Preiserhöhungen bei der Post und im ÖV«Es bleibt eine Preiserhöhung»
Beim ÖV und der Post kommt es zu deutlichen Preiserhöhungen. Diese fallen zwar teils etwas tiefer als geplant aus, die Kritik daran verstummt trotzdem nicht.
Sowohl bei der Post als auch im ÖV steigen unter anderem wegen der höheren Energiekosten die Preise. Bei der Post werden ab 2024 A- und B-Post-Briefe je 10 Rappen teurer, ein A-Post-Standardbrief kostet dann neu also 1.20 Franken. Priority- und Economy-Pakete kosten zudem zukünftig 1.50 Franken mehr. Preisüberwacher Stefan Meierhans hat den Erhöhungen zugestimmt.
Ursprünglich hätten die Aufschläge deutlich höher ausfallen sollen, im Rahmen der Verhandlungen konnten sie nun um rund 70 Millionen reduziert werden. So wollte die Post beispielsweise den Preis für einen A-Post-Standardbrief ursprünglich auf 1.40 Franken erhöhen.
Stärker zur Kasse gebeten werden ab Ende 2023 auch die Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Verkehrs – allerdings weniger stark als ursprünglich geplant. Meierhans und Alliance Swisspass konnten sich zum Beispiel darauf einigen, dass das 2.-Klasse-GA für Erwachsene 3995 statt wie ursprünglich geplant 4080 Franken kosten wird.
Konsumentenschutz übt weiterhin Kritik
Anfänglich hatte neben den generellen Preiserhöhungen vor allem ein Punkt für Kritik gesorgt: dass die Branche Abonnements der 1. Klasse weniger stark als jene der 2. Klasse verteuern wollte. Sie begründete dies damit, die 1. Klasse so attraktiver machen zu wollen und somit die 2. Klasse zu entlasten. Als Kompromiss verpflichtete sie sich nun, 2024 Sparbillette mit einem Rabattumfang von 37 Millionen Franken für die 2. Klasse zu verkaufen.
Die Stiftung für Konsumentenschutz zeigt sich trotzdem wenig glücklich mit der Lösung: «Leider ist unsere scharfe Kritik auf die Ankündigung, die Preise der 1. Klasse weniger stark zu erhöhen, nur beim Generalabonnement für Erwachsene auf Gehör gestossen», sagt Geschäftsleiterin Sarah Stalder.
Auch die angekündigte Erhöhung der Sparbillett-Kontingente sei nur auf den ersten Blick interessant. Denn nur wenige ÖV-Nutzerinnen und -Nutzer seien terminlich flexibel genug, um davon wiederholt profitieren zu können. Mit Blick auf die Preiserhöhungen bei der Post hält Stalder fest, dass der Staatsbetrieb im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz bei den Tarifen für Einzelleistungen für private Haushalte halte.
Unterschiedlich fallen die Reaktionen bei Verkehrspolitikern aus. Nationalrat Christian Wasserfallen (FDP) zeigt Verständnis für die abgeschwächte Preiserhöhung: «Es gilt die Balance zu halten, damit der öffentliche Verkehr attraktiv bleibt.» Dabei dürfe aber nicht vergessen gehen, dass die Kostenwahrheit im öffentlichen Verkehr im Gegensatz zum motorisierten Individualverkehr sehr gering sei.
Anders sieht es Jon Pult (SP): Verkehrspolitisch seien Preiserhöhungen im ÖV immer schlecht, weil sie dem Ziel zuwiderliefen, den Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr zu steigern, sagt der Präsident der nationalrätlichen Verkehrskommission. Die nun angekündigte leichte Korrektur nach unten ändere daran nichts. «Es bleibt eine Preiserhöhung.» Autofahren sei dagegen in den letzten 20 Jahren günstiger geworden.
Preisüberwacher Meierhans spricht von anspruchsvollen Verhandlungen mit der ÖV-Branche. Er freue sich, dass nun wenigstens für die oft «gefangenen» 2.-Klasse-GA-Besitzer die Preiserhöhung tiefer ausfalle und der GA-Preis unter 4000 Franken bleibe – es seien oft Menschen, die aus Berufsgründen auf den Zug angewiesen seien. Auch die Erhöhung der Sparbillette-Kontingente in der 2. Klasse hebt er positiv hervor, da stimme er mit der Stiftung für Konsumentenschutz nicht überein: Leute mit kleinem Portemonnaie würden so wenigstens die Möglichkeit erhalten, vermehrt auch eine Zugfahrt zu machen.
Preisüberwacher will Konkretisierung zu Verfassungsartikel
Generell, so Meierhans, habe er in den Verhandlungen mit der Branche vor allem auf eine ausgewogene Betrachtung bestanden. Denn die Branche habe die frühere Senkung der Trassenpreise, die so noch nicht an die Passagiere weitergeben worden sei, nicht berücksichtigt. Ebenfalls habe er auf die Bundesverfassung verwiesen; darin steht, dass die Kosten des öffentlichen Verkehrs «zu einem angemessenen Teil durch die von den Nutzerinnen und Nutzern bezahlten Preise» getragen werden.
Auf diesen Artikel berief sich auch das Bundesgericht in einem Urteil zur Ablehnung einer Initiative im Kanton Freiburg, die eine ÖV-Benutzung zum Nulltarif vorgesehen hätte. «Das heisst aber umgekehrt für mich auch, dass sich die Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer im Rahmen des Angemessenen bewegen soll. Diese Angemessenheit muss definiert werden. Das ist mein nächster Schritt.», so Meierhans.
Auch im Fall der Post verweist er darauf, dass die Preiserhöhung – in diesem Fall sehr deutlich – tiefer als geplant ausfalle. Bei der Post gilt nun ein Moratorium für zwei Jahre, beim ÖV hingegen könnten schon nächstes Jahr wieder Preiserhöhungen anstehen. Da werde er aber ein ganz genaues Auge drauf haben. «Da gerade staatsnahe Betriebe aus meiner Sicht in der Verantwortung stehen, die Inflation nicht zusätzlich anzutreiben.»
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