Planung des dritten LebensabschnittsWichtige Weichenstellung: Wie will ich im Alter wohnen?
Wer bei der Wahl der Wohnung fürs Alter klug entscheidet, schafft Lebensqualität. Ein Überblick über verschiedene Wohnformen und damit verknüpfte rechtliche sowie finanzielle Fragen.
Eine Aktiengesellschaft klingt nach einer gewinnorientierten Firma, doch beim Projekt Winkelhalden ist das anders: «Wir wollen keinen Gewinn machen», sagt der 73-jährige Initiant Beat Stünzi, der als Mitgründer und langjähriger Verwaltungsratspräsident des Outdoor-Unternehmens Transa unternehmerische Erfahrung gesammelt hat.
Winkelhalden ist eine altersgerecht gebaute Wohnsiedlung für den dritten Lebensabschnitt. Sie befindet sich in Oberrieden, nicht weit vom Zürichsee. Die Bewohnerinnen und Bewohner erwerben Aktienkapital, das ihnen ein Mitspracherecht einräumt.
Obwohl alle in einer eigenen Mietwohnung leben, hat die Gemeinschaft einen hohen Stellenwert: Es gibt gemeinsame Abendessen und Bewohnergruppen, die verschiedene Aufgaben wahrnehmen wie beispielsweise die Organisation kultureller Anlässe oder auch einfach nur ein Treffen unter Singles.
«Hier droht keine soziale Isolation»
Andere Gruppen übernehmen Aufgaben für die Siedlung. Die 62-jährige Bea Bärlocher kümmert sich etwa in der Platzgruppe um den Unterhalt der öffentlichen Plätze. Sie ist glücklich über den Entscheid, gemeinsam mit ihrem Partner in die Siedlung Winkelhalden gezogen zu sein: «Hier droht keine soziale Isolation, wenn im Alter Kontakte zu Bekannten wegfallen und die Kinder nicht immer Zeit haben», sagt sie. Bärlocher zählt zu den jüngeren Bewohnerinnen: Rund ein Drittel ist noch im Erwerbsalter, etwa zwei Drittel haben das ordentliche Rentenalter hinter sich.
Winkelhalden ist ein Beispiel für gemeinschaftlich organisiertes Wohnen im Alter. Schon bei der Auswahl achtet die Organisation darauf, dass Neuzuzügerinnen und -zuzüger zum Konzept passen.
Wie will ich im Alter wohnen?
Doch längst nicht alle Rentnerinnen und Rentner können sich für eine gemeinschaftlich organisierte Siedlung begeistern. Udo Allgaier von Pro Senectute Schweiz, der Fachorganisation für Altersfragen, empfiehlt, sich früh über das Wohnen im dritten Lebensabschnitt Gedanken zu machen: «Denn wie ich im Alter wohnen möchte, ist für die Zeit nach der Pensionierung eine der wichtigsten Fragen.» Und eine frühzeitige Planung ist ratsam, weil eine passende altersgerechte Wohnung oft nicht von einem Tag auf den anderen verfügbar ist.
Für das Leben im Alter gibt es ein vielfältiges Angebot an Wohnformen, die sich grob in drei Kategorien unterteilen lassen.
Die eigene Wohnung behalten
Manche verbringen die Zeit nach der Pensionierung am liebsten in der angestammten Wohnung. Bei einem intakten sozialen Netz in der Nachbarschaft kann das eine gute Lösung sein. So erhält man bei Bedarf in vertrauter Umgebung Unterstützung.
Das Problem: Mit der Zeit können schon kleine Hindernisse zu grösseren Hürden werden. Bauliche Massnahmen wie etwa ein hindernisfreier Zugang zu einer Dusche sind in einer Mietwohnung manchmal schwierig umsetzbar.
Eine Alternative kann eine altersgerechte Wohnung sein. Es sollte neben einem ebenerdigen Zugang zur Dusche weder Stufen noch Schwellen geben. Auch Teppiche sind nicht ideal, da sie Stolperfallen sein können. Bedeutsam ist unter anderem schliesslich die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten und öffentlichem Verkehr.
Ein Stück Privatsphäre bewahren
Die Clusterwohnung ist ein Beispiel für eine Mischform zwischen der privaten Bleibe und dem gemeinschaftlichen Wohnen: In einem grösseren Appartement mit Gemeinschaftsräumen verfügt jede Partei über ein eigenes Schlafzimmer mit kleinem Bad und Kochgelegenheit. Die Bewohnerinnen können einander etwas unterstützen.
Es gibt weitere Mischformen wie das Generationenhaus mit altersgerechten Wohnungen, wo ältere Menschen sich nicht beteiligen müssen, sondern nur zuschauen können, wie Kinder im Gemeinschaftsgarten spielen.
Das Leben mit anderen teilen
Wer sich mehr Partizipation wünscht, kann unter anderem altersgerechte Angebote von Wohngenossenschaften prüfen. Wie in der erwähnten Siedlung Winkelhalden hat das gemeinschaftliche Leben in Wohngenossenschaften meist einen höheren Stellenwert.
Urs Hauser, Direktor des Verbands Wohnbaugenossenschaften Schweiz, nennt als meistgenannten Vorteil in Umfragen die «Wohnsicherheit» in einer Genossenschaft. Damit ist einerseits ein erhöhter Kündigungsschutz für Genossenschafter mit Anteilsscheinen gemeint. Zur Wohnsicherheit zählt andererseits die gegenseitige Unterstützung, zum Beispiels mit Fahrgelegenheiten. Wohngenossenschaften bieten oft Zusatzleistungen wie separate Gästezimmer, Kinderbetreuung, eine Kaffeerunde für ältere Menschen, ein Siedlungsfest und anderes mehr.
Ein wichtiger Punkt ist schliesslich der finanzielle Aspekt: Wohngenossenschaften arbeiten nicht gewinnorientiert, sondern verrechnen mit der Miete in der Regel nur die tatsächlichen Kosten. «Die Mieten sind deshalb im Durchschnitt rund 20 Prozent tiefer», sagt Hauser. Auf der Internetseite des Verbands finden Interessierte eine grössere Auswahl an Angeboten.
Eine Kündigung ist bei Wohngenossenschaften in der Regel jederzeit nach Mietrecht möglich. Anteilsscheine können separat ausbezahlt werden.
Ergänzungsleistungen berücksichtigen
Neben den hier grob drei Kategorien gibt es etliche weitere Wohnformen oder Optionen. Manche entscheiden sich auch für einen Umzug in ein anderes Land, wo sie sich mit der Rente aus der Schweiz eine vergleichsweise gute Betreuung leisten können. Wer diesen Schritt erwägt, sollte prüfen, ob die Gesundheitsversorgung vor Ort und die Leistungen der Krankenversicherung den eigenen Ansprüchen genügen. In dieser Hinsicht erleben Auswanderer immer wieder unangenehme Überraschungen.
Ein weiterer Nachteil im Ausland: Wenn das Geld knapp wird, gibt es keine Ergänzungsleistungen. Je nach Wohnform kann es auch in der Schweiz Probleme mit Ergänzungsleistungen geben. Wer in einer Wohngemeinschaft wohnt, hat in einigen Kantonen nur beschränkten Anspruch auf diese Unterstützung. Laut Udo Allgaier kommt es wegen dieser Kürzungen sogar dazu, dass sich Betroffene die Miete nicht mehr leisten können.
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