Öffentlicher Verkehr«Die Forderung schiesst weit übers Ziel hinaus»
Der ehemalige SBB-Chef Benedikt Weibel verlangt ein Moratorium für den Bahnausbau. Politiker halten das für übertrieben. Ziel sei es, mehr Menschen auf den ÖV zu bringen, ein Ausbau sei notwendig.
Es ist eine Aussage mit politischem Ausrufezeichen. Der ehemalige SBB-Chef Benedikt Weibel verlangt ein Moratorium bei den Bahnausbauprojekten. Die Investitionen, warnt er, würden zu laufend höheren Systemkosten führen. In der Folge würden Züge gestrichen und Linien geschlossen.
Die Forderung dürfte im Parlament kaum Chancen haben, wie Nachfragen bei Verkehrspolitikern zeigen. «Sie schiesst weit übers Ziel hinaus», sagt Mitte-Nationalrat Martin Candinas. Zwar seien gut unterhaltene Bahninfrastrukturen der Schlüssel für den Erfolg des öffentlichen Verkehrs. «Trotzdem braucht es auch in Zukunft noch bessere ÖV-Angebote durch gezielte, weitere Ausbauten.» Dabei gelte es, Augenmass zu wahren.
Auch Michael Töngi hält nichts von einem Moratorium. «Wir haben das klare Ziel, dass mehr Menschen mit dem ÖV reisen können», sagt der Grünen-Nationalrat. Dafür brauche es S-Bahnen im Viertelstundentakt und einen Fernverkehr im Halbstunden- oder Viertelstundentakt. «Diese Kapazitätserhöhung erreichen wir nur, wenn wir auch die Infrastruktur ausbauen.»
Kantone sollen in Vorkasse gehen
FDP-Präsident Thierry Burkart sagt, es gelte, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um das Schienennetz möglichst effizient zu nutzen. «Punktuelle Ausbauten im Infrastrukturbereich, insbesondere auf der Ost-West-Achse, sind jedoch notwendig.»
Nur: Was ist wirklich notwendig? «Solange die Regionen keinen Beitrag an Ausbauprojekte leisten müssen, wird grenzenloser Lobbyismus betrieben», sagt SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner. Sein Vorschlag: kein Moratorium, wie es Weibel fordert. Aber: Künftig sollen die Kantone bei grossen Projekten auf ihrem Gebiet in Vorkasse gehen; das soll den Hunger auf Ausbauprojekte bändigen. Geschieht das nicht, sollen diese Projekte in der Prioritätenliste des Bundes nach hinten rutschen. Zudem sollen die Kantone ihre Projekte basisdemokratisch legitimieren, also via Volksabstimmungen, bevor sie allenfalls Bundesgelder erhalten. Giezendanner verspricht sich davon auch mehr Akzeptanz und weniger Einsprachen.
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