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Überfall auf russisches Grenzgebiet
Partisanen bringen den Krieg nach Russland – was dahintersteckt

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«Die Befreiung der Region Belgorod geht weiter!», schreibt die Legion der Freiheit Russlands auf ihrem Telegram-Kanal. «Die russische Armee hat den patriotischen Freiwilligen nichts entgegenzusetzen.» Bei der Legion der Freiheit Russlands handelt es sich um russische Kämpfer, die auf der Seite der Ukraine stehen und am Montag mehrere Dörfer jenseits der Grenze – also auf russischem Gebiet – angegriffen und teilweise besetzt haben. Dies haben sowohl Kiew als auch Moskau bestätigt.

Der Rest der Aktion ist umstritten. Unbestätigte Videos zeigen Busse, die angeblich Kämpfer über die Grenze aus der Ukraine nach Russland bringen. Die Angreifer sollen zudem mit mindestens einem Panzer und mehreren gepanzerten Fahrzeugen ausgerüstet gewesen sein.  

Belgorod kommt immer wieder unter Beschuss

Laut dem Gouverneur der angegriffenen Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, mussten neun russische Dörfer evakuiert werden, auch die Hauptstadt Belgorod komme immer wieder unter Beschuss. 12 Menschen seien verletzt worden, eine ältere Frau bei der Evakuierung gestorben. Man habe aber noch nicht zu allen Verletzten vordringen können. Russland hat umgehend eine Antiterroraktion gegen die Eindringlinge verkündet, rund 70 Angreifer seien getötet worden. Doch die «Säuberungen», wie der Kreml die Kämpfe nennt, gingen am Dienstag zunächst weiter. Gladkow rief die Menschen eindringlich auf, nicht in ihre Häuser zurückzukehren. Die Lage sei «extrem angespannt». 

Bei der Legion der Freiheit Russlands, die laut eigenen Angaben hinter dem Überfall steckt und in Russland als Terrororganisation gilt, handelt es sich um eine russische Freiwilligentruppe, die an der Seite der ukrainischen Armee gegen ihre Heimat Russland kämpft. Gegründet wurde die Organisation bereits kurz nach Kriegsbeginn. Am Anfang standen laut ukrainischen Angaben rund 100 russische Soldaten, die sich der ukrainischen Seite im Kampf ergaben und dann die Seite gewechselt haben – auch mithilfe des ukrainischen Geheimdiensts. 

«Die Legion kehrt nach Hause zurück», heisst es in einem Bekennervideo, «die Diktatur des Kreml findet bald ein Ende.» 

Doch die Legion der Freiheit Russlands ist von Geheimnissen umrankt. Manche Beobachter hielten sie bisher in erster Linie für eine PR-Aktion Kiews, andere schätzen die Stärke auf bis zu 4000 Mann. Unter ihnen offenbar russische Bürger, die sich freiwillig gemeldet haben, aber auch viele einstige Kriegsgefangene. In ihrem Gründungsmanifest bezeichnen sich die Kämpfer der Legion als «freie Bürger Russlands», die die Verantwortung für sich selber übernähmen und für ein neues Russland kämpften. «Die Legion kehrt nach Hause zurück», heisst es nun in einem Bekennervideo, «die Diktatur des Kreml findet bald ein Ende.» 

In einem Interview behauptet der Anführer der Truppe, ein 50-jähriger Russe aus St. Petersburg mit dem Kampfnamen Caesar, die Menschen aus der Region Belgorod hätten seine Soldaten in einem Brief um eine «Friedensmission» gebeten. Das Ziel sei die Demilitarisierung des Gebiets. «Die Menschen sind müde vom Krieg und wollen Frieden», sagt Caesar. 

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Unterstützt wird die Legion der Freiheit Russland» offenbar vom Russischen Freiwilligenkorps. «Wir sind zurück in der Heimat. Wir sind daheim, die Zeit für den Kampf für die Freiheit Russland ist gekommen», erklärten sie in einem Video. Das Freiwilligenkorps hatte laut eigenen Angaben bereits im März Dörfer in der russischen Region Brjansk überfallen. Ihr Ziel sei es, das putinsche Regime zu verjagen, sagten sie damals, sie seien als «Befreiungsarmee unserer Heimat» gekommen. Der Chef der angeblichen russischen «Befreiungsarmee» soll Denis Kapustin sein, ein Rechtsradikaler, der zu White Rex gehört, einem russischen Neonazinetzwerk. 

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Bei diesem ersten Überfall im März waren sich zunächst auch russische Beobachter nicht einig, ob der Überfall echt oder vom Kreml inszeniert war. Der neue Angriff unter Ägide der Legion der Freiheit Russlands ist jedoch viel umfassender und wirft ein Schlaglicht auf die engen Verbindungen in die Ukraine.

Selenski selber soll laut einem geleakten amerikanischen Geheimdokument vorgeschlagen haben, russische Dörfer in Grenznähe zu besetzen.

Caesar, der Anführer der Angreifer, hatte zuvor an der Seite der ukrainischen Armee in Bachmut gekämpft. In einem Interview mit Radio Swoboda erzählte er im Februar freimütig von den dortigen Kämpfen. Russland habe vorrücken können, aber unter enormen Verlusten, sagte er. Ihm täten die jungen russischen Burschen leid, die nicht begriffen, dass ihr Feind nicht in der Ukraine oder in den USA sitze. «Alle unsere Feinde sitzen im Kreml.» Er beschreibt sich selber als Rechten, der der Zarenzeit nachtrauert. Einen friedlichen Machtwechsel in Moskau könne es nicht mehr geben. «Wir kämpfen auf der Seite des Guten – auf der Seite der Ukraine.» 

«Die Legion kehrt nach Hause zurück»: Die Kämpfer der Legion der Freiheit Russlands wenden sich nach dem Überfall in Belgorod in einem Video an die russische Bevölkerung. 

Kiew weist – wie immer, wenn es um Angriffe hinter der russischen Grenze geht – alle Verantwortung weit von sich. Vermutlich stünden hinter den Attacken «russische Bürger, denen das terroristische Regime ihres Landes zum Hals heraushängt», erklärte ein Sprecher nach den Angriffen in der Region Belgorod.

Allerdings wirken die ukrainischen Beteuerungen, nur Zuschauer zu sein, diesmal hohl, weil Präsident Wolodimir Selenski selber laut einem geleakten amerikanischen Geheimdokument vorgeschlagen haben soll, russische Dörfer in Grenznähe zu besetzen, um bei Verhandlungen ein Faustpfand zu haben gegen Moskau. Selenski hat die Anschuldigungen in einem Interview mit der «Washington Post» zwar als «Fantasie» abgetan, erklärte aber gleichzeitig, die Ukraine habe das Recht, «jeden Trick» gegen Russland anzuwenden. Das Pentagon hat die Echtheit der geleakten Dokumente nicht bestritten.