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Meinung

Pro und Kontra
Müssen Eltern bei Sammel­aktionen der Detailhändler mitmachen?

Die Playmobil-Mania der Migros bringt das Thema Einkaufen ins Kinderzimmer.
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BotTalk

Nein. Das ist pure Verschwendung.

Nicole Gutschalk

Wir hatten sie alle – die Murmelis, Nano-Figürchen, Tiersticker, Knete, Dominosteine, Tipp-Kick-Figuren, Nachtlampen und Kuschelhasen. Kein Wunder, schliesslich bin ich schon eine ganze Weile im Mom-Business unterwegs. Mit drei Kindern und einem Nesthäkchen kenne ich mich also bestens mit Sammelaktionen aus.

Sie nerven mich seit Tag eins.

Was mich an diesen Aktionen von Migros und Coop stört? So einiges. Über hässliches Design könnte ich vielleicht hinwegsehen. Aber dass nach solchen Sammelaktionen massenweise unnützes Zeug übrig bleibt, das am Ende doch im Müll landet oder im Brockenhaus vergammelt, ist frustrierend. Diese Materialschlacht aus Plastikschrott, zerfledderten Sammelalben und zerschlissenen Kuscheltieren ist vor allem eins: Verschwendung. Und das ist kein Wert, den ich meinen Kindern vermitteln möchte.

Liebe Migros und Coop, glaubt ihr wirklich, dass die Materialschlacht in Kinderzimmern nicht schon gross genug ist? Dass Detailhändler mit billigem Sammelspass ihre Umsätze steigern und die Kundschaft von morgen an sich binden wollen, ist typisch für unsere Konsumgesellschaft – moralisch verwerflich, aber so sind nun mal die Spielregeln. Doch das macht es nicht weniger nervig. Und eine Regulierung solcher kinderorientierten Marketingstrategien ist nicht in Sicht – im Gegenteil, Shopping-Plattformen wie Temu oder Shein machen vor, wie man mit ausgeklügelten Games und Online-Glücksrädern den menschlichen Spieltrieb nutzt, um noch mehr Schrott zu verkaufen.

Und eines noch zum Schluss: Nein, wir gehören nicht zu den Familien, die jeden Franken zweimal umdrehen müssen. Aber was ist mit den Familien, auf die das zutrifft? Die sich zur Monatsmitte überlegen müssen, wie sie ihr Geld aufteilen, um einigermassen abwechslungsreiche Mahlzeiten auf den Tisch zu bekommen. Habt ihr an diese Realitäten gedacht, liebe Migros und Coop? Ist euch bewusst, dass ihr mit solchen Marketingstrategien den Druck auf finanziell schlechter gestellte Familien zusätzlich erhöht?

Ja. Eine Bereicherung für die Kinder

Jorgos Brouzos

Vielleicht habe ich bislang einfach nur Glück gehabt. Bei uns sorgen die Sammelkleber der Detaillisten nicht für Stress. Sind unsere beiden Kinder (5 und 7 Jahre alt) frustriert, wenn wir es nicht schaffen, genügend Kleber für ein bestimmtes Spielzeug zu sammeln? Bislang nicht. Kaufen wir deswegen mehr? Ich glaube, auch nicht. Ich gebe aber zu, wir haben auch schon eine Bestellung mit Waschmittel, Geschirrspültabs und Haushaltspapier so geplant, dass es besonders viele Sticker gab.

Meist ist das aber gar nicht nötig. Zwar zählen die Kassierinnen und Kassierer am Anfang die Märkli noch ganz genau ab, doch gegen Ende der Laufzeit der Aktion werden sie sehr freigiebig. Die Bogen füllen sich dann in Windeseile.

Auch bekommen wir beim Sammeln oft Hilfe. Etwa von einem Kunden, der vor einem an der Kasse steht und die Kleberli weitergibt. Oder wenn das Grosi fragt: Sollen wir für euch sammeln? Klar. Danke!

Muss ich mir Sorgen machen, dass unsere Kinder durch die Sammelaktion an einen Detaillisten gebunden werden? Nein. Ich traue ihnen zu, dass sie selbst irgendwann mündig sind und selber einen Entscheid treffen können, wo sie am liebsten posten gehen.

Ich glaube, es ist noch keines der Spielzeuge im Güsel gelandet. Die Sachen aus den Sammelaktionen erwiesen sich als wertig und gingen nicht kaputt. Im Gegenteil: Die Stofftiere aus der Coop-Sammelreihe «Abenteuer Wildnis» sind auch nach vier Jahren hoch im Kurs. Mit Panda, Orang-Utan, Elefant oder Alpaka spielt nun unser zweites Kind. Das Tipp-Kick-Set der Migros haben wir in der Verwandtschaft weitergegeben.

Bei der aktuellen Playmobil-Aktion der Migros machen wir nicht mit. Der Grund: Die Kinder interessiert es nicht. Auch das gibt es, und zwar recht häufig.

Klar gabs bei uns auch Flops. Mit der Migros-Murmelbahn wurden unsere Kinder nicht richtig warm, und sie fand bislang auch keinen Abnehmer aus der «Zum-Mitnehmen-Kiste» am Strassenrand.

Die Hoffnung habe ich aber noch nicht aufgegeben. Denn auf Ricardo und Co. finden sich auch zur Murmelbahn ein paar Inserate. Vielleicht kommt sie so noch zu einem Kind, das damit spielen will. Und darum gehts ja eigentlich.