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Neuausrichtung des Red-Bull-Konzern
Das milliardenschwere Vermächtnis von Dietrich Mateschitz 

Der Red-Bull-Patriarch Dietrich Mateschitz hatte für die Zeit nach seinem Tod vorgesorgt.
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Gelegentlich taucht Chalerm Yoovidhya, 72, bei Formel-1-Rennen in der Boxengasse oder im VIP-Bereich auf, ohne dass viele Menschen von ihm Notiz nehmen. Bei seinem langjährigen Geschäftspartner Dietrich Mateschitz war das ganz anders. Der Österreicher war zwar mindestens so öffentlichkeitsscheu wie Yoovidhya, aber die Welt kannte sein Gesicht trotzdem. Als das Gesicht von Red Bull.

Der Konzern mit seinen Energy Drinks, den Medien- und den Sportunternehmen gehört seit seinen Anfängen 1984 mehrheitlich den Yoovidhyas, einem thailändischen Unternehmerclan von durchwachsenem Ruf. Aber Mateschitz konnte bei Red Bull nach Belieben schalten und walten; ein beispielloser Vertrag gewährte ihm alle Freiheiten. Und obwohl er angeblich wegen seiner Krebserkrankung bereits 2021 aller Pflichten als Geschäftsführer entbunden war, nutzte er diese Macht, um seine letzten irdischen Dinge präzise zu regeln. Privat und bei Red Bull. Für den Konzern mit Sitz in im österreichischen Fuschl am See bedeutet das im Ergebnis: Der Patriarch regiert dort über seinen Tod hinaus.

Am 22. Oktober starb Dietrich Markwart Mateschitz mit 78 Jahren in einem seiner Anwesen am Wolfgangsee. Mateschitz, der es in 40 Jahren vom kleinen Marketingmitarbeiter zu einem der reichsten Menschen geschafft hat, wurde in seinem Heimatland Österreich von vielen bewundert und verehrt.

Die posthume Beschäftigung mit ihm fördert allerdings auch Absurditäten zutage. Eine Schweizerin etwa, die in jungen Jahren ein Techtelmechtel mit Mateschitz hatte, schlachtete dieses auf ziemlich peinliche Weise aus und behauptete, als «Medium» mit ihm im Jenseits zu kommunizieren. Woraufhin die österreichische Boulevardzeitung «Heute» sie allen Ernstes beauftragte, ein Interview mit dem Verstorbenen zu führen. Die Erkenntnis daraus: «Didi ist jetzt in einer Zwischenstation und wartet, dass er ins Licht kommt.» Gott sei Dank sei es dort «fantastisch, alles ist bunt und hell». Na dann.

Der Kampf ums Erbe blieb aus 

Was die irdischen Hinterlassenschaften des Dietrich Mateschitz angeht, driften die Schätzungen auseinander; Forbes beziffert sein Vermögen auf zuletzt 25 Milliarden Euro, das Nachrichtenportal Bloomberg auf 15,1 Milliarden. In jedem Fall genug für einen «Kampf ums Erbe», den viele nach seinem Tod prophezeiten.

Im Sommer schöpfte der bereits todkranke Unternehmer bei Red Bull eine Rekord-Dividende von 866 Millionen Euro ab, 28 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Doch der blieb aus, bislang zumindest. Denn Mateschitz hat frühzeitig vorgesorgt. Im Sommer schöpfte der bereits todkranke Unternehmer bei Red Bull eine Rekord-Dividende von 866 Millionen Euro ab, 28 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Betrag setzt sich zusammen aus seinen Anteilen am Jahresgewinn 2021, einer Ausschüttung ursprünglich einbehaltener Gewinne und einer Sonderzahlung von 250 Millionen Euro. Die gemeinnützige österreichische Rechercheplattform Dossier veröffentlichte eine Kopie der entsprechenden Vereinbarung, die auch Chalerm Yoovidhya unterschrieben hat. 

Das private Vermögen von Dietrich Mateschitz, inklusive des 49-prozentigen Anteils an Red Bull, erbt, wie erwartet, weitestgehend sein einziger Sohn Mark, 29. Nachfolger an der Spitze des Getränkekonzerns, der 2021 fast zehn Milliarden Dosen Red Bull verkaufte, wird der Filius allerdings nicht. Er werde sich auf seine Aufgaben und Rolle als Gesellschafter konzentrieren, liess Mark Mateschitz verlauten, und zog sich aus seinen wenigen operativen Funktionen zurück, wie etwa als «Head of Organics», als Chef der Bio-Getränkesparte.

Statt seines Sohnes installierte Dietrich Mateschitz noch zu Lebzeiten ein Triumvirat. Aus zwei seiner treuesten Paladine – und aus einem Deutschen.

Überraschende Neubesetzung 

Letzterer ist der Sportmanager Oliver Mintzlaff, 47, zuletzt Geschäftsführer beim deutschen Fussball-Bundesligisten RB Leipzig. Mateschitz soll von seinen Führungsqualitäten sehr angetan gewesen sein, heisst es. Mintzlaff ist neuer Chief Executive Officer (CEO) und zudem Chef der Sportaktivitäten von Red Bull. Daneben installierte Mateschitz zwei langjährige Weggefährten. Der eine ist Franz Watzlawick, 55 Jahre alt und globaler Vertriebschef seit 2018. Obwohl er im Laufe seiner Red-Bull-Karriere zweimal Deutschland-Chef des Unternehmens war, von 2004 bis 2009 und interimsweise ab 2014, kennt man ihn dort kaum.

Wechselt von der Fussball-Abteilung zur Konzern-Zentrale: Oliver Mintzlaff.

Nun ist Watzlawick Chef der Getränkesparte von Red Bull. Um die Finanzen kümmert sich ausserdem Alexander Kirchmayr, 51. Auch er gilt als Mateschitz' Ziehsohn. Nach Anfängen beim Mineralölkonzern OMV seit 2005 im Unternehmen, erhielt Kirchmayr erst zu Jahresbeginn 2022 Prokura – das Sprungbrett für die Beförderung zum Finanzchef des Gesamtkonzerns mit immerhin 7,8 Milliarden Euro Umsatz 2021.

Im Gegenzug für den Aufstieg von Mintzlaff, Watzlawick und Kirchmayr räumen zwei altgediente Vertraute von Dietrich Mateschitz ihre Führungsposten bei Red Bull und wechseln in das private Mateschitz-Imperium. Ganz so, wie es dieser selbst am 26. August 2022 verfügt hat. Volker Viechtbauer und Walter Bachinger wurden «mit Wirkung zum Tag seines Todes», wie es in einem Dokument heisst, Geschäftsführer der Distribution & Marketing GmbH, in der Mateschitz seine Red-Bull-Anteile gebündelt hat.

Die heikle Verbindung nach Thailand

All diese Personalien scheint Dietrich Mateschitz mit Billigung der Mehrheitseigner-Familie Yoovidhya verfügt zu haben. Oder aber, die internen Verträge sind so gestaltet, dass die Thailänder die Manager-Rochaden nicht verhindern oder beeinflussen konnten. Im Ergebnis haben sie überraschenderweise auch künftig keinen direkten Gesandten in dem Milliardenkonzern. Kenner von Red Bull in Österreich reagierten auch auf die Beförderung von Mintzlaff zum obersten Chef überrascht.

Denn über die Yoovidhyas wird schon länger kolportiert, sie hätten nicht viel übrig dafür, dass jährlich Hunderte Millionen Euro in den Sport fliessen; ihre Begeisterung für Formel 1, Fussball, Eishockey und Extremsportarten halte sich in Grenzen. Immer wieder gab es auch Gerüchte über diesbezügliche Unstimmigkeiten mit Mateschitz. Dessen Sohn und Erbe Mark Mateschitz bezeichnete das Verhältnis zu den Yoovidhyas dieser Tage als «freundschaftlich».

In ihrem Heimatland Thailand gilt die Familie, deren Name auch in den Panama Papers auftauchte, als zupackend, mindestens. Sowie als politisch einflussreich und stets bereit, diesen Einfluss auch durchzusetzen. Als Vorayuth Yoovidhya, Sohn von Chalerm Yoovidhya und dessen designierter Haupterbe und Nachfolger (auch bei Red Bull) 2012 mit seinem Luxusauto und hoher Geschwindigkeit einen Polizisten mutmasslich zu Tode fuhr, tauchte er anschliessend im Ausland unter.

Womöglich geschützt von seiner Familie, so ein Verdacht. 2020 liessen die thailändischen Behörden überraschend alle Vorwürfe fallen und stellten das Verfahren gegen ihn ein. Doch das ging nicht gut. Es hagelte wütende, öffentliche Proteste und Boykottaufrufe.

Angeblich wird wieder ermittelt.