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Meinung

Editorial zur Rad-WM
Jetzt ist fertig mit «immer schneller»

28092024; Zuerich; Radsport - UCI and Para-Cycling World Championships Zurich 2024 - Strassenrennen Frauen Elite, Schweigeminute fuer die verstorbene Muriel Furrer beim Start in Uster, Jasmin Liechti (SUI) Linda Zanetti (SUI) Elise Chabbey (SUI) 
(Claudio Thoma/freshfocus)
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Was als Velofest geplant war, ist zu einer tragischen Veranstaltung geworden. Muriel Furrer, 18 Jahre jung, starb nach ihrem Sturz am U-19-Rennen der Weltmeisterschaften, die heute in Zürich ihren Abschluss finden. Die Anteilnahme ist riesig, von überallher kommen Trauerbotschaften und Mitgefühl. Das ist zwar schön und bringt den Hinterbliebenen vielleicht ein wenig Trost, doch dabei darf es nicht bleiben. Zu viel ist in den letzten Jahren passiert, als dass die Funktionäre, und das sind fast nur Männer, zur Tagesordnung übergehen können.

In den letzten Jahren haben sich die schweren Unfälle im Radsport gehäuft. Nicht etwa nur bei den relativ unerfahrenen Juniorinnen oder Junioren, sondern auch bei den erfahrenen Profis. Erst im Juli ist der norwegische Radprofi André Drege während der Österreich-Rundfahrt gestorben. Letztes Jahr starb der Schweizer Gino Mäder an der Tour de Suisse. Beide stürzten, wie Furrer, bei einer Schussfahrt. Zudem kam es zu einer ganzen Reihe von nicht ganz so schweren Unfällen. In Flandern stürzte der erfahrene Wout van Aert schwer, er brach sich das Schlüsselbein und mehrere Rippen. Anfang April landeten während der Baskenland-Rundfahrt die Fahrer vor einer scharfen Kurve reihenweise auf dem Asphalt. Jonas Vingegaard fuhr ungebremst in die Mauer. Er sagte später: «Ich bin froh, dass ich noch am Leben bin.»

«Mittlerweile kannst du sagen, dass pro Jahr ein Fahrer stirbt»

Ursache der Unfälle sind die immer höheren Geschwindigkeiten der Radsport-Profis. An der diesjährigen Tour der France war dies ein grosses Thema. Die deutsche «Zeit» sprach von einem Report einer Krankenhausaufnahme und schrieb im Stakkato-Stil: «Mads Pedersen – Sturz im Endspurt, gebrochenes Schulterblatt, Aufgabe. Alexander Wlassow – in den Strassengraben gestürzt, das Fahrrad in sechs Teile zerbrochen, Fraktur des rechten Fussknöchels, Aufgabe. Primož Roglič – in einen Massensturz verwickelt, Hautabschürfungen, Prellungen, Aufgabe.» Der deutsche Sprinter Pascal Ackermann sagte nach der Tour der France: «Mittlerweile kannst du sagen, dass leider pro Jahr ein Fahrer infolge eines Sturzes stirbt.»

Die Liste liesse sich fast unendlich fortsetzen. Und trotzdem, getan hat sich nicht viel. Dies, obwohl die modernen Rennvelos, Kostenpunkt 15’000 Franken, eigentliche Hochgeschwindigkeitsgeschosse sind. Hinzu kommt, dass mit den hocheffizienten Scheibenbremsen die Versuchung da ist, erst ganz kurz vor dem Hindernis zu bremsen, denn es reicht ja meist gerade noch. So weit, so technisch. Die Wahrheit ist aber auch, dass wie beim Ski- oder beim Autorennen sich das Spektakel umso besser verkauft, je schneller gefahren wird. Das ist dann schon fast zynisch.

Rennen bei strömendem Regen in Zürich

Aber gerade im Skisport wie auch bei der Formel 1 wurde in den letzten Jahren viel getan, um die Gefahr für schwere Unfälle zu vermindern. Bei Abfahrtsrennen, die von der Geschwindigkeit her mit Schussfahrten der Velofahrer durchaus vergleichbar sind, werden an den neuralgischen Stellen, anders als in Küsnacht, die Schaumgummi-Matten nicht erst nach dem Unfall angebracht. Und wenn das Wetter allzu strub ist, dann wird das Rennen abgesagt oder verkürzt. In Zürich wurde bei strömendem Regen und spiegelglatter Fahrbahn gefahren, als wäre der Himmel strahlend blau.

Von der Formel 1 gingen sogar viele Innovationen aus, die die Sicherheit der Autofahrer massiv erhöht haben, etwa der Airbag. Bei den Velofahrern hingegen wurde die Helmpflicht erst eingeführt, als er im Strassenverkehr bereits üblich war. Ein interessanter Vorschlag kommt von Christian Prudhomme, dem Direktor der Tour de France. Er regt an, dass die Industrie statt immer windschlüpfigerer Trikots Velokleidung mit einer Art Airbag erfinden könnte. Das könnte eine Erfindung sein, die nicht nur den Spitzensport sicherer macht, sondern auch das Velofahren der breiten Masse.