Mamablog: Weinen vor KindernOje, jetzt heult Mama (schon) wieder!
Unsere Autorin ist nah ans Wasser gebaut. Sie fragt sich, ob sie ihre Emotionalität der Kinder wegen in den Griff bekommen sollte.

Ich bin eine echte Heulsuse. Mich kann alles zum Weinen bringen, was nicht zum Lachen ist. Oder sogar noch das. Gerade schaue ich mit den Jungs «The Voice Kids». Da kommen mir dauernd die Tränen, zum Beispiel wenn ein süsser Vierjähriger rappt. Kinderfilme sind echte Killer – bei «SING» killt mich die Musik, bei «Bambi» die Geschichte und bei Disneys «Robin Hood» sind es die Erinnerungen. Von traurigen Erwachsenenfilmen will ich gar nicht erst reden.
Ich habe versucht, es in den Griff zu kriegen. Erfolglos.
Ich weine, wenn ich das Baby von Freunden zum ersten Mal sehe, das eigene Kind ins Skilager entlasse oder einem buckligen Mann dabei zusehe, wie er Enten füttert. Natürlich nicht laut und hysterisch, sondern verstohlen und beschämt. Ich habe versucht, es in den Griff zu kriegen. Erfolglos. Weinen ist für mich, wie aufs Klo gehen – wenn es raus muss, muss es raus.
Gratwanderung zwischen Authentizität und Eskalation
Eine Freundin erzählte mir, dass ihre Mutter oft in ihrer Gegenwart weinte und sie es als unangenehm und manipulativ empfand. Das hat mich beschäftigt. Auch meine Kinder sind es gewohnt, dass ich mal flenne. Vor Frust, Wut, Freude, Trauer und Schmerz. Vor Überforderung, Stress, Selbstzweifel, Überwältigung und Erschöpfung. Vor Rührung und Liebe. Wenn ich mich mit Papa streite. Wenn wir uns versöhnen. Wenn es mir an einem Scheisstag die Bialetti verjagt und ich nicht weiss, was schlimmer ist; dass ich keinen Kaffee bekomme oder dass ich drei Stunden die Küche putzen werde. Ich dachte immer, es sei wichtig, dass wir Eltern Emotionen zeigen und Schwäche nicht verstecken. Klar, nicht alle Eltern sind nah am Wasser gebaut. Wir sollen einfach authentisch sein.
Meine Hoffnung ist, dass meine Emotionalität ihnen vielleicht helfen kann, mit der eigenen umzugehen.
Unsere Kinder sind wie ich ausgesprochen leidenschaftlich. Hin und wieder veranstalten wir Gefühlsraketen ein regelrechtes Feuerwerk zu Hause. Aber ich glaube, ich würde es nicht anders haben wollen. Für mich ist es heilend, wenn wir uns nach einem heftigen Streit schluchzend in den Armen liegen. Auch wenn es schmerzt. Meine Hoffnung ist, dass meine Emotionalität ihnen vielleicht helfen kann, mit der eigenen umzugehen. Zugegeben, es ist eine Gratwanderung. Der Weg vom Authentisch-Sein zur Eskalation ist manchmal nicht weit und ich bin überzeugt, dass Eskalation für viele Kinder schlimm ist.
Trotz Rotznase Haltung bewahren
Ich will ihnen in diesem Übungsfeld Sicherheit geben und eine Situation unter Kontrolle behalten können. Erkennen, wann es Zeit ist, mich zurückzuziehen, um sie zu schützen. Sie müssen schliesslich nicht meine Sauerei aufräumen. Vielleicht sollte ich mir eine Heulkammer einrichten. So wie Kinder mit ausserordentlichem Bewegungsdrang ein Gumpizimmer, oder kreative Kinder ein Malatelier bekommen. Dann könnten meine Kinder sagen: «Mama, geh doch eine Weile in die Heulkammer, ich glaube, das würde dir guttun.»
Ich frage mich, wie oft ich den Kindern Unrecht tue mit Sätzen wie «reiss dich mal zusammen» – der lächerlichste aller Eltern-Sätze.
Lange dachte ich, ich müsse meine Tränen in den Griff bekommen, um eine stabile Mutter zu sein. Heute denke ich, dass nicht das Weinen das Problem ist. Meine Haltung ist entscheidend. Wenn ich innerlich einbreche und in die Opferrolle falle, wird die Situation unangenehm. Wenn ich reflektiert bin und Haltung bewahre, kann ich auch mit Rotznase und verweinten Augen Sicherheit ausstrahlen. Darin will ich mich üben.
Ich frage mich, wie oft ich den Kindern Unrecht tue mit Sätzen wie «jetzt hör auf zu heulen» oder «reiss dich mal zusammen» – der lächerlichste aller Eltern-Sätze. Ich bin überzeugt, der geht in jedem Fall rein und wieder raus. Was heisst das überhaupt und wie stellt man es an? Besser wäre, ich würde sie in meine Heulkammer einladen und ihnen zuhören, statt solchen Blödsinn von mir zu geben.
Wie oft weinen Sie, liebe Leserinnen und Leser? Oder gibts bei Ihnen zu Hause so gut wie keine Tränen? Diskutieren Sie mit.
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