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Folge der Teuerung
Renaissance für «Monsieur Prix»

Ölpreisschock: Der erste Preisüberwacher Leo Schürmann informiert 1973 im Bundeshaus die Medien über die beschlossene Benzinpreisverfügung. 
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Zwischen Januar und März dieses Jahres ist der Preis von Heizöl laut Landesindex der Konsumentenpreise um 22 Prozent gestiegen. Treibstoffe, also Benzin und Diesel, sind um 15 Prozent teurer geworden. Das merkt auch Preisüberwacher Stefan Meierhans: Im ersten Quartal dieses Jahres verzeichnete er 522 Meldungen aus der Bevölkerung, wie er auf Anfrage sagt. Das liegt mehr als die Hälfte über dem Vorjahresquartal, als es 364 Beanstandungen gewesen waren.

Ähnliche Konstellation vor 50 Jahren 

Dass es in der Schweiz überhaupt eine Preisüberwachung gibt, ist einer ähnlichen Konstellation vor einem halben Jahrhundert zu verdanken. Der Ölpreisschock in den 70er-Jahren heizte die Inflation dermassen an, dass Bundesrat und Parlament per Notrecht beschlossen, einen Beauftragten für die Überwachung von Preisen, Löhnen und Gewinnen zu ernennen.

Erster Preisüberwacher wurde der Solothurner CVP-Nationalrat Leo Schürmann, der später ins Direktorium der Schweizerischen Nationalbank sowie an die Spitze der SRG wechselte. Wie sein Nachfolger – der spätere SVP-Bundesrat Leon Schlumpf – hatte er einen konjunkturpolitischen Auftrag zu erfüllen.

Das änderte sich, nachdem Volk und Stände am 28. November 1982 der Preisüberwachungsinitiative des Konsumentinnenforums zugestimmt hatten – gegen den Willen von Bundesrat, Parlament und Wirtschaftsverbänden.

Seitdem ist die Aufgabe rein wettbewerbspolitisch. Die Mittel des Preisüberwachers sind allerdings beschränkt: Preissenkungen verfügen kann er nur dort, wo der Wettbewerb nicht spielt. Bei staatlich festgelegten Preisen und Gebühren hat er ein Antragsrecht.

Dennoch haben die bisher fünf Preisüberwacher unter dem neuen Regime – von CVP-Ständerat Odilo Guntern über den nachmaligen CVP-Bundesrat Joseph Deiss und die beiden SP-Nationalräte Werner Marti und Rudolf Strahm bis hin zum jetzigen Amtsinhaber Stefan Meierhans – einiges erreicht.

Hunderte Millionen im Gesundheitswesen gespart

Die grösste und bekannteste Einsparung betrifft das Gesundheitswesen: Mit einer Vielzahl von Empfehlungen hat der Preisüberwacher erreicht, dass bei den Medikamentenkosten Hunderte Millionen Franken eingespart wurden. Dass die A-Post erst in diesem Jahr teurer wurde – und das nur um 10 anstelle der beantragten 20 Rappen –, ist ebenfalls dem Team um Stefan Meierhans zu verdanken. 

Ein weiteres Beispiel aus jüngster Zeit ist der Corona-PCR-Test, der ursprünglich 180 Franken kostete. Mittlerweile ist er, unter anderem dank Empfehlungen des Preisüberwachers, für 50 Franken zu haben. Beim Onlineshopping im Ausland hat er mit mehreren einvernehmlichen Regelungen mit Post, DPD und DHL erreicht, dass für günstige Waren die sogenannten Zollvorlagekosten wegfallen, die den Warenwert zum Teil deutlich übersteigen können.

Im öffentlichen Verkehr hat Meierhans mehrmals Preiserhöhungen beim Generalabonnement verhindert. Dank ihm fällt keine Hinterlegungsgebühr mehr an, wenn das GA längere Zeit nicht benutzt wird. Die Betreuungstaxen von Altersheimen im Kanton Aargau wurden merklich gesenkt, wie auch der Wasserpreis in Lausanne. 

In den letzten zehn Jahren nahm die Zahl der Beanstandungen des Preisüberwachers stark zu, jene der Empfehlungen hat sich gar verdreifacht. «Wir sind sehr froh um die Überwachung», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Seine Kompetenzen und Mittel reichten aber nicht aus. Sie verweist auf den Ukraine-Krieg und die wegen der Pandemie in Shanghai blockierten Container: «In der jetzigen Situation ist es ein Leichtes, die Preise beispielsweise unter dem Vorwand zu erhöhen, die Energie sei teurer geworden – und damit nur den Gewinn zu maximieren.»

Konsumentenschutz fordert mehr Kompetenzen für «Monsieur Prix»

Um das zu verhindern, müsse man den Markt systematisch beobachten und im Verdachtsfall in die Bücher schauen können. Damit «Monsieur Prix» das kann, braucht er allerdings nicht nur zusätzliches Personal. Auch das Gesetz müsste geändert werden. Laut Sara Stalder klärt die SKS derzeit ab, «wie wir das in die politische Diskussion tragen können».

Das könnte einfacher gehen als auch schon. Von bürgerlicher Kritik am «marktfeindlichen» Preisüberwacher, die jahrzehntelang erklang, ist momentan nichts zu hören. Im Gegenteil. «Grundsätzlich sollte es schon der Markt richten», sagt etwa der Schwyzer Alex Kuprecht (SVP), Präsident der ständerätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben. Nur habe er den Eindruck, dass «bestimmte Wirtschaftszweige die Gelegenheit benutzen, um ihre Marge zu erhöhen». Gerade bei Gütern des täglichen Bedarfs sollte man darum genauer hinschauen, findet Kuprecht.