Konkurrenz für Ozempic und Co.Roche tüftelt an der perfekten Abnehmspritze
Der Pharmakonzern wolle «das beste Medikament gegen Übergewicht» entwickeln, sagt Roche-Chef Thomas Schinecker. Und er erklärt, warum er – anders als der Novartis-Chef – nicht mehr verdienen will.
Der Pharmakonzern Roche ist dabei, eine Abnehmspritze zu entwickeln, die auch nach dem Absetzen wirkt. «Wir wollen das beste Medikament gegen Übergewicht entwickeln», sagt Roche-Chef Thomas Schinecker. Auf den Markt kommen könnte sie Ende dieses Jahrzehntes.
Was das Roche-Projekt von den jetzigen Abnehmspritzen unterscheidet: Es enthält zusätzlich einen Antikörper, der den Muskelschwund hemmt. Bei den bisherigen Spritzen gegen Übergewicht schwindet auch die Muskelmasse. «Das führt zu einem Jo-Jo-Effekt», betont Schinecker. Denn Muskeln verbrauchen Kalorien. Je weniger Muskelmasse, desto mehr Fett setzt der Körper wieder an.
Für Roche stellt das Projekt eine riesige Umsatzhoffnung dar. «Wir haben nicht viele Medikamente, die nur annähernd an diese Grösse herankommen», gibt Schinecker zu. Die Basler wollen damit in einen Mega-Umsatzbereich vorstossen.
Für die Abnehmspritze Wegovy von Novo Nordisk erwarten Marktbeobachter jährliche Spitzenumsätze von 35 Milliarden Dollar. Roches derzeitiges umsatzmässig wichtigstes Medikament ist die MS-Therapie Ocrevus mit 6,4 Milliarden Franken.
Verlaufen die Tests erfolgreich, kommt Roche viel später als Novo Nordisk und Eli Lilly. Die beiden Pharmafirmen haben den Markt schon erobert. Eine Chance haben die Basler nur noch, wenn sie eine deutlich bessere Therapie bringen können. «Durch die Kombination unterscheiden wir uns jedoch deutlich von ihnen», sagt Schinecker.
Roche hätte vorne dabei sein können: Der Konzern verkaufte 2018 den potenziellen Abnehmwirkstoff, den seine japanische Tochter Chugai entwickelt hatte, an Eli Lilly.
Strategie hilft mehr als Geld und Glück.
Letzten Dezember stieg Roche wieder in den Adipositas-Markt ein. Schinecker kaufte die US-Biotechfirma Carmot und mit ihr drei GLP-1-Abnehmwirkstoffe. Der Muskelschwund-Antikörper, mit denen sie jetzt kombiniert werden sollen, kommt wiederum von Chugai.
Wie wichtig die richtige Strategie und nicht allein Geld und Glück bei der Forschung und Entwicklung neuer Medikamente ist, zeigt ein Vergleich: Novo Nordisk gab 2023 lediglich 3,4 Milliarden Franken oder knapp 12 Prozent seines Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus. Bei Roche waren es 14,2 Milliarden oder fast 25 Prozent.
Der Roche-Chef und die Lohnfrage
Der neue Roche-Chef Schinecker ist seit letztem März im Amt. Sein Einkommen für 2023 beläuft sich auf 9,6 Millionen Franken. «Ich bin mehr als zufrieden mit dem jetzigen Lohn», sagt er dieser Redaktion.
Novartis-Chef Vas Narasimhan kam vergangenes Jahr auf 16,2 Millionen Franken. Der Pharmakonzern auf der anderen Basler Rheinseite begründete dies mit einem Lohnvergleich unter Pharmachefinnen und -chefs weltweit. Sie verdienen im Schnitt 16 Millionen (Medianwert).
«Ich würde meinen Lohn nicht im weltweiten Marktvergleich messen», sagt Schinecker. «Wir sind in Europa.» Der Deutsch-Österreicher arbeitet seit rund 20 Jahren bei Roche, davon viele im Ausland, auch in den USA.
In den USA sind die Löhne auf einem deutlich höheren Niveau. Der Pfizer-Chef etwa verdiente 2022 rund 33 Millionen Dollar. Der Chef der auf seltene Erkrankungen spezialisierten Biotech-Firma Sarepta brachte es auf 125 Millionen Dollar.
«Wenn ich geldorientiert gewesen wäre, hätte ich schon öfter die Gelegenheit gehabt, Roche zu verlassen«, sagt Schinecker. Aber dann müsse er in die USA ziehen. «Mir gefällt es aber sehr gut in der Schweiz», fügt er an.
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