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Sportstrategie des Getränkegiganten
Extreme, Intrigen und Kontroversen: Wieso das Sportreich von Red Bull wächst

Nicolas Beaudoin performs at the Red Bull Sledhammers in St-Donat on April 2, 2022 // Dan Mathieu / Red Bull Content Pool // SI202204030110 // Usage for editorial use only //
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In Kürze:
  • Red Bull führt «exklusive Verhandlungen» zur Übernahme des Paris FC.
  • Der Getränkehersteller ist in verschiedenen Sportarten prominent vertreten.
  • Am sichtbarsten ist der sportliche Erfolg in der Formel 1 mit Red Bull Racing.
  • Fussballfans kritisieren den kommerziellen Ansatz von Red Bull.

Diese Nachricht sorgt in der Fussballwelt für Aufregung: Zusammen mit dem französischen Multimilliardär Bernard Arnault will Red Bull den Zweitligisten Paris FC übernehmen. Dazu finden «exklusive Verhandlungen» statt, wie am Donnerstag bekannt wurde.

Das regt in Frankreich und in Europa bei den Fussballfans die Fantasie an: Erhält der vom katarischen Staatsfonds kontrollierte Erstligist Paris Saint-Germain bald einen Rivalen, der sich mehrheitlich in europäischer Hand befindet?

Red Bull ist nicht nur als Energydrink-Hersteller bekannt, sondern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ein regelrechtes Sportimperium aufgebaut. Was einst als Marketinginstrument begann, hat sich zu einem Reich aus erfolgreichen Mannschaften und Veranstaltungen entwickelt, die von Fussball über Motorsport bis hin zu Extremsportarten reichen.

Was steckt hinter dieser Strategie? Was sind die Stolpersteine? Und welche Rolle spielt der ehemalige deutsche Trainer Jürgen Klopp, der eine neue Funktion als oberster Fussballverantwortlicher von Red Bull erhält?

Eine Übersicht in 6 Kapiteln:

Die Anfänge

SI202210220642 // Usage for editorial use only // // Red Bull Content Pool // SI202210220642 // Usage for editorial use only //

Die Geschichte von Red Bull beginnt 1984 mit der Gründung durch den österreichischen Unternehmer Dietrich Mateschitz und den thailändischen Apotheker Chaleo Yoovidhya. Beide sind inzwischen verstorben.

Doch es war der neuartige Ansatz im Marketing, der die Firma mit Sitz in Fuschl am See schnell zur weltweiten Marke machte. Anstatt herkömmliche Werbung zu nutzen, konzentrierte sich das Unternehmen auf Extremsport und spektakuläre Anlässe, um sein Produkt als rasante und kraftvolle Marke zu bewerben.

Dazu gehört etwa der Sprung von Felix Baumgartner aus der Stratosphäre, bei dem er 2012 aus fast 39’000 Metern Höhe sprang und als erster Mensch im freien Fall die Schallmauer durchbrach. Das Ziel: für Aufsehen sorgen und weltweit die Bekanntheit der Marke steigern.

Das Konzept geht auf: Im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftete die österreichische Firma einen Umsatz von 10,5 Milliarden Euro und verkaufte weltweit 12,1 Milliarden Dosen. Das Marketingbudget 2023 wies Red Bull im Geschäftsbericht mit 2,5 Milliarden Euro aus.

Doch das Werben mit risikofreudigen Athleten offenbart bald Schattenseiten: Mehrere Extremsportler sind während Anlässen, die von Red Bull organisiert wurden, tödlich verunglückt.

Einer davon ist der Schweizer Basejumper Ueli Gegenschatz: Am 11. November 2009 sprang er anlässlich eines Werbeauftritts für Red Bull vom 88 Meter hohen Sunrise Tower in Zürich, prallte gegen eine Kante des 25 Meter hohen Sockelbaus der Türme und schlug danach auf dem Boden auf.

Der Appenzeller erlag zwei Tage später im Zürcher Universitätsspital seinen Verletzungen, er wurde 38-jährig.

Einstieg in den Fussball

RB Leipzig's Slovenian forward #30 Benjamin Sesko celebrates with RB Leipzig's Dutch midfielder #10 Xavi Simons (L) after scoring his team's second goal during the UEFA Champions League football match between RB Leipzig and Juventus FC at the Red Bull Arena in Leipzig on October 2, 2024. (Photo by Ronny HARTMANN / AFP)

Während Extremsportarten zum Markenzeichen von Red Bull wurden, begann der Konzern Mitte der 2000er-Jahre, sich im Fussball zu engagieren. Mit diesem Schritt sollten in der Werbung nicht mehr nur extrovertierte und risikofreudige Konsumenten angesprochen werden, die sich mit Extremsportlern identifizierten. Mit dem beliebtesten Breitensport der Welt, dem Fussball, ging Red Bull in die breite Masse.

Hinzu kommt ein weiterer Punkt, der über das Verkaufen von Dosen hinausgeht. Wie Sportmarketing-Experte Misha Sher gegenüber dem Sportmedium «The Athletic» sagt, steigert Red Bull durch die Investments den eigenen Firmenwert, dies, weil die Sportbranche stark wächst. So habe sich Red Bull den Ableger in New York für 30 Millionen Dollar gekauft – und jetzt wird der Wert des Teams, heute die New York Red Bulls, auf Hunderte von Millionen geschätzt. «Es geht nicht nur darum, dass die Teams in ihrem Stadion in ihren Trikots spielen, sondern auch darum, dass ihre Anlage ständig an Wert gewinnt», so Sher.

Das Engagement nahm 2005 seinen Anfang. Damals übernahm die Firma den österreichischen Fussballclub SV Austria Salzburg und formte ihn in das heutige Red Bull Salzburg um.

Die traditionelle Vereinsfarbe Violett wurde durch die Farben Rot und Weiss ersetzt. Das sorgte nicht nur in der Heimatstadt Salzburg, sondern auch in der europäischen Fussballwelt für Kontroversen. Eingefleischte Fans wittern einen Ausverkauf des Sports.

Der Erfolg gab Red Bull recht: Salzburg dominierte die österreichische Liga und etablierte sich als regelmässiger Teilnehmer an europäischen Wettbewerben.

Das vielleicht bedeutendste Fussballprojekt ist jedoch der deutsche Club RB Leipzig, den das Unternehmen 2009 übernahm. Ursprünglich ein Verein in der fünften Liga, stieg RB Leipzig in wenigen Jahren bis in die Bundesliga auf und erreichte bereits 2020 den Halbfinal der Champions League.

Trotz massiver Kritik an der Kommerzialisierung des Clubs – viele Fans anderer Vereine lehnen Leipzig ab – sind die sportlichen Resultate vorhanden. Die Strategie von Red Bull, auf einen für die Zuschauer attraktiven Fussball zu setzen, hat die Sichtbarkeit der Marke erhöht.

Neben Salzburg und Leipzig besitzt der Getränkehersteller auch die New York Red Bulls in den USA, Red Bull Bragantino in Brasilien sowie Omiya Ardija, einen japanischen Drittligisten.

Alle Teams teilen eine ähnliche Philosophie: eine aggressive und pressingorientierte Spielweise.

Jürgen Klopp kommt

Jürgen Klopp is seen in a Photoshoot in Berlin on August 24, 2024. // Lea Wohlfahrt / Red Bull Content Pool // SI202410080634 // Usage for editorial use only //

Der langjährige Trainer des FC Liverpool übernimmt ab 2025 eine neue Funktion bei Red Bull. Als «Global Head of Soccer» wird der heute 57-Jährige die Fussballclubs des Unternehmens weltweit beraten und strategisch lenken.

Klopp wird sich um Fragen des Trainings kümmern, Talente und Trainer weiterentwickeln und die spielerische Ausrichtung der Clubs festlegen.

Kommt die Übernahme von Paris FC zustande, steigen die Erwartungen an den obersten Fussballverantwortlichen Klopp: Er müsste den Club rasch in die Ligue 1 bringen und dort zum Meister machen.

Formel 1 und Extremsport

Red Bull driver Max Verstappen of the Netherlands steers his car down pit lane during the Singapore Formula One Grand Prix at the Marina Bay Street Circuit, in Singapore, Sunday, Sept. 22, 2024. (Mohd Rasfan/Pool Photo via AP)

Fussball ist indes nur ein Teil des Machtfaktors Red Bull. Der vielleicht sichtbarste Erfolg des Unternehmens liegt im Motorsport, insbesondere in der Formel 1. Sie erreicht via Fernsehübertragungen weltweit ein Milliardenpublikum.

Das Red Bull Racing Team, das 2005 gegründet wurde, hat seitdem die Königsklasse des Motorsports geprägt. Mit Fahrern wie Sebastian Vettel und dem amtierenden Champion Max Verstappen gewann Red Bull mehrere Weltmeisterschaften.

Zusätzlich besitzt die Firma mit Racing Bulls über einen weiteren Rennstall in der Formel 1. Er gilt als Juniorteam für Red Bull Racing.

Neben der Formel 1 ist Red Bull in anderen Motorsportarten wie MotoGP vertreten, wo es Teams wie KTM Factory Racing unterstützt.

Darüber hinaus ist Red Bull bekannt für die Unterstützung zahlreicher Athleten in Disziplinen wie Snowboarding, Motocross und Basejumping.

Bei den Eishockeyvereinen EC Salzburg und EHC München tritt der Konzern als Namenssponsor auf. Er besitzt die Clubs nicht.

Der Machtkampf

epa11575225 Red Bull Racing team principal Christian Horner looks on during the third practice session for the Formula One Grand Prix of Italy, in Monza, Italy, 31 August 2024. The 2024 Formula 1 Grand Prix of Italy is held at the Monza National Autodrome circuit race track on 01 September.  EPA/Daniel Dal Zennaro

Der Erfolg von Red Bull Racing ist eng mit dem britischen Teamchef Christian Horner verbunden, der den Rennstall zu einem der stärksten Konkurrenten im Formel-1-Zirkus gemacht hat. An der Person Horners entbrannte in der laufenden Saison ein Konflikt, der auf einen Machtkampf beim Getränkehersteller hindeutet.

Anfang Februar 2024 tauchten Berichte auf, wonach sich Horner gegenüber einer Mitarbeiterin ungebührlich verhalten habe. Die Angestellte meldete diese Vorfälle intern, worauf die Muttergesellschaft eine Untersuchung durchführte und den Teamchef am 28. Februar formell freisprach.

Nur einen Tag später gelangten anzügliche Texte und Fotos ins Internet, die angeblich zwischen Horner und seiner Anklägerin ausgetauscht worden waren.

Wie durchsickerte, sollen vor allem die österreichische Seite des Konzerns und die niederländische Entourage von Weltmeister Max Verstappen an der Absetzung Horners gearbeitet haben. Offenbar hat sich jedoch der thailändische Flügel um die Familie Yoovidhya durchgesetzt, der von Anfang an am einflussreichen Teamchef Horner festhielt.

Dabei spielen die Besitzverhältnisse bei Red Bull eine wichtige Rolle: Die Familie Mateschitz hält einen Anteil von 49 Prozent. Die Nachkommen von Chaleo Yoovidhya halten ebenfalls 49 Prozent.

Das Zünglein an der Waage spielt somit Multimilliardär Chalerm Yoovidhya, der Sohn von Mitgründer Chaleo Yoovidhya. Er besitzt die restlichen 2 Prozent und kann für Mehrheiten sorgen. Wo seine Loyalitäten liegen, hat er im Fall Horner gezeigt.

Die Zukunft

The Paris FC soccer club banner is seen outside the Charlety stadium in Paris, France, Thursday, Oct.17, 2024. (AP Photo/Thibault Camus)

Mit Jürgen Klopp an der Spitze des Fussballnetzwerks wird Red Bull seinen Einfluss im populärsten Sport der Welt ausbauen.

Der Erwerb eines Minderheitsanteils am englischen Club Leeds United im Frühling 2024 und die Verhandlungen bei Paris FC zeigen: Red Bull investiert nicht nur in den traditionsreichen englischen Fussball, sondern ist an anderen europäischen Ligen interessiert.

Das soll neue Perspektiven für die Zukunft eröffnen und den Wert der Red-Bull-Clubs in die Höhe treiben.