Ministerposten: Wer wird was?Dieses Quartett prägt die neue deutsche Regierung
Olaf Scholz, Christian Lindner, Robert Habeck und Annalena Baerbock sind als Schwergewichte gesetzt.
Mit dem Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP wurde auch die Verteilung der Ministerien in der neuen Regierung bekannt. Die SPD erhält neben dem Bundeskanzler und dem Chef des Kanzleramts sechs weitere Ressorts: Innen-, Verteidigungs-, Gesundheits- und Arbeitsministerium sowie die Ministerien für Bauen und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Grünen bekommen fünf Ministerien: Wirtschaft und Klimaschutz, das Auswärtige Amt, Umwelt und Verbraucherschutz, Familie sowie Ernährung und Landwirtschaft. Die FDP übernimmt die vier Ressorts Finanzen, Justiz, Bildung und Forschung sowie Verkehr und Digitales. Viele Ministerien sind erst den Parteien, aber noch nicht einzelnen Personen zugeteilt. Folgende Schwergewichte der neuen Regierung stehen laut übereinstimmenden Medienberichten aber fest:
Olaf Scholz, Kanzler
Olaf Scholz, 63-jähriger Anwalt aus Hamburg, wird Anfang Dezember als vierter Sozialdemokrat in der Geschichte der Bundesrepublik vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Er folgt auf Willy Brandt (1969 bis 1974), Helmut Schmidt (1974 bis 1982) und Gerhard Schröder (1998 bis 2005). Scholz, der unter seiner Vorgängerin Angela Merkel bereits Arbeitsminister und seit 2018 Finanzminister und Vizekanzler war, wird mit der Ampel im Bund die erste Dreierkoalition seit den 1950er-Jahren anführen.
Im Kanzleramt wird ihm sein ältester und treuester Gefährte Wolfgang Schmidt zur Seite stehen. Der künftige Kanzleramtsminister stammt wie Scholz aus Hamburg und begleitet diesen seit dessen Anfängen als Generalsekretär der SPD als «Büroleiter». Schmidt folgte Scholz auch, als dieser 2011 Erster Bürgermeister von Hamburg wurde. Der 51-jährige Jurist gilt als Spindoktor und Problemlöser, der seinem Chef stets den Rücken freihält. Im Kanzleramt wird er sich verstärkt damit beschäftigen müssen, die gesamten Regierungsgeschäfte im Sinne der Koalition zu koordinieren.
Robert Habeck, Vizekanzler
Die Grünen sind in der Ampelkoalition nach Wähleranteilen die zweitstärkste Partei und stellen deswegen den Vizekanzler, Olaf Scholz’ Stellvertreter also. Dass nicht Annalena Baerbock, die erste Kanzlerkandidatin der Grünen, dieses Amt erhalten würde, wurde bereits kurz nach der Wahl bekannt. Habeck, der im Frühling zugunsten von Baerbock auf seinen eigenen Anspruch als Kanzlerkandidat verzichtet hatte, hatte sich dies für den Fall ausbedungen, dass die Kandidatin die hohen Erwartungen nicht erfüllt.
Habecks herausgehobene Stellung in der neuen Regierung zeigt sich auch darin, dass er ein sogenanntes Superministerium regieren wird: Aus dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium wird ein Ressort gefügt, in dem die Zuständigkeiten für Wirtschaft, Energie und Klimaschutz neu gebündelt werden. Die ökologische Transformation von Industrie und Gesellschaft ist das grüne Hauptanliegen in der neuen Regierung. Der 52-jährige Norddeutsche hatte zwischen 2012 und 2018 in der schleswig-holsteinischen Landesregierung bereits ein ähnliches Amt ausgeübt. Auch in jener Regierung war er Stellvertreter des Ministerpräsidenten.
Christian Lindner, Finanzminister
Inoffiziell wusste man in Berlin seit langem, dass die FDP einer Regierung mit SPD und Grünen nur beitreten würde, wenn ihr Chef Christian Lindner das zentrale Finanzministerium erhalten würde. Eigentlich hätten die Grünen als zweitstärkste Partei den ersten Zugriff darauf gehabt. Lindner, dessen liberalkonservative Partei einem links-grünen Bündnis zur Macht verhilft, setzte seinen Anspruch aber durch.
Das Finanzministerium ist für die FDP entscheidend, weil diese damit jene «finanzpolitische Vernunft» garantieren kann, für die viele sie gewählt haben. Lindner hat bereits angekündigt, nicht mehr neue Schulden aufzunehmen, als die derzeit wegen Corona noch ausgesetzte Schuldenbremse erlaubt. Der Finanzminister hat traditionell grossen Einfluss auf die Geschäfte aller anderen Ressorts, weil viele Vorhaben unter Finanzierungsvorbehalt stehen. Für den 42-jährigen Politologen ist das Amt ein Karrieresprung: Er hat bisher noch nie regiert, nicht einmal in einer Stadt oder Gemeinde.
Annalena Baerbock, Aussenministerin
Einmal war bereits ein grüner Politiker deutscher Aussenminister: Das war Joschka Fischer, als Vizekanzler von Gerhard Schröder. Die 40-jährige Annalena Baerbock wird jedoch die erste Frau in diesem Amt sein. Für die gescheiterte Kanzlerkandidatin wird es gleichzeitig das erste Regierungsamt sein. Aussenpolitik und Völkerrecht waren Schwerpunkte ihres Studiums und ihrer bisherigen politischen Arbeit in Partei und Parlamenten.
Viele erwarten von Baerbock neue Akzente in der deutschen Aussenpolitik. Autokratischen Regimen wie Russland, China, Ungarn oder der Türkei wird sie energischer entgegentreten als ihre sozialdemokratischen Vorgänger Heiko Maas, Sigmar Gabriel oder Frank-Walter Steinmeier. Anders als Angela Merkel dürfte sie liberale Werte und Menschenrechte höher gewichten als handelspolitische Erwägungen.
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