LiveNews-Ticker zur Herbstsession+++ Unbekannte stören Abstimmung im Nationalrat +++ Ausschaffungshaft für Minderjährige soll verboten werden
Am Freitagmorgen haben mehrere Personen die Schlussabstimmungen der Herbstsession gestört. Wir berichten laufend zur Session.
Das Wichtigste in Kürze
- Vom 7. bis zum 25. September halten National- und Ständerat im Berner Bundeshaus die Herbstsession ab.
- Trennwände aus Plexiglas sollen die Ratsmitglieder schützen. Das Tragen von Masken wird dringend empfohlen.
- Auf dem Programm stehen unter anderem: Covid-19-Gesetz, neue Corona-Kredite, Kulturbotschaft, Änderung des Arbeitslosengesetzes und die milliardenschwere Armeebotschaft. Die Diskussion über die AHV-Reform wurde verschoben.
Gesetzesbasis für Bildungsaustausch gutgeheissen
Internationale Austauschprogramme für Studierende, Schüler und Berufsleute sollen nicht mehr so stark wie bisher auf die EU fokussiert sein. Der Nationalrat hat als Zweitrat die vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetzesänderungen im Grundsatz gutgeheissen.
Die Regierung will im Gesetz über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung (BIZMB) verankern, dass neben der Assoziierung an internationale Förderprogramme gleichwertig auch Schweizer Programme umgesetzt werden können. Heute ist das eine untergeordnete Möglichkeit.
Der Nationalrat nahm die Vorlage am Mittwoch mit 192 zu 0 Stimmen und ohne Enthaltungen an und folgte im Wesentlichen Bundesrat und Ständerat. Das revidierte Gesetz bildet eine Rechtsgrundlage sowohl für eine Schweizer Teilnahme an internationalen Programmen als auch für die Umsetzung eigener Schweizer Förderprogramme.
Mehr Geld für Bildung und Forschung
Knapp 28 Milliarden Franken will der Bundesrat in den nächsten vier Jahren für Bildung und Forschung bereitstellen. Nachdem bereits der Ständerat Beiträge erhöht hat, hat der Nationalrat noch weiter aufgestockt, hauptsächlich für die Berufsbildung.
Mit elf Finanzbeschlüssen in der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) 2021 bis 2024 beantragt der Bundesrat insgesamt gut 27,9 Milliarden Franken. Das sind zwei Milliarden mehr als in der vierjährigen Periode bis Ende Jahr. Der Bundesrat begründete die Aufstockung unter anderem mit Vorhaben im Zusammenhang mit der Digitalisierung.
Der Ständerat, der die Vorlage als Erstrat behandelte, erhöhte die Summe auf rund 28,1 Milliarden Franken. Am Mittwoch beriet der Nationalrat die Vorlage zu Ende und legte nochmals nach.
Die grosse Kammer übernahm alle Erhöhungen des Ständerates und stockte die Fördermittel um noch einmal 53 Millionen Franken auf. Minderheitsanträge für Kürzungen oder weitere Aufstockungen kamen nicht durch. Die Vorlage geht nun wieder an den Ständerat.
Parlament heisst Kredit für internationale Zusammenarbeit gut
Das Parlament hat den Rahmenkredit für die internationale Zusammenarbeit (IZA) für die nächsten vier Jahre genehmigt. Nach dem Nationalrat ist auch der Ständerat dem Vorschlag des Bundesrats gefolgt und will maximal 11,252 Milliarden Franken ausgeben.
Neben den Finanzen wurde auch der Inhalt der Strategie im Rat diskutiert. Damian Müller (FDP/LU), Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats (APK), sagte, die Strategie der IZA für die nächsten vier Jahre unterscheide sich von früheren Strategien. Neu sei, dass der Bundesrat die Bedürfnisse der Bevölkerung, den Mehrwert der Schweiz und die Interessen der Schweizer Bevölkerung in der Strategie verankert habe. «Diese Grundsätze mit Bezug auf die Schweiz sind zu begrüssen.»
Nur noch 35 statt 46 Länder unterstützt
Ausserdem hat der Bundesrat die Schwerpunktländer neu festgelegt. Der Bundesrat will sich künftig geographisch auf die Regionen Nordafrika, Subsahara, Zentral- und Westasien und die Länder Osteuropas konzentrieren, die nicht in der EU sind. Statt 46 werden neu 35 Staaten unterstützt.
Ebenfalls zu behandeln hatte der Ständerat am Dienstag eine Motion von CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL). Sie verlangte eine Reform der Internationalen Zusammenarbeit. Der Ständerat nahm vier der fünf Forderungen stillschweigend an und folgte damit dem Nationalrat und dem Bundesrat.
Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen
So sollen erstens die geografischen Schwerpunkte grundlegend überdacht werden. Zweitens sollen Langzeitprojekte auf ihre Wirksamkeit untersucht werden. Drittens soll Humanitäre Hilfe verstärkt an die regionalen Aufnahmeländer von Flüchtlingen ausgerichtet werden und zuletzt soll die internationale Zusammenarbeit der Schweiz verstärkt mit privaten Unternehmen zusammenarbeiten.

Ständerat zur Kurzarbeit
Wegen der Corona-Krise sind die Kosten für Kurzarbeitsentschädigungen in die Höhe geschnellt. Um diese zu decken, bewilligte das Parlament im Juni 14,2 Milliarden Franken für die Arbeitslosenversicherung (ALV). Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat die gesetzliche Grundlage für die Zusatzfinanzierung gutgeheissen. Damit wird verhindert, dass die ALV-Beiträge nächstes Jahr erhöht werden müssen. Eine erste Tranche von 6 Milliarden Franken hatte der Bundesrat auf Notrecht abgestützt, ein eigenes Gesetz war dafür nicht nötig.
Covid-Gesetz: Weiterhin Bundeskanzler statt Bundesrat
Bundeskanzler Walter Thurnherr vertritt auch bei der zweiten Beratung des Covid-19-Gesetzes im Nationalrat die Regierung. Das Veto der grossen Kammer von vergangener Woche bleibt folgenlos. Der Nationalrat hatte am vergangenen Donnerstag einen Ordnungsantrag von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) angenommen. Er verlangte, dass bei der weiteren Beratung des Gesetzes ein oder mehrere Mitglieder des Bundesrats anwesend sind.
Der Bundesrat hat vom Antrag Kenntnis genommen, kommt dem Begehren aber nicht nach, wie Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD) bekanntgab. Die Regierung stütze ihren Entscheid auf Artikel 161 des Parlamentsgesetzes. Demnach vertritt der Bundeskanzler die Geschäfte der Bundeskanzlei in den Räten und in den Kommissionen - so auch am Dienstagvormittag beim Covid-19-Gesetz.
Pestizideinsatz und Trinkwasserschutz
Der Ständerat will den Einsatz von Pestiziden für den Pflanzenschutz vermindern, namentlich zum Schutz des Trinkwassers. Er hat dazu einen Gesetzesvorschlag angenommen, mit 36 zu 3 Stimmen und bei 3 Enthaltungen. Hintergrund sind zwei Volksinitiativen.
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Ausgearbeitet hat den Gesetzesentwurf die Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerates. Formell ist dieser zwar kein direkter Gegenvorschlag zur Trinkwasser-Initiative und zur Pestizidverbots-Initiative, die der Ständerat am Montag ebenfalls auf der Traktandenliste hat.
Die WAK wollte mit ihren Vorschlägen aber die Kernanliegen der beiden Volksbegehren erfüllen und erhielt nun weitgehend die Zustimmung des Ständerates. Der Gesetzesvorschlag geht nun an den Nationalrat, der über die Initiativen bereits entschieden hat.
Umstritten war der Vorschlag, den Eintrag von Stickstoff und Phosphor aus der Landwirtschaft zu reduzieren, bis 2025 um 10 Prozent und bis 2030 um 20 Prozent. Referenzwert ist das Mittel der Jahre 2014 bis 2016. Beat Rieder (CVP/VS) sprach von einem «Schnellschuss» und wollte den Passus streichen, unterlag aber.
Stärkerer Gewässerschutz
Auch den Gewässerschutz will die WAK verstärken und das Gewässerschutzgesetz ergänzen. Die Zulassung eines Pestizides soll überprüft werden, wenn in Gewässern, die der Trinkwassernutzung dienen, sowie in Flüssen und Seen Grenzwerte für Biozide und Pflanzenschutzmittel wiederholt und verbreitet überschritten werden.
Die Mehrheit der WAK und auch der Bundesrat wollten diese Option aufnehmen, zusammen mit der Möglichkeit, Genehmigungen für risikoreiche Wirkstoffe bei zu starker Gefährdung zu widerrufen.
Im Zuströmbereich von Trinkwasserfassungen will der Ständerat nur Pflanzenschutzmittel zulassen, deren Verwendung keine zu hohen Konzentrationen von Wirkstoffen und Abbauprodukten hinterlassen. Einen Minderheitsantrag, diesen Abschnitt zu streichen, lehnte er ab.
Ständerat in Debatte über Covid-19-Gesetz
Der Ständerat hat am Donnerstagnachmittag die Beratungen über das Covid-19-Gesetz fortgesetzt. Zu Beginn der Debatte stand die Frage im Raum, ob das Geschäft geteilt werden solle in einen Teil für Gesundheitsmassnahmen und einen für die Finanzhilfen.
Der Antrag kam von Thomas Minder (parteilos/SH). Aus Sicht der Bevölkerung sei eine Teilung wichtig, weil das Referendum drohe. Bei den Finanzhilfen beispielsweise für den Sport und der Kultur gebe es sehr unterschiedliche Meinungen. Daher wäre es gewinnbringend, wenn das Projekt geteilt würde.
Rechsteiner: «Logik spricht für das Vorgehen des Bundesrats»
Kommissionspräsident Paul Rechsteiner (SP/SG) gab im Namen einer Mehrheit zu bedenken, dass der gemeinsame Nenner des Gesetzes die Dringlichkeit der einzelnen Massnahmen sei und nicht die Inhalte. Die Logik spreche für das Vorgehen des Bundesrats.
Bundeskanzler Walter Thurnherr räumte ein, dass der Bundesrat sich überlegt habe, ob für alle Bereiche ein dringlicher Bundesbeschluss gemacht werden solle. Die Situation sei aber «schon sehr ausserordentlich mit völlig heterogenen Verordnungen». Das Ziel sei es gewesen, alles wieder zu «verordentlichen». Der Ständerat lehnte den Teilungsantrag mit 30 zu 7 Stimmen ab.

Nationalrat entscheidet über Hilfe für öffentlichen Verkehr
Massnahmen von rund 700 Millionen Franken schlägt der Bundesrat in der Corona-Krise für den öffentlichen Verkehr vor. Der Ständerat stockte bereits auf schätzungsweise 900 Millionen Franken auf. Der Nationalrat hat die Debatte am Donnerstagmorgen aufgenommen.
Während des Lockdown im Frühjahr gingen die Passagierzahlen in Zügen, Bussen und Trams um bis zu 80 Prozent zurück. Inzwischen haben sich die Frequenzen wieder etwas erholt, wie es bei SBB und Postauto hiess. Aber noch immer sind die Passagierzahlen je nach Linie und Wetter um 25 bis 40 Prozent tiefer als im Vorjahr.
Aufstockungen beantragt
Der Bundesrat beantragt mit einem dringlichen Gesetz, die Ausfälle mit Massnahmen im Umfang von insgesamt rund 700 Millionen Franken abzufedern, auf Begehren des Parlaments. Wie der Ständerat unterstützt auch die Verkehrskommission (KVF) des Nationalrates die Vorlage grundsätzlich und wie der Ständerat will sie aufstocken.

Der Bundesrat beantragt, die Bahninfrastruktur mit rund 330 Millionen Franken, den regionalen Personenverkehr mit rund 290 Millionen und den Bahn-Güterverkehr mit etwa 70 Millionen Franken zu berücksichtigen. Ausgeklammert hat er den Ortsverkehr, den Personen-Fernverkehr und auch den touristischen Verkehr.
SVP gegen Hilfe für Ortsverkehr
Die Mehrheit der Verkehrskommission (KVF) des Nationalrates will nun aber dem Ortsverkehr ebenfalls unter die Arme greifen. Sie hat den Vorschlag des Ständerates übernommen. Der Bundesrat hatte Hilfen für den Ortsverkehr in die Vernehmlassung geschickt, dann aber gestrichen. Die SVP möchte es ebenso halten und beantragt Verzicht.
Eine rot-grüne Minderheit möchte zudem den Fernverkehr ins Paket nehmen für den Fall, dass die Covid-bedingten Verluste Gewinn und Reserven des Fernverkehrs von 2017 bis 2019 überschreiten. Wie der Ständerat will die Nationalratskommission schliesslich touristische Angebote und den Autoverlad unterstützen.
Nationalrat will Print- und Onlineförderung gemeinsam angehen
Der Nationalrat will die Förderung von klassischen Print- und neuen Onlinemedien gemeinsam angehen. Er hat am Donnerstag eine Teilung der Vorlage, wie es die Kommission forderte, knapp abgelehnt.
Der Entscheid in der grossen Kammer fiel mit 109 zu 84 Stimmen bei einer Enthaltung. Nun muss sich die Fernmeldekommission des Nationalrats erneut mit der Vorlage befassen. Sie hat den Auftrag, das vom Bundesrat unterbreitete und vom Ständerat bereits angenommene Massnahmenpaket zugunsten der Medien integral vorzuberaten.
Durchgesetzt hat sich der Antrag der Kommissionsminderheit mit Stimmen von SP, Grünen, GLP und einer Mehrheit der Mitte-Fraktion. Sie sind der Ansicht, dass sich die Medienförderung stärker an der wachsenden digitalen Mediennutzung ausrichten soll. «Wir zweifeln daran, dass eine Förderung für Onlinemedien auf anderem Weg vorangetrieben wird», sagte Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne/Genf). Vom Strukturwandel in der Branche seien alle Kanäle betroffen, also sollten auch alle Kanäle unterstützt werden.
Verfassungsmässigkeit umstritten
SVP und FDP setzten sich für eine separate Behandlung der Print- und Onlineförderung ein. Sie zweifelten daran, dass die vorgesehene Förderung von Onlinemedien verfassungskonform ist. «Es geht nicht, dass wir Gesetze beschliessen, für die wir keine verfassungsmässige Zuständigkeit haben», sagte Gregor Rutz (SVP/ZH).
Die erstmalige Förderung von Onlinemedien müsse gut überlegt sein, sagte auch Christian Wasserfallen (FDP/BE). Es brauche mehr Anhörungen, alternative Unterstützungsmodelle müssten geprüft werden. Um bei den unumstrittenen Teilen der Vorlage keine Zeit zu verlieren, sei eine Aufschnürung sinnvoll.
Der Nationalrat hat die Totalrevision des CO2-Gesetzes am Donnerstag zum dritten Mal beraten. Eine Zwischenbilanz nach Themenfeldern, was die Räte bisher beschlossen haben:
ZIEL: Das Gesetz soll einen Beitrag dazu leisten, den Anstieg der durchschnittlichen Temperatur auf der Erde deutlich unter 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen.
- INLAND-ANTEIL: Die Schweiz soll bis 2030 die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 halbieren. Dazu sollen mindestens 75 Prozent der Massnahmen im Inland erfolgen.
- GEBÄUDE: Für Altbauten soll ab 2023 ein CO2-Grenzwert gelten, wenn die Heizung ersetzt werden muss. Hausbesitzer können damit nur noch dann eine neue Ölheizung einbauen, wenn das Haus gut isoliert ist. Der Grenzwert von maximal 20 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter Energiebezugsfläche und Jahr soll in Fünfjahresschritten um jeweils fünf Kilogramm reduziert werden. Kantone, welche ihre Energiegesetzrevisionen beim Inkrafttreten des CO2-Gesetzes bereits umgesetzt haben, können die neuen Grenzwerte bis 2026 aufschieben.
- NEUWAGEN: CO2-Zielwerte für den Durchschnitt neuer Fahrzeuge sollen weiter verschärft werden, im Einklang mit der EU. Neu sollen ausserdem nicht nur für Autos, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper Vorgaben erlassen werden, sondern auch für schwere Lastwagen. Importeure müssen zahlen, wenn ihre Neuwagenflotte über den Zielvorgaben liegt.
- BENZINPREIS: Die Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe sollen einen grösseren Teil des CO2-Ausstosses kompensieren müssen – und mehr davon im Inland. Das schlägt sich auf den Benzin- und Dieselpreis nieder. Das Parlament will den Aufschlag aber begrenzen: Bis 2024 soll die Kompensation den Liter Treibstoff um höchstens 10 Rappen verteuern dürfen, ab 2025 um bis zu 12 Rappen.
- BRENNSTOFFE: Der maximale Satz der CO2-Abgabe auf Brennstoffen soll von heute 120 auf bis zu 210 Franken pro Tonne CO2 steigen, wenn die Emissionen aus Brennstoffen nicht genügend zurückgehen.
- ÖFFENTLICHER VERKEHR: Um die ökologische Umstellung des konzessionierten Verkehrs voranzutreiben, hat der Ständerat beschlossen, dass die Rückerstattung der Mineralölsteuer entfällt: ab 2026 für Fahrzeuge im Ortsverkehr und ab 2030 für alle im konzessionierten Verkehr eingesetzten Fahrzeuge. Der Nationalrat will bei der Rückerstattung ab 2030 aber Ausnahmen zulassen, wenn aus topografischen Gründen Busse mit alternativem Antrieb nicht verkehren können. Die Mehreinnahmen, die der Bund nach Wegfall dieser Rückerstattung erzielt, will der Nationalrat einsetzen, um alternative Antriebe zu fördern.
- LUFTFAHRT: Auf Flugtickets soll eine Abgabe von mindestens 30 und höchstens 120 Franken erhoben werden, je nach Klasse und Reisedistanz. Belohnt werden jene, die wenig oder gar nicht fliegen: Gut die Hälfte der Einnahmen soll an die Bevölkerung zurückerstattet werden, die andere Hälfte fliesst in einen neuen Klimafonds, der bisherige Gefässe ersetzt. Auch auf Flügen mit Privatjets soll eine Abgabe erhoben werden; über deren Höhe sind sich die Räte noch nicht einig.
- UNTERNEHMEN: Die CO2-Abgabe soll schrittweise erhöht werden. Unternehmen sollen sich aber von der Abgabe befreien lassen können.
- INDUSTRIE: Wenn Betreiber von Industrieanlagen diese neu errichten oder wesentlich ändern wollen, müssen sie dafür sorgen, dass die verursachten Treibhausgasemissionen so weit begrenzt werden, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Ausgenommen sind grössere Anlagen, deren Betreiber am Emissionshandelssystem teilnehmen.
- KLIMAFONDS: In den Klimafonds sollen ein Drittel des Ertrags aus der
Nationalrat beharrt auf abgestufter CO2-Abgabe für Privatjets
Der Nationalrat bleibt in der letzten Beratungsrunde des CO2-Gesetzes dabei: Für private Flüge soll die CO2-Abgabe nicht pauschal erhoben werden wie es der Ständerat will, sondern abgestuft. Die kleine Kammer ist nun wieder an der Reihe.
Einig sind sich National- und Ständerat zwar darin, dass Passagiere von Linien- und Charterflügen in Zukunft zwischen 30 und 120 Franken extra bezahlen müssen, je nach Reisedistanz und Klasse. Auch für Flüge mit Privatjets wollen beide Räte Abgaben – bezahlt werden sollen diese ab einer höchstzulässigen Startmasse von 5700 Kilogramm.
Schutz für kleine Flugplätze
Umstritten ist aber noch, wie hoch die Abgabe für Privatjets sein soll. Der Nationalrat will bei 500 bis 5000 Franken pro Abflug bleiben, wie er am Donnerstag mit 120 zu 72 Stimmen bekräftigt hat. Im Ständerat hingegen will eine knappe Mehrheit den fixen Betrag von 500 Franken pro Flug im Gesetz verankern.
Der Nationalrat hat dem Ständerat aber eine Brücke gebaut mit dem Vorschlag, dass bei der Abgabe neben Startmasse und Flugdistanz auch die Wettbewerbsfähigkeit der Flugplätze berücksichtigt werden muss. Im Ständerat war argumentiert worden, dass eine Abgabe von bis zu 5000 Franken regionale Flugplätze gefährde.
Bundesrat soll Corona-Gesetz selber vertreten
Das Covid-19-Gesetz ist die wohl umstrittenste Vorlage der Herbstession des Parlaments. Trotzdem wird sie in den Räten nicht vom Bundesrat, sondern von Bundeskanzler Walter Thurnherr vertreten. Nun erhebt der Nationalrat Einspruch.
Er hat am Donnerstag mit 100 zu 89 Stimmen einen Ordnungsantrag von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) angenommen. Aeschi verlangt, dass bei der weiteren Beratung des Gesetzes ein oder mehrere Mitglieder des Bundesrats anwesend sind. Das sei keine Kritik am Bundeskanzler, sondern eine institutionelle Frage, sagte Aeschi. Schliesslich gehe es um ein sehr wichtiges Geschäft.
Wenn das Parlament das definitiv entscheide, werde der Bundesrat dem Wunsch nachkommen, sagte Bundesratssprecher André Simonazzi auf Anfrage von Keystone-SDA. Die Regierung würde ein Mitglied bestimmen, das das Geschäft im Parlament vertrete.
Allerdings gibt es dazu im Moment noch zahlreiche offene Fragen. Insbesondere ist unklar, ob das betreffende Mitglied des Bundesrats das Geschäft dann auch im Ständerat vertreten würde. Ein entsprechender Antrag wurde in der kleinen Kammer nicht gestellt. Die Rechtslage wird derzeit von den Parlamentsdiensten geklärt.
Nationalrat nimmt Diskussionen um Medienförderung auf
Am Donnerstag debattiert der Nationalrat über die künftige Medienförderung. Grundsätzlichen Widerstand gibt es nur von der SVP. Gefährdet wird die Vorlage aber durch den Vorschlag der vorberatenden Kommission, die Print- und Onlineförderung separat zu behandeln.
Die Fernmeldekommission des Nationalrats beantragt, die Förderung digitaler Medien auf die lange Bank zu schieben. Stimmt die grosse Kammer diesem Vorgehen zu, steht das gesamte Medienförderungspaket auf der Kippe. Neben der SVP, die eine staatliche Unterstützung der «vierten Gewalt» aus grundsätzlichen Überlegungen ablehnt, drohen auch die linken Vertreterinnen und Vertreter mit einem Nein in der Gesamtabstimmung.
So weit soll es aber nicht kommen. Eine von Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne/Genf) angeführte Kommissionsminderheit will die Vorlage an die Kommission zurückweisen – mit dem Auftrag, den vom Bundesrat unterbreiteten und vom Ständerat bereits angenommenen Entwurf integral, also ohne Teilung, vorzuberaten.
Drei-Säulen-Modell
Der Bundesrat hat das Massnahmenpaket zugunsten der Medien bereits vor der Corona-Krise geschnürt. Dieses besteht aus drei Säulen. Erstens wird eine Postgesetzrevision beantragt, über welche die bereits bestehende indirekte Presseförderung erweitert werden soll. Hiermit soll die gedruckte Presse umfassender unterstützt werden, und es sollen mehr Titel von ermässigten Zustelltarifen der Post profitieren.
Dafür ist eine Erhöhung der Förderung um 20 auf neu 50 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen. Der Ständerat und die vorberatende Nationalratskommission wollen auch eine Förderung der Frühzustellung von Zeitungen und damit auch der Sonntagspresse ins Massnahmenpaket aufnehmen. Das kostete den Bund zusätzliche 40 Millionen Franken pro Jahr. Die Verbands- und Mitgliederpresse soll neu jährlich 30 statt 20 Millionen Franken erhalten.
Hilfe für «vergessene Branchen»
Der Nationalrat möchte die wirtschaftlichen Massnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise ausweiten. Im neuen Covid-Gesetz sieht er Finanzhilfen für Unternehmen der Event- und der Reisebranche vor. Auch Kulturschaffende und Sportvereine sollen einfacher an Geld kommen.
Lorenz Hess (BDP/BE) sprach im Namen der Mitte-Fraktion von «Nuller-Branchen», denen geholfen werden soll – also Branchen, in denen die Umsätze aufgrund der Corona-Massnahmen ganz weggebrochen sind. Albert Rösti (SVP/BE) erwähnte die Schausteller. Diesen sei die Grundlage zur Ausübung ihres Berufs in den vergangenen Monaten entzogen worden.

Der Nationalrat hat deshalb einen neuen Artikel im Covid-19-Gesetz verankert, der Härtefallmassnahmen für Unternehmen vorsieht. Er nahm am Mittwoch einen Einzelantrag von Nicolo Paganini (CVP/SG) mit 192 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Der Bundesrat hatte in den vergangenen Monaten mehrmals erwähnt, dass er mit den Kantonen nach einer Lösung für Härtefälle suche.
Nach Ansicht der grossen Kammer soll der Bundesrat Unternehmen dann helfen können, wenn diese vor der Corona-Krise wirtschaftlich gesund waren und nicht schon von anderen Branchenlösungen profitieren. Da es um Härtefälle geht, sollen auch À-fonds-perdu-Beiträge möglich sein. Bundeskanzler Walter Thurnherr sagte, dass die Kantone aus Sicht des Bundesrats zur Finanzierung beitragen sollten.
Nationalrat will Corona-Rechte des Bundesrats einschränken
Bevor der Bundesrat neue Corona-Massnahmen erlässt, soll er nicht nur die Kantone, sondern auch die Sozialpartner sowie die Verbände der Gemeinden und Städte in die Arbeiten einbeziehen. Das hat der Nationalrat bei der Beratung des Covid-19-Gesetzes entschieden.
Mit der Vorlage soll das Notrecht soweit nötig im Gesetz verankert werden. Um die Covid-19-Epidemie zu bekämpfen und ihre Folgen zu mildern, soll der Bundesrat bestimmte Massnahmen wenn nötig bis Ende 2021 weiterführen dürfen. Der Nationalrat will die Macht des Bundesrats aber weiter beschränken als dieser es vorsieht.

Durchgesetzt hat sich ein Antrag, wonach die Regierung die Kantone, die Dachverbände der Sozialpartner sowie die Verbände der Gemeinden und Städte künftig bei der Erarbeitung von Massnahmen einbeziehen muss, die ihre Zuständigkeit betreffen. Diesen Entscheid fällte der Nationalrat am Mittwoch mit 150 zu 43 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
«Es kann nicht sein, dass der Bundesrat alles in Eigenregie entscheiden will», sagte Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH). Bundeskanzler Walter Thurnherr versicherte, dass der Bundesrat wenn immer möglich eine breite Konsultation vornehmen werde. Weitere Konsultationspflichten ins Gesetz zu schreiben, sei aber nicht wünschenswert. «Manchmal muss es schnell gehen.»
Breiteres Mitspracherecht gefordert
Die grosse Kammer will grundsätzlich breitere Mitspracherechte. Der Bundesrat soll das Parlament regelmässig, frühzeitig und umfassend über die geplanten Massnahmen informieren und die zuständigen Kommissionen konsultieren. In dringlichen Fällen soll der Bundesrat die Kommissionspräsidentinnen oder -präsidenten informieren.
Wenn der Bundesrat und die Kantone Massnahmen anordnen, sollen sie sich nach Meinung des Nationalrats an zeitlich und regional vergleichbaren Daten orientieren, die auf die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems, erhöhter Sterblichkeit und von schweren Krankheitsverläufen hindeuten.
Abgelehnt hat der Nationalrat Anträge aus den Reihen der SVP, welcher dem Bundesrat nur Massnahmen erlaubt hätten, um die Übersterblichkeit zu bekämpfen und welche die Möglichkeiten von Kantonen übersteigen. Die Mehrheit erachtete die Begrifflichkeit dieser Vorschläge als zu schwammig und nicht zielführend.
Nationalrat startet Detailberatung zum Covid-19-Gesetz
Es kommt zur Abstimmung: Das Parlament beschliesst mit 173 zu 18 Stimmen Eintreten auf das Covid-19-Gesetz. Zwei Anträge auf Nichteintreten beziehungsweise Rückweisung an den Bundesrat scheiterten deutlich. Trotzdem wurde Kritik an der Regierung laut.
Bereits während der Eintretensdebatte wurde deutlich: Der Entwurf des Bundesrats ist umstritten, obwohl die Regierung die Vorlage nach der Vernehmlassung bereits angepasst hat. Kommissionssprecher Philippe Nantermod (FDP/VS) erwähnte die ungewöhnlich hohe Zahl von Rückmeldungen während der Vernehmlassung. Auch seither erhielten die Parlamentsmitglieder praktisch jeden Tag Post von Bürgerinnen und Bürgern – «viele Covid-Leugner» -, die dringlich davor warnten, das Gesetz anzunehmen.
Der Nationalrat sieht es anders. «Das Gesetz ist nicht perfekt, aber notwendig», sagte Nantermod. Kommissionssprecherin Ruth Humbel (CVP/AG) sagte, dass der Bundesrat keine neuen Kompetenzen erhalte. Es gehe darum, notwendige Corona-Massnahmen bis Ende 2021, einzelne bis Ende 2022, weiterzuführen. Das Notrecht laufe kommende Woche aus.
Der Nationalrat nimmt nun die Detailberatung auf.
Auch Grünliberale für Eintreten
Auch die Grünliberalen sehen keine andere Option, als das Covid-19-Gesetz zu verabschieden. Die darin enthaltenen Massnahmen müssten verhältnismässig sein, sagte Sprecher François Pointet (VD). Die Vorlage müsse ein möglichst grosses Mass an Freiheit garantieren.
FDP will keine Carte blanche für den Bundesrat
FDP-Sprecher Andri Silberschmidt (ZH) plädierte im Namen seiner Fraktion für ein «schlankes, zeitlich beschränktes Gesetz». Er wehrte sich gegen Vorwürfe von Gegnern der Vorlage, das Gesetz sei eine Blanko-Vollmacht des Bundesrats. Es gehe eben gerade darum, die Bewältigung der Krise auf verschiedene Schultern zu verteilen.
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Grüne rufen zu Besonnenheit auf
Manuela Weichelt-Piccard (Grüne/ZG) rief stellvertretend für ihre Fraktion zur Besonnenheit auf. Viele Menschen machten sich Sorgen um die Demokratie. Viele wollten weitere Lockerungen. «Es ist wichtig, auch diese Stimmen zu hören.» Zudem gehe es darum, die wirtschaftlichen Folgen der Krise so gering wie möglich zu halten, sagte Léonore Porchet (Grüne/VD). Ihre Fraktion unterstütze deshalb die Ausweitung der Erwerbsersatz- sowie der Kurzarbeitsentschädigungen.
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