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Bundesrat über Reaktion der Schweiz
Parmelin verteidigt Zögern bei Übernahme der Russland-Sanktionen

«Ich bin dagegen, dass wir Massnahmen ergreifen, die andernorts zu neuen Problemen führen und die globale Krise weiter verschärfen»: Guy Parmelin an einer Medienkonferenz zum Ukraine-Krieg in Bern.
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Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat das vermeintliche Zögern des Bundesrats bei der Übernahme der EU-Sanktionen wegen des Kriegs in der Ukraine verteidigt. Da viele Rechtsbereiche betroffen waren, hätten hunderte von Seiten in verschiedenen Dossiers analysiert werden müssen.

Er persönlich hätte nicht mit einer derartigen Eskalation gerechnet, sagte der Bundesrat und Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) in der Sendung «Samstagsrundschau» von Radio SRF. Das sei ein Schock gewesen wie 1968 beim Einmarsch der Sowjetunion in der Tschechoslowakei.

Die Landesregierung habe die Sanktionen der EU gegen Russland nach Ausbruch des Kriegs am 24. Februar sorgfältig geprüft. Die Situation habe sich signifikant von jener nach der Annexion der Krim 2014 unterschieden. Zunächst habe es nach einem regionalen Konflikt in der Ostukraine ausgesehen. Dann habe der Bundesrat aber rasch reagiert.

Angst vor Konsequenzen

Viele Unternehmen hätten zudem bereits aus eigenem Antrieb die Sanktionen nachvollzogen, weil sie rechtliche Risiken befürchteten, sagte Parmelin weiter. Finanzdienstleister etwa hätten bei Sanktionsverstössen ihrerseits von den USA sanktioniert werden können.

Über die Höhe der russischen Guthaben, die in der Schweiz nun eingefroren werden, konnte SVP-Bundesrat Parmelin nichts sagen. Dafür sei es zu früh. In der nächsten Zeit sollte das Staatssekretariat für Wirtschaft aber Zahlen vorlegen können.

Dass die Durchsetzung der Sanktionen von der Landesregierung überwacht wird, sei selbstverständlich, sagte Parmelin auf die Forderung des links-grünen Parteispektrums nach einer Task Force für Gelder von kremlnahen Oligarchen. Deren Strukturen würden durchleuchtet.

Sorge um steigende Kosten

Die Aussage von alt Bundesrat und Parteikollege Christoph Blocher, wonach sich die Schweiz durch die Übernahme der Sanktionen im Krieg befinde, wies Parmelin zurück. Die Schweiz sei weiterhin neutral und ihre guten Dienste stünden zur Verfügung, sobald und soweit beide Konfliktparteien sie wünschten. Den richtigen Augenblick für diplomatische Vorstösse zu erkennen, sei schwierig.

Mit Sorge beobachtet der Wirtschaftsminister die kriegsbedingt eintretende Verzögerung bei Investitionen. Zudem würden die Kosten steigen. In der kommenden Woche werde das Seco seine Konjunkturprognose aufgrund verschiedener Szenarien überarbeiten.

Warnung vor globalen Folgen im Rohstoffhandel

Parmelin hat in einem anderen Interview vor globalen Folgen bei Sanktionen im Rohstoffhandel gegen Russland gewarnt. «Ich bin dagegen, dass wir Massnahmen ergreifen, die andernorts zu neuen Problemen führen und die globale Krise weiter verschärfen», sagte er der «Schweiz am Wochenende». Ergreife die EU solche Massnahmen, müsse der Bundesrat das sorgfältig analysieren und auch globale Nebenwirkungen einbeziehen.

«Denn es geht hier nicht nur um Öl und Gas, es geht auch um Nahrungsmittel», erklärte Parmelin. Länder wie Jordanien, Tunesien und Ägypten würden 50 bis 90 Prozent ihres Bedarfs an Getreide aus der Ukraine oder Russland beziehen. «Sind wegen eines Embargos die Schiffe blockiert, sind viele Länder im Nahen Osten von Hunger und einer Destabilisierung bedroht.»

Falls die EU entscheiden sollte, dass die Mitgliedsstaaten einen gewissen Prozentsatz von knappen Gütern aus ihren Reserven für Drittstaaten reservieren, könne die Schweiz prüfen, sich anzuschliessen, sagte der SVP-Politiker Parmelin weiter.

Ukrainische Ernte wichtig

Der Wirtschaftsminister forderte einen möglichst raschen Waffenstillstand in der Ukraine. «Nicht nur wegen der Kriegsopfer. Sondern auch, weil wir sonst Gefahr laufen, dass die Saat in der Ukraine nicht rechtzeitig ausgebracht werden kann. Ein Ernteausfall in diesem Jahr hätte schwerwiegende Folgen für die weltweite Getreideversorgung.»

Der Schweiz kommt im russischen Rohstoffhandel eine wichtige Rolle zu. Ungefähr achtzig Prozent des Rohstoffhandels Russlands erfolgen laut Angaben der Schweizer Botschaft in Moskau über die Schweiz. Über den Rohstoffhandel, namentlich von Öl und Gas, fliessen jeden Tag Millionengelder dem russischen Staat zu.

SDA/ij