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Neuer Chef am Schauspielhaus Zürich
Trotz knapper Kasse anschlussfähig sein – von Robin Hood bis King Lear

Interimsintendant Ulrich Khuon spricht an der Medienkonferenz zur Programmpraesentation fuer die Spielzeit 2024/25 im Schauspielhaus Zuerich, aufgenommen am Dienstag, 7 Mai 2024 im Schiffbau in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
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Eigentlich wäre Ulrich Khuon, der langjährige Intendant des Deutschen Theaters Berlin, nun, mit 73 Jahren, in den Ruhestand gegangen. Da kam der überraschende Anruf aus Zürich, und jetzt will er es als Interimsintendant am Schauspielhaus in der Saison 2024/25 noch einmal wissen.

«Das ist kein sanftes Auslaufenlassen», unterstreicht er im persönlichen Gespräch, sondern es sei ein geballtes, hochintensives letztes Jahr, ganz ohne langsames Anrollen. Schon jetzt ist Khuon ständig in Zürich, lebt dann jeweils in der Dachwohnung des Pfauen und hat am Dienstag im Schiffbau sein Programm vorgestellt: 21 Premieren, sieben davon sind Uraufführungen, drei Auftragswerke – man bleibt in Zürich jung und innovativ, aber auch Klassiker kommen nicht zu kurz.

Anschlussfähig zu sein, in vielfachem Sinn: Das erscheint als Motto dieser Brückenintendanz, bis die Neuen, Pınar Karabulut und Rafael Sanchez, im Sommer 2025 antreten. Anschlussfähig bedeutet auch, dass man allen Schauspiel-Ensemblemitgliedern eine Vertragsverlängerung angeboten hat, welche die meisten auch angenommen haben. Es bedeutet, den gekündigten Tanzschaffenden Trajal Harrell («Maggie The Cat») und Wu Tsang («Robin Hood») samt deren Leuten zumindest für einzelne Arbeiten eine Bühne zu bieten.

Leonie Böhm, beim Intendantenduo Stemann/von Blomberg Hausregisseurin, zeigt zum Auftakt im Schiffbau Franz Kafkas «Verwandlung» (13. September).

Auch die Stemann-Hausregisseurinnen Leonie Böhm (Franz Kafkas «Verwandlung») und Suna Gürler werden zu sehen sein. Zu Regisseuren aus der Zeit der Intendanz von Barbara Frey greift Khuon mit Bastian Kraft («Die kleine Meerjungfrau»), Jossi Wieler (Sophokles’ «Die Frauen von Trachis») und Jan Bosse (Jean-Paul Sartres «Die schmutzigen Hände»); auch Jette Steckel («Frau Yamamoto ist noch da») wurde damals schon gastspielhalber nach Zürich geladen. Aber auch weibliche Handschriften wie Anne Lenk («König Lear») oder Anna Stiepani («Staubfrau») kommen zum Zug.

Ebenso sind Zürcher Fixsterne wie Barbara Weber («Prima facie»), Thom Luz («Flucht aus der Zeit – Dada Bohème») und Martin Zimmermann («Louise») mit von der Partie und Schauspiel-Gäste wie «Tatort»-Kommissarin Carol Schuler. Kooperationen wie jene mit dem Theater Hora («Die Vögel») verstehen sich da fast von selbst.

Eigentlich hätte es auch eine neue Arbeit von René Pollesch geben sollen, sagte Ulrich Khuon an der Medienkonferenz. Dann brach ihm die Stimme. Als Hommage wird nun Polleschs «Liebe, einfach ausserirdisch» vom Deutschen Theater Berlin in Zürich gastieren. Nie dürfe man etwas als selbstverständlich betrachten, betonte Khuon. Auch das Theater nicht.

Ob er die abgelehnte Subventionserhöhung und den Sparzwang, der zu Spannungen mit der scheidenden Intendanz geführt haben soll, als Problem betrachte, haben wir ihn im persönlichen Gespräch gefragt.

Zu knappe Subventionen

Nicht unbedingt für ihn selbst, aber mittelfristig für das Haus durchaus, stellte der gebürtige Stuttgarter unaufgeregt fest. Man solle sich nichts vormachen: Das Budget entspreche ungefähr dem eines mittleren deutschen Theaterhauses, der Anspruch aber sei ungleich höher, qualitativ wie quantitativ. Von den 40 Millionen Franken würden 6 Millionen sofort als Miete abgeführt. Die Kosten für Löhne, Werkstätten und so weiter lägen wiederum ein Drittel über dem deutschen Schnitt. De facto seien die Subventionen daher gar nicht so hoch dafür, dass im Grunde zwei Theater – fünf Bühnen – damit bespielt würden.

Auch das Ensemble sei deutlich kleiner als etwa im Deutschen Theater Berlin: Dort stemmten zu Khuons Zeiten 40 Ensemblemitglieder eine Spielzeit, hier seien es 18. Vielleicht aber sei man auch ein klein wenig überambitioniert gewesen in der vorigen Intendanz; jetzt gelte es, nach vorn zu schauen, andere Wege zu finden, die verschiedenen künstlerischen Positionen am Haus zu halten.

Dass ihn, den Notnagel, angesichts der Umstände nicht alle von Anfang an warm willkommen geheissen hätten: Er scheint es mit Fassung zu tragen. Und der sympathische Brückenbauer blickt mit Freude auf die kommende Turbosaison, die am 12. September mit der Dea-Loher-Uraufführung «Frau Yamamoto ist noch da» im Pfauen – und zeitgleich in Tokio – ihren Auftakt hat.