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Showdown der schnellsten Frauen
Nach der Zitterpartie sprintet Kambundji im Regen zum Glück

Mujinga Kambundji of Switzerland reacts after the women's 100m final at the 2024 Paris Summer Olympics in Paris, France, Saturday, August 3, 2024. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)
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Und dann begann es plötzlich zu regnen. In Strömen. Die 70’000 Zuschauerinnen und Zuschauer im vollen Stade de France kümmerte das nicht – auch Mujinga Kambundji nicht. Als es noch trocken war, aber da schon unfassbar laut, hatte sie sich für den Final über 100 m qualifiziert, dieses prestigeträchtige Rennen, diese eine Bahnlänge, die nur den acht schnellsten Frauen der Welt vorbehalten ist.

Jetzt ging es einfach darum, möglichst noch einmal so gut aus den Startblöcken zu kommen wie im Halbfinal, dann zu fliegen, an den anderen dranzubleiben, nicht zu verkrampfen. All das gelang Kambundji, und in 10,99 Sekunden blieb sie bei diesen misslichen Bedingungen sogar unter 11 Sekunden. Sie wurde Sechste und sagte in den ersten Emotionen: «Es war unglaublich, ein so schönes Stadion, und eine solche Stimmung!» Sie sei sehr stolz auf sich.

Und so weit die magische Nacht vor drei Jahren in Tokio weg war, als mit Ajla Del Ponte sogar eine zweite Schweizerin im Endlauf gestanden hatte, so nah war sie auch: In der genau gleichen Zeit war Kambundji damals ebenfalls Sechste geworden. Nur trennten sie jetzt von der Bronzemedaille nur sieben Hundertstel, «ich bin sehr zufrieden mit meinem Rennen, es macht hönne Freud». Es sei damals auch sehr schön gewesen, «aber vor einem solchen Publikum zu laufen, ist natürlich ein grosser Unterschied.»

«Das war schon eine Zitterpartie, aber es hat gereicht»

Ein paar heikle Minuten hatte Kambundji auf dem Weg in dieses grosse Rennen dennoch überstehen müssen. In ihrem Halbfinal war sie in 11,05 Sekunden Dritte geworden, direkt für den Final qualifizierten sich aber nur die ersten Zwei. Und die Schweizerin musste auf den so genannten «Hot seat», den heissen Stuhl für jene zwei, die sich den Startplatz über die Zeit sichern. «Das war schon eine Zitterpartie, aber es hat gereicht.»

Kambundji ist im Juni 32 Jahre alt geworden und war letztlich die Älteste, die das Ziel erreichte. Sie hatte noch einmal geschafft, «was vor 15 Jahren mehr ein Traum als ein Ziel gewesen war», wie sie nachher erlöst analysierte: Ein weiterer Olympiafinal, «das ist nicht selbstverständlich». Das Spezielle an ihrer sehr erfolgreichen Karriere ist ihre Konstanz über mehr als ein Jahrzehnt. Kambundji läuft nun schon an ihren vierten Spielen, von den diesjährigen Finalistinnen haben nur zwei weitere, Marie-Josée Ta Lou-Smith und Daryll Neita, auch im Tokio-Final gestanden.

Anfang Juni war die Bernerin bereit, als es in Rom um die EM-Medaillen ging, und sie über 200 m zum zweiten Mal Europameister wurde. Jetzt war sie erneut bereit, als auf einem höheren Niveau wieder um Final und Medaillen ging. «Es ist mit der Form sehr knapp geworden vor Olympia, aber es hat wieder gereicht», sagte sie und lachte.

Nach einem schwachen Saisonstart passt es plötzlich

Gerade in dieser Saison war dies nicht selbstverständlich. Kambundji konnte lange nicht einschätzen, wo sie stand. Die Hallensaison hatte sie ausgelassen nach den Problemen mit ihrem linken Fuss, einer hartnäckigen Entzündung der Plantarfaszie. Sie wollte ihre Füsse schonen, die sie als «Schwachstelle» bezeichnet – und trotzdem zu ihren Stärken gehören. Um sich schnell in Schwung zu bringen, bestritt sie gleich die ersten beiden Diamond-League-Meetings der Saison – in China. Doch Ende April, Anfang Mai war sie noch immer nicht richtig in die Gänge gekommen. Dafür musste ein grosses Ziel her: die EM.

Und plötzlich passte da zusammen, was vorher schon irgendwo vorhanden gewesen war. Als sie im Halbfinal über 100 m in 11,09 Sekunden gestoppt wurde, war ihr die Zeit wichtiger als der Finalplatz. Das Rennen um die halbe Bahnrunde war ihr ohnehin wichtiger – und plötzlich war alles wieder da. Eine Kurve wie im Lehrbuch, eine Zielgerade, auf der sie flog, als wäre zuvor gar nichts verkorkst gewesen. Der entscheidende Faktor ist ihre Erfahrung, dass sie ihren Körper mittlerweile in- und auswendig kennt. Deshalb mahnte sie dann plötzlich zum Aufbruch: «In gut zwölf Stunden stehe ich wieder auf der Bahn.» Am Sonntagmorgen steht der Vorlauf über 200 m an, dieses Rennen war ihr schon immer lieber.

Julien Alfred, of Saint Lucia, celebrates after winning the gold medal in the women's 100 meters final at the 2024 Summer Olympics, Saturday, Aug. 3, 2024, in Saint-Denis, France. (AP Photo/Ashley Landis)

Olympiasiegerin geworden ist ein neues Gesicht: Julien Alfred aus St. Lucia, die erst letztes Jahr Profi wurde, gewann in 10,72 Sekunden Gold und die erste Olympiamedaille für den Karibikstaat. Bezwungen hat sie dabei die grosse Favoritin und Weltmeisterin Sha’Carri Richardson (USA, 10,87), ihre Teamkollegin Melissa Jefferson gewann Bronze (10,92). Shelly-Ann Fraser-Pryce (37) gab Forfait und Ta Lou-Smith verletzte sich im Final.