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Neue deutsche Regierung
Nur das Corona-Dossier will niemand

Würde gerne Gesundheitsminister werden, darf aber wohl nicht: Der Arzt, Epidemiologe und SPD- Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach.
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Um alle Ministerien wurde gerangelt und gebuhlt, gekämpft und gestritten. Die Sozialdemokraten wollten alles Soziale, die Grünen alles Grüne, die FDP alles Moderne – nur für das Gesundheitsministerium interessierte sich niemand. In der schwersten Gesundheitskrise seit dem Zweiten Weltkrieg könne man in dem Amt eigentlich nur verlieren, hiess es aus allen Parteien.

Das Ressort war auch früher selten begehrt, ähnlich wie das Verteidigungsministerium gilt es als schwierig bis gefährlich. Hohe Erwartungen kontrastieren mit geringen Möglichkeiten. Starke Lobbygruppen schränken die Handlungsfähigkeit ebenso ein wie der Umstand, dass die Hoheit für die meisten Belange bei den Ländern liegt.

Auch das Beispiel des Noch-Gesundheitsministers Jens Spahn schreckte viele ab: Der ehrgeizige Christdemokrat stieg in der Pandemie erst zum beliebtesten Politiker des Landes auf – und rangiert mittlerweile unter den unbeliebtesten, weil er reflexhaft für jeden Mangel und jedes Versäumnis verantwortlich gemacht wird.

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Die SPD verschmähte das Ressort in den Koalitionsverhandlungen mit dem Hinweis, man könne in ihm kaum etwas gewinnen. In der noch amtierenden Regierung haben die Sozialdemokraten die Corona-Politik ohnehin schon lange der CDU überlassen – um dieser im Wahlkampf dann in Gestalt beliebter Ministerpräsidentinnen wie Manuela Schwesig genüsslich alle Unzulänglichkeiten vorzuwerfen.

Die Grünen konnten sich im Wahlkampf nicht entscheiden, ob sie die vorsichtige Politik Angela Merkels eigentlich noch stützen oder doch lieber Honig aus der Oppositionsrolle saugen. Da interessierten sie sich doch lieber für Umwelt oder Ernährung. Die FDP wiederum verfügt als Kritikerin der meisten Schutzmassnahmen zwar über ein eindeutiges Profil, traute sich aber nicht, dafür auch Verantwortung zu übernehmen. Die Liberalen wissen, dass ihre Position in Deutschland nicht mehrheitsfähig ist. Da griffen sie doch lieber nach dem Justizministerium, aus dem sich trefflich vor Einschränkungen von Freiheitsrechten warnen lässt.

Am Schluss musste die SPD das Gesundheitsministerium notgedrungen selbst übernehmen. Jetzt hat Olaf Scholz, der nächste Kanzler, allerdings ein Problem: Mit Karl Lauterbach weiss er einen der besten Experten für die aktuelle Krise in seinen Reihen – will ihn aber partout nicht zum Minister machen.

Vom Helden zum Buhmann geworden: Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Der 58-jährige Arzt und Epidemiologe, der gefühlt in jeder TV-Debatte zu Corona sitzt, ist im breiten Volk zu so etwas wie dem Gesicht dieser Krise geworden. Niemand, auch Scholz nicht, bestreitet seine Kompetenz, auch in allen weiteren Gesundheitsfragen. Mit seinen unablässigen Warnungen nervt die «Alarmsirene» aber auch viele. In der Partei gilt der Sonderling und Eigenbrötler als unbeliebt, für teamfähig halten ihn auch nicht viele. Weil die Partei das lieber nicht so offen sagen möchte, hört man jetzt gerne, man brauche für das Amt zwingend eine Frau, weil Scholz sonst die versprochene Geschlechterparität im Kabinett nicht einhalten könne.

Eigentlich hätte die SPD auch eine fähige Fachfrau: Bärbel Bas, während der Pandemie gesundheitspolitische Sprecherin der Partei. Allerdings hat Scholz die 53-Jährige vor kurzem gerade zur neuen Präsidentin des Bundestags gemacht, als Nachfolgerin von Wolfgang Schäuble. Daran wird er jetzt lieber nichts mehr ändern wollen.

Neben Lauterbach und Bas sass in der Arbeitsgruppe, die in den Koalitionsverhandlungen die Gesundheitsthemen besprach, noch eine Sozialdemokratin: die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens. Allerdings wird mit Arbeitsminister Hubertus Heil bereits ein Niedersachse im Kabinett sitzen, für eine zweite ist eigentlich kein Platz. Was tun? Scholz sagte am Mittwoch, für eine gute Wahl sei ja noch ein bisschen Zeit. Man werde am Ende bestimmt jemanden finden.