent unter dem Niveau von 2019. Die Passagierzahlen seien gar 25 Prozent tiefer als vor Corona.
«Ich hoffe, dass solche Ideen nicht nur als Markttest geprüft werden, sondern sich schnell durchsetzen.»
Die getesteten Neuerungen basieren grossenteils auf der Nutzung des automatisches Ticketing. Ob sie definitiv und flächendeckend eingeführt werden, entscheidet laut Eichhorn der Markt: «Wenn er gut reagiert, können sie schnell eingeführt werden».
Höchste Zeit, findet Preisüberwacher Meierhans. Es sei zwar erfreulich, dass sich die Branche bewege, erklärt er auf Anfrage. Das geschehe aber reichlich spät: «Ich hoffe, dass solche Ideen nicht nur als Markttest geprüft werden, sondern sich schnell durchsetzen.»
Es sei auch zu wünschen, dass die Angebote noch mehr auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden ausgerichtet würden. Der Preisüberwacher bemängelt namentlich den 10-prozentigen Zuschlag, der beim Capping-Versuch in der A-Welle zu bezahlen ist. «In Zeiten von negativen Zinsen ist dieser Penalty nicht einleuchtend», sagt Meierhans. Zudem widerspreche ein pauschales Zonenpreissystem der «haltestellengenauen Fahrterfassung».
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