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Kinder in der Kostenfalle
Saftige Busse wirft Schlaglicht auf irreführende Tricks der «Fortnite»-Macher

Ein zehnjähriger Knabe aus Chicago spielt im Keller seines Elternhauses eine Partie «Fortnite».
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Es ist eine Strafe mit Signalwirkung über die Grenzen der USA hinaus. Epic Games, Hersteller des unter Kindern und Teenagern beliebten Onlinespiels «Fortnite», zahlt eine Busse von 520 Millionen Dollar an die US-Wettbewerbsbehörde Federal Trade Commission (FTC). Damit verhindert Epic einen möglichen Schuldspruch vor einem Gericht.

Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Epic soll die Privatsphäre von Kindern verletzt, Spieler aller Altersgruppen zu unerwünschten Käufen im Spiel verleitet sowie Kinder und Jugendliche Schikanen und Belästigungen ausgesetzt haben. Letzteren Vorwurf erhoben alarmierte Eltern, weil sich die Spieler in «Fortnite» miteinander via Textnachrichten und Sprachtelefonie in Echtzeit austauschen können. Dabei soll es zu Mobbing und verbalen Übergriffen unter Spielern gekommen sein.

Der siebtgrösste Videospielehersteller der Welt hat sich im Rahmen des Vergleichs verpflichtet, die beanstandeten Praktiken zu unterlassen. Epic erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 5,1 Milliarden Dollar.

Auch wenn es zu einer aussergerichtlichen Einigung gekommen ist, zeigt das Verfahren der Wettbewerbshüter das Ausmass von Manipulationen in der Spieleindustrie. So erwähnt die FTC explizit, dass Epic sogenannte Dark Patterns – zu Deutsch: dunkle Muster – verwendet habe.

Der Konsument soll so dazu verführt werden, mehr auszugeben, als er eigentlich wollte.

Gemeint ist damit eine Form von irreführenden Benutzeroberflächen, die vor allem für Apps, Spiele und Websites eingesetzt werden. Einfach ausgedrückt, bringen Dark Patterns Konsumenten dazu, gegen ihre eigenen Interessen zu handeln. Ein Beispiel: Beim Online-Einkauf landet unbemerkt vom Kunden ein attraktiver Artikel im Warenkorb, den der Käufer gar nicht bestellt hat. Der Konsument soll so dazu verführt werden, mehr auszugeben, als er eigentlich wollte.

Den Begriff prägte der Technologieberater Harry Brignull im Jahr 2010. Er hat seither ein Dutzend solcher dunklen Muster beschrieben.

Die Situation in der Schweiz

Die Stiftung für Konsumentenschutz hält den Einsatz solcher Techniken in der Schweiz für gesetzeswidrig: «Sowohl das schweizerische Datenschutzgesetz als auch die europäische Datenschutzverordnung verlangen, dass einer Datenbearbeitung aus freiem Willen zugestimmt wird. Wenn die Zustimmung durch Manipulation erschlichen wird, ist das nicht der Fall», schreibt die Organisation dazu.

«Viele Eltern waren überrascht, als sie erfuhren, dass Epic ihnen Hunderte von Dollar für In-App-Aktivitäten ihrer Kinder in Rechnung stellte, die sie nicht autorisiert hatten.»

US-Wettbewerbsbehörde

Im aktuellen Fall aus den USA hat Epic Spieler von «Fortnite» ohne deren ausdrückliche Zustimmung mit In-App-Käufen belastet. Minderjährige konnten durch Käufe während des Spiels das Aussehen des Spielcharakters ändern, indem sie einfach auf eine entsprechende Schaltfläche klickten. Die gängige zweite Sicherheitsstufe mit einer PIN-Nummer der elterlichen Kreditkarte war demnach nicht erforderlich.

«Viele Eltern waren überrascht, als sie erfuhren, dass Epic ihnen Hunderte von Dollar für In-App-Aktivitäten ihrer Kinder in Rechnung stellte, die sie nicht autorisiert hatten», schreibt die US-Wettbewerbsbehörde dazu und schildert eine konkrete Beschwerde eines Elternteils. Dieser zeigt sich verwundert darüber, dass sein 10-jähriger Sohn «so einfach» Käufe im Wert von rund 500 Dollar tätigte.

Wie Epic Games die Spieler manipulierte

Weiter beschreibt die Behörde, wie es Epic den Spielern erschwerte, Käufe zu stornieren oder eine Rückerstattung zu verlangen. Laut FTC hat das Unternehmen kurz nach der Einführung der Schaltfläche «Kauf abbrechen» im Jahr 2019 denselben Knopf an den unteren Rand des Bildschirms verschoben – und verkleinert.

Die Wettbewerbshüter stellen darüber hinaus fest, dass Epic «Konsumenten bewusst dazu zwingt, einen schwierigen und langwierigen Weg» zu durchlaufen, «um eine Rückerstattung über die ‹Fortnite›-App anzufordern». Diese Spieler seien dazu aufgefordert worden, «mehrere unnötige Schritte» zu unternehmen, um einen solchen Antrag abzuschliessen.

Epic Games anerkennt in einem Blogbeitrag die Millionenbusse: «Die Gesetze, die vor Jahrzehnten geschrieben wurden, geben nicht vor, wie die Ökosysteme der Spielebranche funktionieren sollten. Die Gesetze haben sich nicht geändert, aber ihre Anwendung hat sich weiterentwickelt, und die langjährigen Praktiken der Branche sind nicht mehr ausreichend.» Das Unternehmen wolle nun beim Konsumentenschutz «an vorderster Front» stehen, schreibt die Firma weiter.

Die betroffenen Kunden müssen jedoch nicht warten, bis es so weit ist. Für sie gibt es vorerst gute Neuigkeiten. Vom gesamten Bussgeld werden 245 Millionen Dollar verwendet, um Entschädigungen auszuzahlen.

Die restliche Tranche von 275 Millionen Dollar geht an den Staat, um Verstösse gegen das Gesetz zum Schutz der Privatsphäre von Kindern im Internet zu ahnden.