Neue Variante trifft FinanzweltSchockwellen an den Aktienmärkten
Die Kurse an den Märkten rund um den Globus gaben deutlich nach. Was lässt sich daraus schliessen?
Die in Südafrika neu aufgetauchte Coronavirus-Variante B.1.1.529 hat am Freitag an den Kapitalmärkten für Unruhe gesorgt. Davon erfasst wurden weltweit die Märkte für Aktien, Anleihen, Währungen, Edelmetalle und Rohstoffe. Gleich zu Beginn des Tages starteten die asiatischen und europäischen Börsen deutlich im Minus. Der deutsche Leitindex DAX gab zeitweise rund 4 Prozent nach, die französische Börse gemessen am CAC-Index beinahe 5 Prozent. Mit einem Einbruch von maximal rund 2,3 Prozent kam die Schweizer Börse gemessen am SMI-Index im Vergleich dazu besser weg.
Auch die US-Börsen starteten am Nachmittag negativ und lagen am Abend gemessen am S&P500 Index 2,3 Prozent im Minus. Im Lauf des Tages konnten die europäischen Börsenplätze immerhin einen Teil ihrer Verluste wieder wettmachen. Die Schweizer Börse ging mit einem Minus von 2 Prozent aus dem Handel.
Wenig überraschend haben jene Unternehmen am stärksten an Börsenwert verloren, die von erneuten Einschränkungen im internationalen Reiseverkehr unmittelbar betroffen sind, das gilt ganz besonders für Fluggesellschaften. So hat etwa die Aktie der Swiss-Muttergesellschaft Lufthansa bis Börsenschluss am Freitag 12,5 Prozent eingebüsst.
Impfstoffhersteller und Netflix legten zu
Umgekehrt gab es aber auch Gewinner. Der Impfstoffhersteller Pfizer hat an der US-Börse bis zum Abend 5,4 Prozent zugelegt, Moderna sogar um 23 Prozent. Mit der Aussicht auf eine grössere Nachfrage nach Filmen für den Fall, dass die Leute daheimbleiben müssen, stiegen auch die Aktien von Netflix bis zum Abend um 1,5 Prozent.
Wie meist bei beunruhigenden Ereignissen haben auch der Franken und das Gold* an Wert zugelegt. Beide gelten als «sicherer Hafen». Bitcoin hat diese Funktion allerdings nicht – viele Kryptowährungen haben teils deutlich an Wert eingebüsst.
Zugelegt haben auch die als sicher geltenden Anleihen von Staaten wie die USA, Deutschland, Japan, Grossbritannien und die Schweiz. Bei all diesen Anleihen gaben die Renditen nach. Das bedeutet zum einen, dass Anlegerinnen und Anleger diese verstärkt nachgefragt haben, um sich abzusichern.
Die Entwicklung steht aber zum anderen auch für die Sorge, dass weitere Lockdowns folgen könnten, wodurch die Wirtschaftserholung gefährdet wäre. Sollten sich die Hinweise darauf verdichten, dürften sich die Notenbanken länger Zeit lassen mit einem Ende ihrer extrem expansiven Geldpolitik. Auch dass die Preise der verschiedenen Sorten von Erdöl gefallen sind, hat mit der Sorge um einen durch die neue Virusvariante gefährdeten Aufschwung zu tun.
Trotz allem keine Panik
Dennoch zeugen die Kursentwicklungen bisher nicht von einer eigentlichen Panik oder der Überzeugung, dass eine massive Verschlimmerung der Pandemie und eine erneute Weltwirtschaftskrise ansteht. Im Vergleich etwa zum Beginn der Corona-Krise sind die Ausschläge am Freitag verhältnismässig gering.
Zudem haben die Börsen im laufenden Jahr immer wieder neue Höchstwerte erklommen. Mit Korrekturen war daher zu rechnen. Und der Optimismus hat schon vor der neuen Virusvariante Dämpfer erhalten.
Ein Grund war die Angst vor einer anhaltend hohen Inflation. Aber auch die jüngste Ausbreitung der bereits bekannten Virusvarianten hat die Stimmung gedämpft. Denn Massnahmen wie der neue Lockdown in Österreich haben in Erinnerung gerufen, dass die Pandemie noch nicht abgehakt werden kann und es immer wieder zu Einschränkungen kommen kann. Die Entdeckung der neuen Virusvariante hat diese Sorgen jetzt nur noch verstärkt.
* Der Goldpreis in Dollar hat anfänglich am Freitag zugelegt, fiel im späteren Handel dann ins Minus. Die Formulierung stammt aus einer Fassung des Texts vom Freitagmorgen.
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