Ticker zur HerbstsessionLinke und Rechte verhindern gemeinsam Änderungen bei Sanktionen | Ergänzter Titel des Klimaschutzgesetzes sorgt bei der SVP für Ärger
In Bern endete am Freitag die Herbstsession von National- und Ständerat. Wir berichteten laufend.
Linke und SVP verhindern gemeinsam Änderungen bei Sanktionen
Das Schweizer Sanktionsrecht wird nicht geändert. Nachdem das Parlament eigenständige Sanktionen und damit einen Paradigmenwechsel abgelehnt hatte, verwarf der Nationalrat die übriggebliebenen geringfügigen Änderungen am Freitag in der Schlussabstimmung.
Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 118 zu 70 Stimmen bei fünf Enthaltungen. Nein stimmten sowohl SP und Grüne als auch die SVP. Der Ständerat stimmte der Vorlage ohne Gegenstimme zu. Mit dem Nein des Nationalrats ist das Gesetz vom Tisch.
Bei der Beratung des Geschäfts hatte die Frage eines Paradigmenwechsels in der Schweizer Sanktionspolitik für heftige Diskussionen gesorgt. Der Nationalrat wollte ursprünglich, dass der Bundesrat gegen Personen und Entitäten, etwa Unternehmen, die an schwerwiegenden Verletzungen des humanitären Völkerrechts oder der Menschenrechte beteiligt sind, eigenständige Sanktionen verhängen kann.
Der Ständerat lehnte eine solche Bestimmung ab. Erst am Donnerstag war die grosse Kammer auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt – gegen den Willen der Ratslinken.
Vertreter der SVP ihrerseits hatten während der Herbstsession mehrfach ihre Kritik an der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland bekräftigt. Sie forderten eine Rückkehr zur integralen Neutralität und stellten die Wirksamkeit von Sanktionen grundsätzlich infrage.
Ergänzter Titel des Klimaschutzgesetzes sorgt bei der SVP für Ärger
Der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, der den gesetzlichen Weg zum Netto-Null-Ziel 2050 vorgibt, hat einen neuen Titel. Die SVP, die das Referendum gegen die Vorlage ergreifen will, ist darüber erzürnt.
Vor den Schlussabstimmungen in National- und Ständerat prüft die Redaktionskommission jeweils, ob der Titel einer Vorlage den Inhalt korrekt wiedergibt. Weil das Parlament Änderungen am Gesetz vorgenommen hat, ergänzte die Redaktionskommission beim indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative den Titel. «Im Titel muss ersichtlich sein, was geändert wurde», gab Marco Romano (Mitte/TI) namens der Redaktionskommission zu bedenken.
Aus dem «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz» wurde das «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit». Dieser Titel wird auch auf dem Abstimmungszettel stehen, falls die SVP genügend Unterschriften gegen die Vorlage zusammenbringt, wovon auszugehen ist.
Der Oberwalliser SVP-Nationalrat Michael Graber, der den Kampf der SVP gegen das Klimaschutzgesetz anführt, erzürnte sich über das Vorgehen der Redaktionskommission. Diese hätte ihre Kompetenzen «massiv überschritten» und die Abstimmungsfrage «verfälscht», kritisierte er. Die Änderung des Titels sei «einer Demokratie nicht würdig».
Der Antrag, das Geschäft zur Überarbeitung des Titels an die Redaktionskommission zurückzuweisen, scheiterte mit 143 zu 50 Stimmen. Nur die SVP war dafür.
Nationalrat stimmt für Notfallgebühr für Bagatellfälle im Spital
Der Nationalrat hält an einer Notfallgebühr für Bagatellfälle im Spitalnotfall fest. Er hat es am Freitag mit 114 zu 71 Stimmen bei 6 Enthaltungen abgelehnt, eine entsprechende parlamentarische Initiative abzuschreiben. Nun muss noch der Ständerat über die Abschreibung befinden.
Die grosse Kammer sprach sich gegen die knappe Mehrheit der vorberatenden Kommission aus, die die Idee abschreiben wollte. Sie sei nach Anhörungen der involvierten Kreise zum Schluss gekommen, dass die Einführung einer Bagatellgebühr schwierige Abgrenzungsprobleme mit sich bringen würde.
Zudem befürchte sie einen hohen administrativen Aufwand sowie eine Vergrösserung der bereits vergleichsweise hohe Kostenbeteiligung der Patientinnen und Patienten, sagte Kommissionssprecherin Flavia Wasserfallen (SP/BE).
Es brauche vielmehr Verbesserungen in der vorgelagerten Grundversorgung. Diese sei insbesondere wegen des Hausärztemangels ungenügend. Der zu erwartende Nutzen einer Notfallgebühr sei tiefer als ursprünglich erwartet und rechtfertige die negativen Konsequenzen nicht, so Wasserfallen.
Letztlich setzte sich die Kommissionsminderheit aber überraschend deutlich durch. Deren Sprecher Jörg Mäder (GLP/ZH) bezeichnete die Gebühr als einen von vielen kleinen notwendigen Mosaiksteinen, um die teilweise chronisch überlasteten Spitalnotfälle zu entlasten. Sie sei ein wichtiges Element, um die Besucherströme zu lenken. Der Notfall sei die teuerste Eintrittspforte ins Gesundheitssystem, denn er müsse für die echten Notfälle gerüstet sein. Die Idee der Notfallgebühr müsse deshalb weiterverfolgt werden.
In der Initiative ist von einer Gebühr in der Grössenordnung von 50 Franken die Rede. Ausgenommen sein von der Gebühr sollten lediglich «schwerere Fälle» sowie Kinder und Jugendliche. Der Ständerat hatte die Idee im Juni 2021 knapp befürwortet. Nach dem Beschluss des Nationalrates muss nun auch er über die Abschreibung entscheiden.
Nationalrat Reimann ist weiterhin in ärztlicher Obhut
Wegen eines Unwohlseins von Lukas Reimann (SVP/SG) hat der Nationalrat am Donnerstagvormittag seine Sitzung kurz unterbrechen müssen (mehr dazu weiter unten). Am Abend wurde bekannt, dass Reimann weiterhin medizinisch betreut wird.
«Wir wünschen ihm gute Besserung. Was er jetzt braucht, ist Ruhe», teilte Reimanns Partei am Abend auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Ob Reimann am letzten Sessionstag teilnimmt, war zunächst unklar.
Klimaaktivisten rollen im Nationalratssaal ein Banner aus
Sieben Klimaaktivisten haben am Donnerstagnachmittag im Nationalratssaal ein Banner ausgerollt. Als Papierflieger warfen sie zudem einen Brief auf die Parlamentsmitglieder. Sie wurden rasch von den Sicherheitskräften aus dem Saal gebracht.
Auf den Besuchertribünen sitzend entrollten Aktivisten der Bewegung «Debt for Climate» gegen 16.30 Uhr ein Banner mit der Aufschrift «Pay the Debt of the global South», zu Deutsch: «Bezahlt die Schulden des globalen Südens». Die Debatte musste kurzzeitig unterbrochen werden.
Länder im Süden seien am wenigsten für den Emissionsüberschuss verantwortlich, aber am meisten davon betroffen, schrieb die Bewegung in einer Medienmitteilung am Donnerstagabend.
Ausserdem warfen die Aktivisten Papierflieger auf die Nationalratsmitglieder. Darauf gedruckt war laut den Verantwortlichen ein offener Brief ans Parlament. Darin forderten sie die Schweiz auf, am Jahrestreffen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Oktober in den USA, «für die Aufhebung der Schulden des Globalen Südens» zu stimmen.
Ein Sprecher der Parlamentsdienste sprach auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA von sieben beteiligten Personen. Es sei nicht möglich, sämtliche Gepäckstücke von Hand zu kontrollieren. Die Eingangskontrolle sorge dafür, dass keine gefährlichen Gegenstände ins Gebäude gelangen würden. Die Personalien der Aktivisten wurden laut dem Sprecher aufgenommen. Anschliessend seien sie vom Sicherheitspersonal aus dem Gebäude verwiesen worden.
Ständerat beschliesst eine Aufweichung des Wolfsschutzes
Wölfe sollen nicht nur geschossen werden dürfen, wenn sie Schäden angerichtet haben, sondern auch, um künftige Schäden zu verhüten. Der Ständerat hat eine Art Regulierungssaison für Wölfe im Jagdgesetz aufgenommen.
Ausgearbeitet hatte die Vorschläge die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S). Im Zentrum steht die proaktive Regulierung von Wolfsbeständen. Diese soll nicht nur Schäden verhindern, sondern auch, dass Wölfe Menschen gefährden. Der Ständerat hiess die Vorlage am Donnerstag mit 31 zu 6 Stimmen bei 4 Enthaltungen gut.
Bestandesregulierungen beim geschützten Wolf sollen künftig ebenso möglich sein wie beim geschützten Steinbock. Gemäss Antrag der Urek-S sollen Wölfe zwischen 1. September und 31. Dezember reguliert werden dürfen. Wölfe hätten sich inzwischen in der Schweiz angesiedelt, sagte Kommissionssprecher Othmar Reichmuth (Mitte/SZ).
Ständerat setzt erste Marke beim Ausbau der erneuerbaren Energien
Schnellerer Ausbau von Wasserkraft-, Solar- und Windanlagen sowie höhere Effizienzziele: Der Ständerat hat im sogenannten Mantelerlass wichtige energiepolitische Pflöcke eingeschlagen. Wie die Energiewende genau umgesetzt werden soll, bleibt zumindest teilweise offen.
Während viele Entscheide im Bundeshaus in den vergangenen Wochen insbesondere vor dem Hintergrund der drohenden Energie- und Stromknappheit in den kommenden zwei Wintern getroffen wurden, ging es beim Mantelerlass um die mittel- und langfristige Ausrichtung der schweizerischen Energiepolitik. Die Vorlage soll die vom Stimmvolk im Jahr 2017 angenommene Energiestrategie weiterführen.
Fast zwölf Stunden lang – verteilt über zwei Sitzungstage – diskutierte der Ständerat über das Bundesgesetz über die sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Unter dem Eindruck der aktuellen Krisensituation stellte er mit der Vorlage die Weichen für eine raschere Energiewende.
«Ziele sollen am Schluss funktionieren»
Gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag des Bundesrats erhöhte die kleine Kammer die Zielwerte für den Ausbau der Wasserkraft und der anderen erneuerbaren Energien deutlich. Auch der durchschnittliche Energieverbrauch pro Person und Jahr ist gegenüber dem Stand im Jahr 2000 bis zum Jahr 2035 um 43 Prozent und bis zum Jahr 2050 um 53 Prozent zu senken.
Zur Stärkung der Versorgungssicherheit im Winter sollen Massnahmen der Energieeffizienz umgesetzt werden, welche bis spätestens 2035 zu einer Reduktion des Stromverbrauchs um zwei Terawattstunden führen. Zum Vergleich: 2021 wurden in der Schweiz gut 58 Terawattstunden Strom verbraucht. Energieministerin Simonetta Sommaruga bezeichnete die im Gesetz verankerten Marken als «ehrgeizige, gar fantastische Ziele, die am Schluss aber auch funktionieren sollen».
Tatsächlich blieb der Ständerat bei der ersten Beratung der richtungsweisenden Vorlage zurückhaltend, wenn es um konkrete Massnahmen ging. So wurde beispielsweise darüber gestritten, ob die Kantone heute genug zu den Energiesparzielen beitragen.
Nationalrat verlangt Gespräche mit Sozialpartnern zum EU-Dossier
Der Nationalrat will neue Gespräche zwischen dem Bundesrat und den Sozialpartnern zur Europapolitik. Er möchte die Landesregierung beauftragen, eine tragfähige Lösung zum Lohnschutz zu finden. Er hat am Donnerstag als Erstrat eine entsprechende Motion seiner Aussenpolitischen Kommission (APK-N) angenommen.
Lösungen verlangt die Kommissionsmotion auch beim Schutz der Schweizer Sozialwerke. Der Bundesrat soll zudem dem Parlament regelmässig Bericht über den Fortgang der Verhandlungen erstatten. Drittens will der Vorstoss die Landesregierung verpflichten, Schutzklauseln zu Löhnen und Sozialwerken zu prüfen und den Räten vorzulegen.
Mit 104 zu 80 Stimmen bei zwei Enthaltungen hiess die grosse Kammer die Motion gut – gegen den Willen einer Minderheit der APK-N. Der Vorstoss geht an den Ständerat.
Die Kommissionsmehrheit wirft dem Bundesrat in der Begründung der Motion vor, 2018 die sozialpartnerschaftlichen Verpflichtungen im EU-Dossier einseitig aufgekündigt zu haben. Dies sei der Hauptgrund für den späteren Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU gewesen. Ohne innenpolitische Abstützung sei jeder Schritt zu einem guten bilateralen Verhältnis mit der EU illusorisch.
«Ohne festen Boden unter den Füssen kann man nicht aufrecht stehen», sagte Mehrheitssprecher Gerhard Pfister (Mitte/Zug). Darum gelte es, zunächst innenpolitisch einen Konsens zu suchen. Der Bundesrat müsse hier Führungsverantwortung übernehmen.
Die Minderheit stellte sich gegen die Motion. Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) sagte, die Arbeitgeberseite habe bereits viele Konzessionen gemacht. Dagegen bewegten sich die Gewerkschaften nicht. Die Motion verhindere eine Lösung in der Europapolitik. Diese müsse ohne die Gewerkschaften gefunden werden.
Auch der Bundesrat beantragte ein Nein. Die Sozialpartner seien schon systematisch einbezogen worden. Die zuständigen Kommissionen des Parlaments würden informiert und gegebenenfalls konsultiert.
Eine regelmässige Information würde dazu führen, dass die Schweiz ihre Verhandlungsstrategie offenlegen und sich ins eigene Fleisch schneiden würde, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin.
Nationalrat unterbricht Sitzung wegen Unwohlsein von Lukas Reimann
Wegen eines Unwohlseins von Lukas Reimann (SVP/SG) hat der Nationalrat am Donnerstagvormittag seine Sitzung kurz unterbrechen müssen. Auf einem Video von Keystone-SDA war zu sehen, wie Reimann mit einer Ambulanz wegtransportiert wurde.
Kurz nach 10 Uhr unterbrach der Nationalrat seine Debatte zum Embargogesetz. Nachdem Reimann mit Besserungswünschen von Ratspräsidentin Irène Kälin (Grüne/AG) aus dem Saal gebracht worden war, nahm der Rat seine Diskussion wieder auf. Die Parlamentsdienste machten auf Anfrage keine Angaben zum Vorfall.
Auf einem Video der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ist zu sehen, wie Reimann von einem Sanitätsteam im Rollstuhl aus dem Gebäude gebracht und in ein Ambulanzfahrzeug verladen wird. Unter den Ersthelferinnen und Ersthelfern war die Tessiner SP-Ständerätin Marina Carobbio Guscetti. Sie ist Ärztin von Beruf.
Der Nationalrat will keinen «Hörnerfranken»
Bauern erhalten kein Geld, wenn sie ihren Kühen die Hörner belassen. Der Nationalrat ist gegen die Einführung eines «Hörnerfrankens» in der Direktzahlungsverordnung. Als Zweitrat hat er am Donnerstag eine Motion des Solothurner SP-Ständerats Roberto Zanetti abgelehnt.
Mit 92 zu 86 Stimmen bei 13 Enthaltungen folgte die grosse Kammer dem Antrag der Minderheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N). Der Ständerat hatte den Vorstoss im Juni gutgeheissen. Nun ist er vom Tisch.
Über das Thema hatten Volk und Stände bereits Ende November 2018 zu entscheiden. Damals verwarfen die Stimmenden die Hornkuh-Initiative mit 54,7 Prozent Nein-Stimmen. Einzelinitiant Armin Capaul, einem Kleinbauern aus dem Berner Jura, gelang damit immerhin ein Achtungserfolg.
Die Befürworterinnen und Befürworter der Motion Zanettis argumentierten denn auch, das Volksbegehren sei auch darum gescheitert, weil viele das Anliegen als nicht verfassungswürdig erachtet hätten. Dies zeige eine Studie im Nachgang der Abstimmung. Zudem verursache die Enthornung den Tieren Schmerzen und schade dem Tierwohl.
Die Minderheit wandte ein, das Ergebnis der Volksabstimmung könne auch anders interpretiert werden – nämlich dahingehend, dass das Volk keine neuen Subventionen wolle. Kühen die Hörner zu belassen, berge zudem Sicherheitsrisiken für Mensch und Tier. Zudem gebe es heute eine grosse Auswahl an genetisch hornlosen Zuchtstieren.
Auch der Bundesrat war gegen die Motion Zanettis. Es bestehe unter anderem die Gefahr, dass Kühe im Stall vermehrt angebunden würden, argumentierte er. Zudem gelte es das Resultat der Volksabstimmung zu respektieren. Eine grosse Mehrheit der Kantone habe die Hornkuh-Initiative abgelehnt.
Eigenständige Schweizer Sanktionen vom Tisch
Im Schweizer Sanktionenrecht gibt es keinen Paradigmenwechsel. Der Nationalrat ist am Donnerstag auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt. Er verzichtete auf eine Bestimmung, welche die Verhängung eigenständiger Sanktionen erlaubt hätte.
Mit 103 zu 83 Stimmen folgte die grosse Kammer bei der Revision des Embargogesetzes dem Antrag einer knappen Mehrheit ihrer Aussenpolitischen Kommission (APK-N). Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung.
Noch in der Sommersession hatte sich der Nationalrat vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine dafür ausgesprochen, dass die Schweiz Personen und Entitäten, etwa Unternehmen, die an schwerwiegenden Verletzungen des humanitären Völkerrechts oder der Menschenrechte beteiligt sind, eigenständig sanktionieren kann. Die Kompetenz dazu hätte der Bundesrat erhalten.
Der Ständerat sprach sich zweimal gegen eigenständige Sanktionen aus, zuletzt in der zweiten Woche der laufenden Herbstsession.
Mitte ändert ihre Haltung
Als entscheidend erwies sich das Umschwenken der Mitte. Bei der ersten Beratung der Revision des Embargogesetzes in der grossen Kammer hatte die Mitte-Fraktion eigenständige Sanktionen noch mitgetragen, bei der Abstimmung am Donnerstag taten dies nur noch SP, Grüne und Grünliberale.
Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte/BL) bekräftigte zwar die Forderung nach einer eigenständigen Sanktionspolitik und kritisierte die grundsätzlich ablehnende Haltung des Bundesrats. Gestützt auf die Verfassung seien eigenständige Sanktionen schliesslich schon heute möglich. Letztlich gehe es nur eine rechtliche Klärung.
Schneider-Schneiter äusserte aber Verständnis für die rechtsstaatlichen Bedenken, die im Ständerat laut geworden waren. Ihre Fraktion werde der Mehrheit folgen, kündigte sie an. Dies geschehe aber in der Erwartung, dass die Frage in anderem Rahmen vertieft geprüft werde.
Sorge um die Neutralität
Die Gegnerinnen und Gegner einer Neuregelung argumentierten insbesondere, eigenständige Sanktionen wären mit gravierenden Auswirkungen auf die Neutralität verbunden.
Auch der Bundesrat stellte sich gegen einen Paradigmenwechsel. Wirtschaftsminister Guy Parmelin warnte ein weiteres Mal vor reiner Symbolpolitik. Sanktionen, welche die Schweiz alleine ergreifen würde, wären wenig wirksam und hätten Gegenmassnamen zur Folge.
Die Befürworterseite wandte dagegen ein, es gehe nicht um Sanktionen gegen Staaten. Insofern bestehe neutralitätsrechtlich kein Problem.
Personenbezogene Sanktionen seien das beste Mittel, um Verletzungen der Menschenrechte zu ahnden, sagte Fabian Molina (SP/ZH). Denn sie träfen nicht die Bevölkerung, sondern gezielt einen Machtklüngel. Angesichts einer immer anarchischer werdenden Staatenwelt habe die Schweiz ein Interesse an der Durchsetzung völkerrechtlicher Regeln.
Abschaffung des Eigenmietwerts nimmt weitere Zusatzrunde
Der Nationalrat will die Abschaffung des Eigenmietwertes noch nicht beraten und schickt ihn auf eine Zusatzrunde zurück in die Kommission. Das Fuder sei überladen, befand er. Damit sei keine Volksabstimmung zu gewinnen.
Der Rat beschloss am Donnerstag mit 125 zu 68 Stimmen zwar Eintreten auf die Vorlage. Den erfolglosen Nichteintretensantrag hatte die SP gestellt. Den schliesslich mit 114 zu 77 Stimmen bei 2 Enthaltungen vom Rat gutgeheissenen Rückweisungsantrag hatte Markus Ritter (Mitte/SG) im Namen seiner Fraktion eingebracht.
FDP und SVP hätten den Vorschlag der vorberatenden Kommission im Detail beraten wollen. SP, Grüne, Mitte und Grünliberale fanden dies angesichts der Chancenlosigkeit der Vorlage vor dem Volk keine gute Idee.
Über den Weg einer Subkommission will der Nationalrat nun die Kantone besser einbinden, die vehement gegen die geltende Vorlage opponieren. Ritter zeigte sich zuversichtlich, dass so bis in einem Jahr ein besserer Vorschlag auf dem Tisch liege.
Mit ausgewogener Vorlage vor das Volk
Gerade der vergangene Sonntag habe gezeigt, dass es Steuervorlagen vor dem Volk schwer hätten, sagte Ritter. Und beim Eigenmietwert sei die Lösungsfindung besonders anspruchsvoll. Die Vorlage der Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK-N) habe sich zu weit vom ursprünglichen Ziel entfernt.
Wenn der Eigenmietwert abgeschafft werde, dürften nicht gleichzeitig Steuerabzüge für Wohneigentum möglich bleiben. Und für die Kantone seien die Steuerausfälle nicht verkraftbar. «Die Rückweisung ist eine riesige Chance für alle, die den Eigenmietwert abschaffen wollen.»
Cédric Wermuth (SP/AG) sprach bei der Begründung seines Nichteintretensantrags von «der wohl längsten Beerdigung eines Geschäftes». Die Abschaffung des Eigemietwertes wäre eine grosse Ungerechtigkeit. Die finanziellen Ausfälle wären für Bund und Kantone nicht verkraftbar. Die Rede ist von insgesamt 3,8 Milliarden Franken.
Verbesserungen hinzukriegen, ohne gleichzeitig wieder jemanden zu benachteiligen, ist laut Wermuth kaum machbar. Mit dem heutigen System seien dagegen «etwa alle gleich unzufrieden».
Solaroffensive inklusive Grimsel-Paragraf bereinigt
Die Solaroffensive für mehr inländischen Winterstrom hat eine wichtige Hürde genommen. Der Ständerat hat alle Differenzen in der kurzfristig erstellten Vorlage ausgeräumt. Er folgte dabei dem Nationalrat. Das Gesetz soll bereits Ende Woche in Kraft treten.
Der Nationalrat nahm am Montag verschiedene Anpassungen zugunsten der Umwelt vor und sorgte damit – in Zusammenarbeit mit der Verwaltung – für die Verfassungsmässigkeit der Beschlüsse. Die kleine Kammer schloss sich am Dienstag allen Änderungen oppositionslos an.
Das vorgeschlagene Gesetz über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Erstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter ist damit bereit für die Schlussabstimmungen vom Freitag. Vorher soll die Vorlage noch für dringlich erklärt werden, damit sie unmittelbar nach der Verabschiedung in Kraft treten kann.
Projekte im Wallis und auf der Grimsel
Die Solaroffensive soll jahrelang blockierte Projekte in Gang bringen. Den Anstoss zur Vorlage gaben Solar-Grossprojekte in Gondo und in Grengiols im Wallis.
Der Nationalrat ergänzte mit der Erhöhung der Grimsel-Staumauer. Dieser «Grimsel-Paragraf» soll es ermöglichen, das Projekt voranzubringen und dabei die laufenden Bauarbeiten für eine Ersatz-Staumauer auszunützen.
Frauenspezifische Krankheiten sollen breiter erforscht werden
Der Nationalrat will Verbesserungen bei der Förderung von Forschung und Therapie von spezifischen Frauenkrankheiten. Er hat am Dienstag einen Vorstoss seiner vorberatenden Kommission gegen den Willen des Bundesrates mit 133 zu 52 Stimmen angenommen.
Es gebe zahlreiche Krankheiten wie Lipödem, eine schwere Erkrankung des Fettgewebes, Endometriose oder Menstruationsbeschwerden, die ausschliesslich oder grossmehrheitlich Frauen beträfen.
Forschung hinkt bisher hinterher
Die Forschung über Behandlungsmöglichkeiten liege aber im Hintertreffen, schreibt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) in ihrer Begründung des Vorstosses. Es sei deshalb unerlässlich, dass frauenspezifische Krankheiten als solche identifiziert und breiter erforscht würden, am besten über ein Forschungsprogramm des Schweizerischen Nationalfonds (SNF).
Zudem brauche es Guidelines für Diagnose, Indikation und Therapie sowie eine klare Definition für die Qualitätsförderung. Eine Minderheit der Kommission lehnte die Forderung ab, ebenso der Bundesrat.
Motionen der Frauensession als Ursprung
Am Ursprung der Motion stehen zwei überwiesene Petitionen der letzten Frauensession zur Gendermedizin, wie Kommissionsprecherin Ruth Humbel (Mitte/AG) sagte. Über Frauenkrankheiten wisse man viel zu wenig, sie blieben lange unerkannt und verursachten unnötiges Leiden. Oft würden betroffene Frauen mit falscher Diagnose und Behandlung leben.
Die Kommissionsminderheit verkenne die Problematik nicht, führte Andreas Glarner (SVP/AG) aus. Wie der Bundesrat verwies er aber auf die bereits bestehenden Möglichkeiten der Projektförderung des SNF oder von Innosuisse. Es sei falsch, in diesen Zeiten noch weitere Staatsaufgaben zu erfinden. Zudem seien mittlerweile über 60 Prozent der Gynäkologen Frauen.
Interview mit einer Gendermedizinerin
Im Vorfeld der Herbstsession hat diese Zeitung mit der Gendermedizinerin Cathérine Gebhard über das Gesundheitswesen gesprochen, welches sich überwiegend am männlichen Körper orientiert. Das Interview lesen Sie hier.
Instrumente zur Pandemiebekämpfung sollen beibehalten werden
Der Nationalrat will einzelne Bestimmungen im Covid-19-Gesetz verlängern, um falls nötig in einer nächsten Corona-Welle die nötigen Instrumente bei der Hand zu haben. Dass künftig die Kantone die Tests bezahlen sollen, will er aber nicht. Der Nationalrat hiess die Verlängerungen am Dienstag mit 140 zu 47 Stimmen gut. Bei der Verantwortung für die Tests will er aber statt einem Flickenteppich, wie es mehrere Votanten im Rat nannten, weiterhin das vom Bund verantwortete und finanzierte Testregime. Der Ständerat ist nun am Zug, voraussichtlich in der Wintersession.
Bund soll weiterhin für Tests zahlen
Die Verlängerungen sollen für dringlich erklärt am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Der Bundesrat möchte, dass ab kommendem Jahr die Kantone diese Kosten tragen und nicht mehr der Bund, wie seit dem Ausbruch der Pandemie. Vom 1. April 2023 an sollen die Kantone dann allein die Verantwortung für das Testsystem tragen.
Der Nationalrat beschloss, dass der Bund die Testkosten und die Verantwortung für die Tests weiterhin tragen soll. Die Kosten für das Testen wie vom Bundesrat vorgeschlagen gemäss dem Bevölkerungsanteil auf die Kantone zu verteilen, setze falsche Anreize, gab Marcel Dobler (FDP/SG) zu bedenken.
Kantone bei Spitalbetten in der Pflicht
Thomas Aeschi (SVP/ZG) hätte es handhaben wollen wie der Bundesrat, um die Bundesfinanzen zu schonen. Die Minderheit unterlag aber mit 55 gegen 136 Stimmen. Auch Gesundheitsminister Alain Berset wies darauf hin, dass das der ordentlichen Aufgabenteilung entspreche. Der Bund habe den Löwenanteil der von der Pandemie verursachten Kosten getragen.
Bei den Spitalkapazitäten will der Nationalrat die Kantone in verstärkt die Pflicht nehmen. Sie sollen für genügend Reserven für pandemiebedingte Belastungsspitzen sorgen und für die Aufnahme ausserkantonaler Patientinnen und Patienten in einem Spital gegenseitige Finanzierungsvereinbarungen abschliessen müssen.
SVP und Mitte lehnten diese Regulierung ab, unterlagen aber mit 78 gegen 112 Stimmen. Mache der Bund Vorgaben, sei mit finanziellen Forderungen zu rechnen, gab Ruth Humbel (Mitte/AG) zu bedenken. Auch der Bundesrat wollte es so halten. Er zweifelte daran, ob die Kantone die geforderten Vereinbarungen rechtzeitig treffen könnten.
Instrumente gegen Pandemie behalten
Die einzelnen Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie will der Nationalrat beibehalten. Eines davon ist die Ausstellung von Covid-19-Zertifikaten für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete. Gleich halten will es der Nationalrat mit der zurzeit deaktivierten Swiss-Covid-App – die Gesetzesgrundlagen für das Tool stehen im Epidemiengesetz. Die App dient der Nachverfolgung von Kontakten von positiv auf das Virus getesteten Menschen. Einen Minderheitsantrag, die Gesetzesgrundlagen für die App nicht zu verlängern, lehnte er ab.
Beibehalten wollen Bundesrat und Nationalrat auch die Kompetenz für den Bund, die Entwicklung von Covid-19-Arzneimitteln zu fördern. Auch die Bestimmungen zum Schutz von besonders gefährdeten Menschen am Arbeitsplatz will der Nationalrat verlängern.
Verlängert werden sollen schliesslich auch die Bestimmungen für Massnahmen im Ausländer- und Asylbereich und bei Grenzschliessung zur Wahrung der Reisefreiheit von Grenzgängerinnen und Grenzgängern und der Grenzbevölkerung.
Dauer der Verlängerung umstritten
Umstritten war im Nationalrat, wie lange die Bestimmungen aus dem Covid-19-Gesetz verlängert werden sollen. Die Mehrheit will sie wie der Bundesrat bis Mitte 2024 aufrechterhalten, um Hauruckübungen zu verhindern, wenn sich die Lage ändern sollte, wie Lorenz Hess (Mitte/BE) namens der Kommissionsmehrheit sagte.
Die FDP wollte das Gesetz nicht auf Vorrat und für zwei volle Winter verlängern, sondern nur bis zum Sommer 2023, die SVP nur bis Ende März 2023. Diese Minderheitsanträge wurden ebenso abgelehnt wie der Antrag der SVP, auf Dringlichkeit zu verzichten.
Eine Verlängerung hat der Nationalrat auch für die Regelung beschlossen, dass Mitglieder des Nationalrates, die wegen pandemiebedingter Isolation oder Quarantäne nicht an den Debatten teilnehmen können, von zuhause aus abstimmen können. Beantragt hatte dies die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission.
Ständerat bestellt Auslegeordnung zu Atomwaffenverbotsvertrag
Der Ständerat will Antworten zu den Auswirkungen einer Ratifikation des Vertrags über das Verbot von Kernwaffen auf die Schweiz. Er hat am Dienstag ein entsprechendes Postulat des Urner FDP-Ständerats Josef Dittli gutgeheissen.
Die kleine Kammer fällte ihren Entscheid oppositionslos. Der Bundesrat war mit dem Auftrag einverstanden und muss nun einen Bericht vorlegen und das weitere Vorgehen definieren.
Dittli will insbesondere die Frage geklärt haben, wie sich die Ausgangslage durch den Ukraine-Krieg verändert hat. Zudem will er wissen, welche Auswirkungen der Vertrag auf die Sicherheitsarchitektur Europas und das Verhältnis der Schweiz zur Nato hat.
Der Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons, TPNW) trat Anfang 2021 in Kraft. Bisher haben ihn rund 60 Staaten ratifiziert, die Schweiz hat noch nicht unterzeichnet. Die Nato lehnt das Abkommen ab.
Grünes Licht für Axpo-Kredit von vier Milliarden
Der Nationalrat spannt für den in finanzielle Schieflage geratenen Stromkonzern Axpo ein Sicherheitsnetz auf. Als Erstrat hat er am Montagabend einem Nachtragskredit von vier Milliarden Franken zugestimmt. Auch der Ständerat entscheidet noch diese Woche.
Die grosse Kammer hiess den ordentlichen Nachtragskredit für das Budget 2022 mit 137 zu 46 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Die neuen Regelungen zum Rettungsschirm für systemrelevante Stromunternehmen dürften bereits am Samstag in Kraft treten und das derzeit geltende Notrecht ablösen.
Drei Minderheitsanträge der SVP, die die Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe weiter verschärfen wollten, blieben chancenlos. Sie genossen zwar parteiübergreifend da und dort Sympathie, wurden aber mit Hinweis auf das Einwirkungsrecht des Parlaments allesamt abgelehnt. Rahmenbedingungen für die Kreditgewährung hätten ins gleichentags bereinigte Gesetz zum Rettungsschirm gehört, so der Tenor.
Die SVP wollte, dass sich die Eigentümer der Konzerne zu gleichen Teilen am Kredit beteiligen. Weiter verlangte sie eine umfassende Risikoprüfung sowie die Aussetzung des spekulativen Eigenhandels für Konzerne, die von der Bundesgarantie profitierten.
Der Bundesrat und die grosse Mehrheit des Nationalrates wollten mit dem Kredit verhindern, dass die Axpo in Liquiditätsprobleme gerät, die schlimmstenfalls die Energieversorgung der Schweiz gefährden könnten. Die Axpo musste schon mehrere Milliarden Franken als Sicherheit für den Stromhandel einstellen. Mehrere Milliarden könnten noch dazu kommen.
Nationalrat will steuerliche Begünstigung von arbeitenden Rentnern
Der Nationalrat will die freiwillige Erwerbstätigkeit nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters steuerlich begünstigen. Er hat am Montag einen entsprechenden Vorstoss seiner Wirtschaftskommission gegen den Willen des Bundesrates angenommen, mit 96 zu 79 Stimmen. Die Motion geht in den Ständerat.
Mit Steuervorteilen möchte die grosse Kammer den Anreiz steigern, nach der ordentlichen Pensionierung weiter zu arbeiten. Heute fehle ein solcher Anreiz, begründete die Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N) ihren Vorstoss.
Eine Minderheit um Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) lehnte den Vorstoss ab. Er würde dazu führen, dass Menschen, die kurz vor dem 65. Geburtstag für denselben Lohn arbeiteten, mehr Steuern zahlen müssten als über 65-Jährige, sagte sie. Viele Menschen arbeiteten nach der Pensionierung ehrenamtlich.
Ein steuerlicher Anreiz hätte gemäss Mehrheit vier Vorteile: er generiere finanzielle Polster zur Abfederung steigender Betreuungskosten im Alter, er käme Mieterinnen und Mietern zu Gute, er leiste einen wichtigen Beitrag gegen den Fachkräftemangel und entlaste die Sozialwerke und insbesondere die Altersvorsorge.
Postfinance-Privatisierung im Parlament gescheitert
Die Postfinance-Privatisierung ist gescheitert. Nach dem Ständerat ist am Montag auch der Nationalrat nicht auf die Vorlage des Bundesrates eingetreten. Die Räte wollen zuerst insbesondere geklärt haben, wie die Grundversorgung der Post künftig aussehen soll und inwiefern Privatisierungsschritte verfassungsmässig wären.
Der Nationalrat folgte damit seiner einstimmigen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N). Das Nichteintreten auf die beiden Botschaften beschloss er mit 156 Stimmen und 32 Enthaltungen, letztere stammten insbesondere von den Grünen.
Auch für den Nationalrat kommt eine Aufhebung des Hypothekar- und Kreditverbots für die Postfinance sowie eine Teilprivatisierung der Post-Tochter derzeit nicht infrage. Der Ständerat hatte sich bereits in der Sommersession oppositionslos dagegen entschieden.
Die Räte sind sich zwar der Herausforderungen bewusst, mit denen die Postfinance wegen des Tiefzinsumfeldes konfrontiert ist. Zunächst müsse aber diskutiert werden, wie vor dem Hintergrund des Strukturwandels die Zukunft des Service public der Post aussehen solle. Ausserdem erachtet es das Parlament als ordnungspolitisch falsch, der Postfinance die Vergabe von Krediten und Hypotheken zu erlauben, solange sie indirekt im Besitz des Bundes bleibt.
Räte einig über Jugendschutz-Regeln für Filme und Games
Die Räte haben sich bei den neuen Regeln zum Schutz Minderjähriger vor Sex- und Gewaltdarstellungen in Filmen und Games geeinigt. Der Ständerat hat am Montag die letzte verbliebene Differenz zum Nationalrat ausgeräumt.
Mit 23 zu 20 Stimmen schwenkte die kleine Kammer auf die Linie des Nationalrats ein. Damit wird das zuständige Bundesamt im Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele zu Massnahmen zur Förderung der Medienkompetenz verpflichtet.
Ziel der Vorlage ist es, Minderjährige vor Medieninhalten in Filmen und Videospielen zu schützen, die ihre Entwicklung gefährden könnten. Dabei geht es insbesondere um Darstellungen von Gewalt und Sexualität sowie bedrohliche Szenen.
Das Gesetz für Anbieter von Filmen, Videospielen und entsprechenden Internet-Plattformen regelt etwa, wie sie ihre Produkte kennzeichnen müssen und was sie zur Alterskontrolle tun müssen. Heute ist der Jugendschutz weitgehend Sache der Kantone.
Der Bundesrat schlägt eine Co-Regulierung vor. So können die Akteurinnen und Akteure die Detailregulierungen der Film- und Videospielbranchen selber entwickeln. Finden die Branchen keine Lösung, kann der Bundesrat selber Regeln erlassen.
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