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Kaufkraftstärkung im Parlament
Der Ständerat zeigt Herz für die Alten, jedoch nicht für die Ärmeren 

Damit sich ältere Menschen trotz Teuerung Schuhe kaufen können: Eine Frau beim Einkauf in Sursee LU (gestellte Aufnahme). 
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Rentnerinnen und Rentner dürfen sich freuen: Auf den 1. Januar nächsten Jahres erhalten sie den vollen Teuerungsausgleich auf ihre AHV-Renten. Auch die IV-Renten sowie die Ergänzungsleistungen werden entsprechend angepasst. Das hat nach dem Nationalrat am Montagabend auch der Ständerat beschlossen.

Die Teuerung steige jetzt schon stark, die Löhne würden aber nur wenig erhöht, sagte der Solothurner Mitte-Ständerat Pirmin Bischof, der den Ausgleich ebenso wie der St. Galler Sozialdemokrat Paul Rechsteiner gefordert hatte. Den Kaufkraftverlust aber erlitten sie heute: «Sollen wir den Rentnerinnen und Rentnern sagen: Pech gehabt – das wird dann später ausgeglichen?»

Auch wenn die Teuerung höher sei als früher, bestehe «kein Anlass zu legislatorischer Hektik», hielt Andrea Caroni (FDP, Appenzell Ausserrhoden) dagegen. Er warnte vor der Giesskanne und erinnerte daran, dass die Renten bereits auf Anfang vergangenen Jahres erhöht worden seien und es ohnehin auch auf den 1. Januar 2023 wieder würden. Allerdings nach dem sogenannten Mischindex, der zum einen auf der Teuerung und zum andern auf der Lohnentwicklung basiert.

Mehrkosten von bis zu 400 Millionen Franken

Das Bundesamt für Sozialversicherungen geht von Mehrkosten von 200 bis 400 Millionen Franken für die AHV aus. Bei der IV sind es zusätzliche 30 bis 55 Millionen Franken, für die Ergänzungsleistungen gibt es keine Schätzung.

Die Mehrkosten sollen einmalig bleiben, wie die Befürworterinnen und Befürworter beteuerten. Der vorgezogene Teuerungsausgleich werde in einem Jahr kompensiert: Die Rentenerhöhung werde dannzumal tiefer ausfallen, als es mit dem bisherigen System der Fall gewesen wäre. Rechsteiner sprach von einer «einfachen, ausserordentlichen Massnahme», die nichts am Rentensystem ändere.

Wie stark die AHV-Renten auf Anfang 2023 steigen werden, ist noch offen, weil das von der tatsächlichen Entwicklung der Teuerung bis Ende Jahr abhängt. Die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes ging vergangene Woche von einer durchschnittlichen Jahresteuerung von 3 Prozent und einer nominalen Lohnerhöhung von 2 Prozent aus.

Zusätzlicher Zustupf von mindestens 10 bis 20 Franken

Gestützt darauf würde die AHV-Minimalrente für eine Bezügerin ohne Beitragslücke bereits mit dem bestehenden Mischindex-System um rund 20 Franken pro Monat steigen, eine Maximalrente um etwa 40 Franken. Mit den jüngsten Parlamentsbeschlüssen dürften mindestens weitere 10 beziehungsweise 20 Franken dazukommen. Weil die Teuerung aber stärker als von den Expertinnen und Experten erwartet ansteigen dürfte, wird der Zustupf wohl höher ausfallen, wie Bischof auf Anfrage sagte.

Die dazu nötige Gesetzesänderung könne bis Ende Jahr auf dem Dringlichkeitsweg vorgenommen werden, erklärte Sozialminister Alain Berset. Er bekämpfte den Zustupf im Namen des Bundesrats, ohne sich allerdings allzu sehr ins Zeug zu legen. Die beiden Motionen passierten schliesslich mit 24 zu 17 respektive 16 Stimmen bei 2 Enthaltungen recht deutlich.

Preisrechner auf Treibstoffpreise

Vorerst nichts wissen wollte der Ständerat hingegen von einer zusätzlichen Verbilligung der Krankenkassenprämien. Mit 21 zu 19 Stimmen wies er zwei Motionen an die vorberatende Kommission zurück, die prüfen soll, ob es wirklich jenen hilft, die es brauchen. Die Motionen fordern, dass der Bund seinen Beitrag um 30 Prozent erhöht. Die Bundeskasse hätte das rund eine Milliarde Franken gekostet.

Dass ihr dies erspart bleibt, ist einem Ordnungsantrag von Charles Juillard (Mitte, Jura) zu verdanken – wobei einer der beiden Vorstösse von der Mitte-Vertreterin Isabelle Chassot stammte. Diese war mit der Rückweisung einverstanden – im Gegensatz zu Marina Carobbio (SP, Tessin), von der der zweite Vorstoss stammt. Die Sache sei dringlich, appellierte sie an den Rat, der nächste Prämienschock stehe kurz bevor.

Als weitere Massnahme gegen den Kaufkraftverlust beschloss die kleine Kammer, nach österreichischem Vorbild einen Preisrechner auf Treibstoffpreise einzuführen. Das verursache dem Staat keine Mehrausgaben, habe aber eine enorme Wirkung, erklärte Pirmin Bischof, von dem auch diese Motion stammte. In einer einzigen Region gebe es Preisunterschiede von teils über 20 Rappen – zum Schaden der Menschen, die auf das Auto angewiesen seien.

In Österreich werde der Preisrechner seit 2011 angewendet und habe dazu beigetragen, dass die Benzinpreise ein Jahr nach der Einführung um fast 20 Prozent gesunken seien. In der Schweiz hingegen sei es so: «Wenn die Rohölpreise steigen, steigen unverzüglich die Benzinpreise. Wenn die Rohölpreise sinken, dauert es lange, bis auch die Benzinpreise sinken.»