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Recht auf Nichterreichbarkeit
Gehören Anrufe ausserhalb der Arbeitszeit verboten?

SYDNEY, AUSTRALIA - MAY 08: A woman using her phone as she passes the iconic Sydney Opera House and Harbour Bridge at sunset on May 08, 2020 in Sydney, Australia. The operators of BridgeClimb Sydney remain hopeful they will be able to reopen their business in the near future after Prime Minister Scott Morrison outlined plans for easing COVID-19 restrictions around Australia following today's National Cabinet meeting. The three-step plan aims to deliver a "COVID-19 safe economy" by allowing restaurants and cafes to reopen, then allowing 20-person gatherings before later loosening restrictions to allow 100-person gatherings and interstate travel. Individual state and territory governments will be responsible for how quickly they move through the stages based on the status of the virus in their own regions. BridgeClimb Sydney has temporarily closed in response to government restrictions and border closures. A recent report by the World Tourism Organization (UNWTO) and the impact of COVID-19 on international tourism has forecasted that international tourist numbers for 2020 will finish 20 to 30% down compared to 2019 figures. (Photo by James D. Morgan/Getty Images)
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Seit dieser Woche haben Australierinnen und Australier ein Recht auf Nichterreichbarkeit nach Feierabend und in den Ferien. Eine entsprechende Reform des Arbeitsgesetzes ist am Montag in Kraft getreten.

Dabei steckt der Teufel im Detail: Das angepasste Gesetz verbietet es Vorgesetzten nicht, ihre Untergebenen ausserhalb der Arbeitszeiten zu kontaktieren. Aber es erlaubt Arbeitnehmern, nicht auf Anrufe, Kurztextnachrichten und E-Mails zu reagieren.

Saftige Bussen für Chefs und Firmen

Werden Angestellte in ihrer Freizeit unnötigerweise und übertrieben von ihrem Arbeitgeber behelligt, muss dieser mit saftigen Bussen rechnen: Ein fehlbarer Vorgesetzter hat mit einer Geldstrafe von bis zu 19’000 australischen Dollar zu rechnen, umgerechnet knapp 11’000 Franken. Einem fehlbaren Unternehmen droht eine Busse von bis zu 54’000 Franken.

Damit will die Regierung unter dem sozialdemokratischen Premierminister Anthony Albanese erreichen, dass die Zahl unbezahlter Überstunden deutlich verringert wird. Im Schnitt leistet ein Australier 281 Stunden Überzeit pro Jahr, die nicht ausbezahlt werden.

Gemäss australischen Medienberichten gehört es zur Arbeitskultur in Down Under, dass Arbeitgeber eine gewisse Erreichbarkeit ausserhalb der Arbeitszeiten und eine Bereitschaft für unbezahlte Überstunden erwarten.

«Das nimmt etwas Last von meinen Schultern», zitiert der australische Fernsehsender ABC einen Schichtarbeiter. Er erhalte nun einen Teil seines Lebens zurück, könne ohne Sorgen mit seinen Hunden spazieren gehen oder sich mit Kollegen auf ein Bier treffen.

Druck auf Schweizer Angestellte, ein Viertel arbeitet in der Freizeit

«Wenn ich einen Telefonanruf von meinem Arbeitgeber erhalten habe, war das mit einer gewissen Erwartung verbunden, dass ich abnehme», so der Arbeiter, der sich nur als Lachy zitieren liess.

Hierzulande gibt es ebenfalls einen gewissen Druck, in der Freizeit zu arbeiten, um die Arbeitslast bewältigen zu können. Das zeigt der aktuelle «Barometer Gute Arbeit» von 2023 der Gewerkschaftsdachorganisation Travailsuisse. Demnach gehört für über ein Viertel der Arbeitnehmer häufiges oder sehr häufiges Arbeiten ausserhalb der Arbeitszeiten zur Realität.

«Dies hat Folgen für die Gesundheit der Arbeitnehmenden», schreibt Travailsuisse dazu. «Durch Arbeit in der Freizeit bleibt zu wenig Zeit für Familie und Soziales, und es fehlen Ausgleich und Erholungsmöglichkeiten.»

Erreichbarkeit in der Freizeit oder während der Ferien regelt das Schweizer Arbeitsgesetz im Einzelfall. Ein Beispiel: Bekleidet jemand eine Kaderfunktion oder wirkt an einem dringlichen Projekt mit, ist das Einfordern von Erreichbarkeit für dringliche Fälle zulässig.

Ansonsten aber gilt der Grundsatz, dass Angestellte während der Ferien weder ständig erreichbar sein noch geschäftliche E-Mails abarbeiten müssen.

Politisch gibt es Bestrebungen, die Angestellten besser zu schützen: Am Dienstag teilte die nationalrätliche Wirtschaftskommission mit, dass sie bei der Arbeit im Homeoffice ein Recht auf Nichterreichbarkeit befürwortet.

Frankreich mit Vorreiterrolle

Eine Vorreiterrolle beim Schutz von Arbeitnehmern im Zeitalter der ständigen Erreichbarkeit nimmt Frankreich ein: Dort ist seit dem 1. Januar 2017 ein Gesetz in Kraft, das es Arbeitnehmern ermöglicht, ausserhalb ihrer Arbeitszeit offline zu sein.

Damit will unser Nachbarland erreichen, dass es Französinnen und Franzosen leichter fällt, Arbeit und Privatleben zu trennen.

Allerdings sind nur Firmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden betroffen. Sie sind verpflichtet, Gespräche mit ihren Angestellten darüber zu führen, wann das Smartphone ignoriert werden darf.

In Deutschland müssen Arbeitnehmer bei klar definierten Arbeitszeiten während der Ferien und in der Freizeit nicht auf Anrufe oder Nachrichten von Vorgesetzten reagieren.

Bei Führungskräften kann eine vertragliche Nebenpflicht zur Erreichbarkeit auch ausserhalb der klassischen Arbeitszeit bestehen.

Länder in Zentral- und Südamerika haben ihre Gesetze ebenfalls angepasst: In Mexiko, Chile und Argentinien gilt ein explizites Recht auf Nichterreichbarkeit nach Arbeitsschluss für Angestellte, die von zu Hause aus an einem festen Arbeitsplatz arbeiten. So haben in Peru alle Arbeitnehmenden ein Recht darauf, ausserhalb ihrer regulären Arbeitszeit ungestört zu bleiben.