SouvenirSchnäppchen für Beatles-Fans
In einer der teuersten Gegenden Londons steht eine Wohnung für 1,4 Millionen Franken zum Verkauf. Es ist aber nicht irgendeine Immobilie: Hier entstand ein berühmtes Cover.
Die Flood Street unweit der King’s Road in Chelsea liegt in einer der teuersten Gegenden Londons. Es ist also zunächst einmal wenig bemerkenswert, dass dort derzeit eine Wohnung für rund 1,4 Millionen Franken angeboten wird. Der Makler weist darauf hin, das Objekt habe «fantastisches Licht, mit einem Fenster, das sich über die gesamte Breite der Wohnung erstreckt, besonders hohe Decken, ein Elternschlafzimmer im Zwischengeschoss und ein zweites Schlafzimmer neben dem Studio». Das Studio selbst biete «mit seinem feinen Walnussholzboden ein hervorragendes Raumgefühl».
Tatsächlich dürften einige gut betuchte Beatles-Fans die 84 Quadratmeter in einem orangefarbenen, zweistöckigen Backsteingebäude (Baujahr 1902) sogar als Schnäppchen empfinden. In Wohnungen wurde das Haus erst 2002 umgewandelt, davor hatte es die Chelsea Manor Studios beherbergt, in denen der Fotograf Michael Cooper in den Sechzigerjahren sein Atelier hatte. Hier entstand am 30. März 1967 eines der berühmtesten Plattencover überhaupt: das Gruppenfoto für «Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band».
Extrem eklektische Liste von berühmten Namen
Die Beatles hatten für den Abend eine Aufnahmesession in den Abbey Road Studios geplant. Vorher fuhren sie in die Flood Street. Die vom Pop-Art-Künstlerpaar Peter Blake und Jann Haworth entworfene Collage aus 58 Berühmtheiten, die den Hintergrund für das Cover bilden sollte, wartete dort bereits auf sie. Sie war in einwöchiger Arbeit im Fotoatelier entstanden. Die Band hatte Blake, Haworth und Cooper auf Anraten von Robert Fraser engagiert, einem Kunsthändler und Freund Paul McCartneys. Peter Blake erinnerte sich später an zahlreiche Gespräche über das Konzept, die er erst mit allen Bandmitgliedern, dann vor allem mit John Lennon und Paul McCartney in dessen Haus geführt hatte.
McCartneys ursprüngliche Idee sah ein gestelltes Bild mit einem Bürgermeister und Honoratioren vor sowie eine grosse Uhr und eine Reihe von Porträts berühmter Persönlichkeiten an der Wand hinter den Beatles. Er hatte die anderen drei Bandmitglieder darum gebeten, eine Liste mit Vorschlägen für diese Porträts zu machen. Auf dem Zettel, den Blake schliesslich bekam, stand eine extrem eklektische Ansammlung von Namen. Darunter waren der Komiker Lenny Bruce, der Satanist Aleister Crowley, die Schriftsteller James Joyce, Oscar Wilde und William S. Burroughs, der Komponist Karlheinz Stockhausen, der Maler René Magritte sowie Adolf Hitler und Karl Marx.
Das damals teuerste Plattencover
Während Peter Blake das Konzept weiterentwickelte, kamen Namen hinzu (vor allem ein paar Frauen, darunter Mae West und Marilyn Monroe); einige, wie Hitler, wurden gestrichen. Auch Gandhi stand zwischenzeitlich auf der Liste, wurde aber von Sir Joseph Lockwood, Leiter der Plattenfirma EMI, abgelehnt, weil er glaubte, das Album werde dann in Indien als respektlos empfunden.
Von dem Glamour jener Session ist, den Maklerfotos nach zu urteilen, nicht viel übrig. Dafür ist die Wohnung voll möbliert und bietet LED-Beleuchtung in der Küche. Für die 3000 Pfund, die die Produktion des bis dahin teuersten Plattencovers der Popgeschichte kostete, könnte man übrigens in Chelsea heute maximal für zwei Monate ein Zimmer mieten. Im Souterrain.
Fehler gefunden?Jetzt melden.