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Meinung

Neue Sackgeld-Empfehlungen
Eltern, seid nicht so knausrig!

Kinder berühren ein riesiges Globusmodell in Form eines Sparschweins, Teil der Kunstinstallation ’Cool Globes’ in Kopenhagen, 2009, zur Bekämpfung des Klimawandels.
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Es geht was in den Sparschweinen: Der Dachverband Budgetberatung Schweiz hat wegen der Teuerung nach fast zwei Jahrzehnten seine Empfehlungen zum Sackgeld überarbeitet. Die Organisation rät Eltern, ihren Kindern monatlich höhere Beträge auszuzahlen – fast doppelt so viel: Ein Fünftklässler soll neu neun statt fünf Franken pro Woche bekommen.

Früher pochte ich auf möglichst wenig Sackgeld. Schliesslich sollten die Kleinen lernen, mit wenig auszukommen. Heute bin ich überzeugt: Die Höhe des Sackgelds hat keinen Einfluss darauf, wie Kinder später mit Geld umgehen. Genauso gut könnte man sagen: Kinder, die viel Geld erhalten, werden später mal grosszügig.

Den Anstoss für diesen Sinneswandel gab ein Freund. Er stammt aus einem anderen Land und fand die strikten Taschengeldrichtlinien stets übertrieben. Wir Schweizer würden unseren Kindern quasi im Kindergartenalter schon die doppelte Buchhaltung beibringen wollen.

Auch eine italienische Kollegin brachte mich ins Grübeln. Sie fand an einem Abendessen mit Freunden einmal: «Begrenztes Sackgeld? No, grazie!» Stattdessen verwöhne sie ihre Kinder lieber. «Weil das Leben später noch hart genug für sie wird.» 

Was in der Schweiz oft übersehen wird: Der Umgang mit Taschengeld ist kulturell geprägt – und weltweit höchst unterschiedlich. In westlichen Ländern gibt es klare Empfehlungen, fast schon gesellschaftliche Standards, die Eltern helfen sollen, ihre Kinder früh an den verantwortungsvollen Umgang mit Geld heranzuführen.

Ganz anders sieht es etwa in vielen asiatischen Ländern aus. Dort übernehmen die Eltern oft direkt die Ausgaben ihrer Kinder, und die finanzielle Erziehung erfolgt mehr durch Vorleben und Anleitung.

Grenzen setzen! Regeln durchsetzen! Nicht verwöhnen!

Natürlich, Experten warnen vor den Gefahren einer übermässigen Verwöhnung. Solche Kinder hätten oft Schwierigkeiten, Selbstkontrolle, Verantwortungsbewusstsein und Empathie zu entwickeln. Sie könnten ein übertriebenes Anspruchsdenken entwickeln. Das mag stimmen. Doch das Gegenteil – ein zu strenger Umgang mit Zuwendung oder Geld – ist auch nicht gesund. Und genau dazu neigen wir in der Schweiz.

Nach ein paar Monaten Elternschaft greifen viele bei Kleinkindern zu den typischen Dogmen: Grenzen setzen! Regeln durchsetzen! Nicht verwöhnen! Als wären Kinder von Natur aus kleine Egoisten, die korrigiert werden müssen. Dabei geht es doch eigentlich um das richtige Mass: Ein Gleichgewicht zwischen Liebe, Unterstützung und der Vermittlung von Verantwortung.

Wichtiger als eine strikt bemessene Geldmengenpolitik, die Kinder zu Sparsamkeit und Verzicht erzieht, ist für mich der offene Austausch über Ausgaben. Warum kaufe ich etwas? Ist es wirklich nötig? Ist es teuer oder ein willkommenes Schnäppchen? 

Mein Kind hat immer das bekommen, was es wollte – und ist trotzdem kein Verschwender geworden. Die Kinder der Italienerin übrigens auch nicht. Und vielleicht, ja vielleicht, hatten sie dank dieses entspannteren Umgangs mit Geld sogar eine etwas unbeschwertere Kindheit.