SNB im ersten Quartal 2022Riesenverlust bei der Nationalbank
Die Schweizer Notenbank schreibt für die ersten drei Monate ein Minus von knapp 33 Milliarden Franken.
Konkret weist die SNB für die Periode von Januar bis März 2022 einen Verlust von 32,8 Milliarden Franken aus, wie sie am Donnerstag mitteilte. Während sich auf den Fremdwährungspositionen ein Minus von 36,8 Milliarden einstellte, gab es auf dem mengenmässig unveränderten Goldbestand einen Bewertungsgewinn von 4,2 Milliarden.
Der Gewinn auf den Frankenpositionen betrug derweil lediglich 10,6 Millionen Franken. Den auf Girokontoguthaben erhobenen Negativzinsen standen hier insbesondere Kursverluste auf Zinspapieren und -instrumenten entgegen.
Von den Finanzmärkten abhängig
Die SNB betonte wie üblich, dass ihr Ergebnis überwiegend von der Entwicklung der Gold-, Devisen und Kapitalmärkte abhängig ist. Starke Schwankungen seien deshalb die Regel und Rückschlüsse vom Zwischenergebnis auf das Jahresergebnis nur bedingt möglich.
Oft ist es vor allem der starke Schweizer Franken, der das Ergebnis der SNB in Mitleidenschaft zieht. Im Berichtsquartal waren nun aber vor allem die steigenden Zinsen und die schwache Entwicklung der Aktienmärkte der Hauptgrund für die Verluste auf den Fremdwährungspositionen.
Gold hat zugelegt
Wenn die Zinsen steigen, verlieren Anleihen bekanntlich an Wert. Diese Verluste machten 25,1 Milliarden Franken aus. Dazu kamen Kursverluste in Höhe von 10,7 Milliarden auf Aktien und ähnlichen Papieren, die ebenfalls unter steigenden Zinsen, aber auch unter dem Ukrainekrieg litten.
Dazu kamen aber auch noch wechselkursbedingte Verluste von insgesamt 3,4 Milliarden Franken, da der Franken in der Tendenz leicht stärker wurde. Immerhin erhielt die SNB auf ihren Devisenreserven von über 900 Milliarden Franken noch Zins- und Dividendenerträge von zusammen 2,4 Milliarden.
Der Gewinn beim Goldbestand ergibt sich aus dem Anstieg des Kilopreises (in Franken) im ersten Quartal um gut 7 Prozent auf 57'550 Franken. Vor allem der starke Inflationsanstieg und der Ukraine-Krieg haben dem Edelmetall Schub gegeben.
Das Ergebnis der SNB kann wegen der hohen Abhängigkeit von den Finanzmärkten in beide Richtungen ausschlagen. Im Gesamtjahr 2021 etwa erzielte die SNB zum Schluss einen Gewinn von über 26 Milliarden Franken, wobei das erste und das zweite Quartal positiv und das dritte und vierte Quartal negativ ausfielen. Im Jahr davor betrug der Gewinn gut 20 Milliarden.
Es gibt aber auch Jahre mit hohen Verlusten, was jeweils vor allem mit einer schwachen Börsenentwicklung oder einem sehr starken Franken zu tun hat. 2018 oder 2015 etwa waren solche Jahre: Da mussten die hiesigen Währungshüter Verluste von knapp 15 Milliarden bzw. von über 23 Milliarden ausweisen.
Notenbanken mit Blick auf hohe Inflation in der Zwickmühle
Die Notenbanken weltweit stehen derzeit stark unter Druck. Mit Blick auf die Inflation müssen sie die Zinswende schaffen. Gleichzeitig droht ein zu starkes Anheben der Zinsen die Konjunktur abzuwürgen. Lange haben die Zentralbanken an der Überzeugung festgehalten, dass der Anstieg der Preise infolge der Pandemie, aufgrund hoher Energiepreise und stockender Lieferketten nur «vorübergehend» sei. Doch inzwischen ist klar: Sie müssen handeln.
Die Inflation im Zaum zu halten, ist die klassische Aufgabe der Notenbanken. Dafür nutzen die Federal Reserve (Fed) in den USA, die Europäische Zentralbank (EZB) oder auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) vor allem das Instrument des Leitzinses. Die vereinfachte Idee: Senken sie den Zins, können sich mehr Privatleute und Unternehmen einen Kredit leisten, was zu höheren Ausgaben, wachsender Wirtschaft und steigender Inflation führt.
Andersrum funktioniert es theoretisch, wenn die Zinssätze steigen: Bürger und Wirtschaft leihen sich weniger Geld oder müssen für Kredite mehr ausgeben, das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht mehr einfach weitergeben und die Inflation sinkt.
«Wir werden die nötigen Schritte unternehmen, um eine Rückkehr zur Preisstabilität zu garantieren», versprach US-Notenbankchef Jerome Powell Ende März. «Der Arbeitsmarkt ist sehr stark, und die Inflation viel zu hoch», fügte er hinzu. Für die Fed ist es leichter gegenzusteuern als für die EZB, denn die US-Wirtschaft wächst rasch. Die Arbeitslosenquote fiel zuletzt auf niedrige 3,6 Prozent, viele Firmen klagen bereits über einen Mangel an Arbeitskräften.
Wann folgt die EZB?
Doch auch in Europa zeichnet sich ein Ende der ultralockeren Geldpolitik ab. Nagel stellte in Washington in Aussicht, die EZB könnte ihre Zinsen schon im Juli anheben – früher als bisher gedacht. Wie viele Zinsschritte in diesem Jahr zu erwarten sind, wollte Nagel nicht vorhersagen. An den Finanzmärkten wird erwartet, dass die EZB den Einlagensatz, zu dem Banken Geld bei ihr parken können, in diesem Jahr auf Null anheben könnte. Derzeit liegt er bei minus 0,5 Prozent.
Die wirkungsvollste Waffe im Arsenal der Notenbanken, der Leitzins, kann die Ursachen der aktuellen Preissteigerungen nur begrenzt beeinflussen. Die Unterbrechungen globaler Lieferketten, die weitreichenden Corona-Lockdowns in China, der Krieg in der Ukraine und steigende Energiepreise reagieren nicht direkt auf den Leitzins. Die beste Hoffnung der Notenbanker ist es, dass ihre Entscheidungen dabei helfen werden, die Teuerungsrate langsam wieder zu senken.
SNB weniger unter Zugzwang
Auch in der Schweiz könnte es in absehbarer Zeit mit den Zinsen wieder aufwärts gehen. Türöffner dafür wäre ein vorgängiger Zinsschritt in der Eurozone, sind sich Experten einig. Würde die SNB mit Zinserhöhungen vorpreschen, riskiert sie eine starke Aufwertung des Frankens.
Immerhin hält sich die Teuerung hierzulande verglichen mit den USA oder Europa in Grenzen. Die starke Währung sowie die weitreichende Unabhängigkeit in der Energieversorgung dämpften den Inflationsdruck etwas, sagen Ökonomen. Zu der aktuellen Inflation von 2,4 Prozent passe allerdings ein negativer Einlagesatz der SNB von -0,75 Prozent auch nicht mehr.
SDA/cpm
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