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Pensionskassenreform im Nationalrat
Wie die Renten-Ausfälle kompensiert werden sollen

Teilzeitarbeitende, etwa Kassierinnen und Kassier im Detailhandel, sollen künftig in der zweiten Säule besser versichert werden. 
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Der Nationalrat hat am Dienstag mit der Reform der Beruflichen Vorsorge (BVG) begonnen. Die Reform der zweiten Säule ist überfällig, nachdem 2010 und 2017 Versuche in der Volksabstimmung gescheitert sind.

Das Grundproblem

Wegen der gestiegenen Lebenserwartung und der geringen Kapitalrenditen sind die Renten der Pensionierten nicht mehr vollständig finanziert. Jährlich müssen die Erwerbstätigen rund 7 Milliarden Franken an Quersubventionen an Rentnerinnen und Rentner leisten. Deshalb wird mit der Reform der für die Rentenhöhe entscheidende Umwandlungssatz von 6,8 auf 6,0 Prozent gesenkt. Da dies eine durchschnittliche Rentensenkung von 12 Prozent zur Folge hat, sind Kompensationsmassnahmen nötig, über die gestritten wird. Zudem soll ein Mangel der zweiten Säule zumindest teilweise behoben werden: Heute sind Teilzeitangestellte, namentlich Frauen, ungenügend versichert. Die Senkung des Umwandlungssatzes ist als eine der wenigen Massnahmen von rechts bis links unumstritten. Neu werden pro 100’000 Franken Alterskapital jährlich 6000 Franken Rente ausbezahlt, bisher waren es 6800 Franken.

Was die Bürgerlichen vorschlagen

Zur Kompensation der Rentenausfälle liegen mehrere Konzepte vor. Die bürgerliche Mehrheit der vorberatenden Sozialkommission entschied sich für ein Modell, das lediglich Rentnerinnen und Rentnern einen Ausgleich gewährt, die wegen des tieferen Umwandlungssatzes effektiv eine Einbusse erleiden. Das sind jene, deren Pensionskasse nur Leistungen bietet, die dem gesetzlichen Minimum entsprechen oder nur wenig darüberliegen. Das sind 35 bis 40 Prozent der künftigen Rentner. Für die ersten fünf Übergangsjahrgänge soll der Rentenzuschlag maximal 2400 Franken im Jahr betragen, für die zweiten fünf Jahrgänge maximal 1800 Franken pro Jahr und für die dritten fünf Jahrgänge maximal 1200 Franken pro Jahr.

Was die Sozialpartner vorschlagen

Der Bundesrat schickte hingegen einen Kompromiss von Arbeitgeberverband und Gewerkschaften ans Parlament, der für alle künftigen Rentner einen pauschalen monatlichen Zuschlag von maximal 200 Franken vorsieht, finanziert über 0,5 Lohnprozente. Der Sozialpartner-Kompromiss wird nur noch von SP und Grünen unterstützt. Die Linke pocht auf diese Lösung, weil der umlagefinanzierte Rentenzuschlag vor allem Teilzeitbeschäftigten und Frauen zu höheren Renten verhelfe. Die Bürgerlichen lehnen diese «Mini-AHV» ab, da die Zuschläge mit der Giesskanne verteilt würden und der Sozialpartner-Kompromiss mit Kosten von jährlich 1,7 Milliarden Franken zu teuer sei. Die meisten Pensionskassen, die Leistungen über dem gesetzlichen Minimum böten, hätten ihre Hausaufgaben bereits gemacht, so die Bürgerlichen. Die erwähnten Pensionskassen haben den Umwandlungssatz bereits deutlich gesenkt und damit die Umverteilung von Aktiven zu Pensionierten reduziert. Die Bürgerlichen sehen im überobligatorischen Bereich keinen Bedarf für einen Rentenzuschlag, da die Renten das gesetzliche Minimum abdecken.

Was schon entschieden ist: Eintrittsschwelle und Eintrittsalter

Einige Reformpunkte hat der Nationalrat am Dienstag bereits entschieden, die Debatte geht jedoch am Mittwoch weiter. Künftig sind Löhne ab 12’548 Franken im BVG versichert. Diese Eintrittsschwelle liegt künftig deutlich tiefer als heute mit 21’510 Franken. Damit werden auch kleinere Einkommen etwa aus Teilzeitpensen bei einer Pensionskasse versichert. Die Kritik der Linken lautet jedoch, dass damit Kleinstverdiener BVG-Beiträge leisten müssen und dafür später trotzdem nur eine Minirente erhalten. Ausserdem beginnt das Alterssparen bereits mit 20 Jahren, bisher mussten erst ab 25 Pensionskassenbeiträge geleistet werden. Mit der früheren Versicherungspflicht werden mehr Sparbeiträge geleistet und so ein kleiner Teil der Rentenverluste aufgefangen.

Was schon entschieden ist: Beiträge und versicherter Lohn

Ebenfalls schon entschieden wurde über die Höhe des versicherten Lohns. Beiträge müssen künftig auf dem Teil des Jahreslohnes von 12’443 bis 85’320 Franken entrichtet werden. Dieser Teil wird koordinierter Lohn genannt. Dieser lag bisher zwischen 25’095 und 86’040 Franken. Dies bedeutet, dass künftig für alle Erwerbstätigen mit zweiter Säule die versicherte Lohnsumme steigt und damit mehr Geld fürs Alterssparen zusammenkommt. Neu soll es zudem nur noch zwei Beitragssätze geben, die sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Regel je hälftig teilen. Vom 20. bis zum vollendeten 44. Lebensjahr beträgt der Beitrag 9,0 Prozent, ab 45 beträgt der Satz 14 Prozent. Heute gibt es vier nach dem Alter abgestufte Beitragssätze: 7 Prozent (ab 25), 10 Prozent (ab 35), 15 Prozent (ab 45) und für 55- bis 65-Jährige 18 Prozent.

Was noch offen ist

Der Nationalrat wird über die Frage der Rentenkompensation am Mittwoch entscheiden. Die Linke droht bereits mit dem Referendum, sollte die bürgerliche Lösung obsiegen. Allerdings steht auch noch ein Kompromissantrag der Grünliberalen zur Debatte. Versicherte mit einem Altersguthaben bis zu gut einer halben Million Franken sollen einen Rentenzuschlag erhalten, der für die ersten 20 Jahrgänge ausgerichtet und von Jahrgang zu Jahrgang sinken würde. Dieses Modell würde etwa 70 Prozent der Rentnerinnen und Rentner erfassen.