Zum Comeback der Gallagher-BrüderOasis, muss das sein?
Das Oasis-Comeback verspricht nichts als Langweile. Aber dennoch müssen wir den beiden Brüdern danken. Unser Autor findet, sie beamen uns in eine glücklichere Zeit zurück.
Vermutlich kein vernunftbegabter Mensch, der je auf einem Konzert der älteren Oasis-Brüder war, kann den Hype der vergangenen Tage um das Britpop-Comeback nachvollziehen.
Vorne auf der Bühne standen zwei gelangweilte Poser, die missmutig ihr Set runterspielten. Nun bebildern die Brüder ihre für nächstes Jahr anstehende Wiederauferstehung vor allem mit Liam und Noel aus der frühen Bandzeit; zwar auch missmutig, das gehört zum Genre, aber immerhin energetisch.
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Diese auch bei jungen Hunden zu bestaunende Energie werden sie nicht abliefern können. An den zwei Brüdern, denen nachgesagt wird, mit dem Comeback vor allem ihr Bankkonto auffüllen zu wollen, ist die Zeit nicht vorbeigegangen. Sie sind noch älter geworden. Oder um es anders zu sagen: Auch die Sportfreunde Stiller galten mal als Punkband. Das ist alles vorbei.
Dennoch müssen wir – paradox – den Oasis-Brüdern im Jahr 2024 für ihre Comeback-Ankündigung danken.
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Das Comeback sorgt für 90s-Flashbacks
Sie öffnete eine Schleuse. Seither schlagen die Algorithmen von Spotify und Co. nicht nur wieder vermehrt Neunziger- bis Mitte-Nuller-Jahre-Playlists vor, und wir können über die Selbstironie der Instagram-Tiktok-Mittvierziger-Daddys schmunzeln. Auch der Gang zum eigenen – nun ja – Plattenschrank ist wieder deutlich attraktiver geworden. All das sorgt für Flashbacks.
Und zwar in einer Zeit, in der Leute wie ich dreimal die Woche tanzen waren, Adidas-Trainingsjacken, Sackos, Nietengürtel und freitagabends auch gern Krawatte trugen – und das Wort «normcore», noch nicht erfunden war, aber die Indiegirls genau so gekleidet waren.
Und was hörten wir nicht alle – und eben seit der Oasis-Auferstehung nun wieder?
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Gestern, zwei Tage danach, lief bei mir das 1998er-Album «Mezzanine» von Massive Attack am Spätnachmittag rauf und runter, der Bristol-Sound, der im Gegensatz zu «Definitely maybe», dem Oasis-Debüt, definitely gegenwärtig klingt. Maybe lohnt sich eher mal ein Besuch eines Konzerts dieser Band, als sich mit irgendwelchen Brit-Boys (Vorgänger der Brat-Girls?), die sich noch mal in ihre Adidas-Sambas pressen, die Attitüden der Macho-Gallaghers anzutun? Dazu passt, Massive Attack überzeugten zuletzt in Montreux.
Irgendwann liefen dann Blur und die Gorillaz. Könnte es vorgekommen sein, dass ich um der guten Indie-Zeit willen eine Bierflasche köpfte? Baumelte nicht irgendwo sogar im Wohnzimmer plötzlich eine Discokugel? War es gar die riesige in Form eines Totenkopfs im Freiburger Fri-Son? Liefen nach diesem Flashback erst die Strokes und dann Bloc Party? Und, sollten wir uns mal wieder Bad-Bonn-Kilbi-Tickets für nächstes Jahr besorgen, anstelle Kinder zu hüten oder zu gärtnern? Und legt DJ Fett in Düdingen echt immer noch auf?
20 Autobahnminuten entfernt im Berner Bierhübeli – das Oasis-Comeback ein einziges Neunziger- bis Mitte-Nullerjahre-Katapult! – fragte mich einmal bei einem Interview fürs Uniradio Adam Green: «Was this really English?» Nach dem nächsten Stroboskopblitz lief plötzlich in der Wohnzimmer-Indie-Disco eine andere Anti-Folk-Platte dieser Tage, die des Urvaters Daniel Johnston. Über die Weirdo-Pop-Ecke führte der Sound weiter in Richtung grosser Frauen ab – Regina Spector, Coco Rosie, Cat Power, um dann im elektronischen Nacht-Set zu landen – Peaches, LCD Soundsystem, Daftpunk.
Um von dem einen Bier auszunüchtern, hörte ich tags darauf den Radiosender, für den es früher zu sterben lohnte, FM4 aus Österreich, aber den ich heute kaum mehr einschalte – und konnte sogar Placebo wieder etwas abgewinnen. Ausserdem erfuhr ich, im Oktober erscheint die neue Pixies-Platte.
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Und so kommen Erinnerungen zurück, die auch das Entscheidende beim Oasis-Comeback-Hype sind. Nicht deren alten Hits erwärmen uns, sondern das Gemeinschaftsgefühl, das sie erzeugen. Klar, es gab auch Mitte der Neunziger- und Nullerjahre einen Wettstreit der Gedanken, aber keinen Kulturkampf, keine Spaltung der Gesellschaft, keine Klimakrise und Kriege in unseren Köpfen. Wir alle – zusammen – waren glücklicher, naiver, befreiter. Wir waren wir.
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