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Meinung

Gastkommentar zur Energieversorgung
Notrecht für die Förderung von einheimischem Strom

Unterhalb der Monte-Rosa-Hütte ob Zermatt soll ein neuer Speichersee entstehen. Naturschützer bekämpfen das Projekt.
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Der Krieg zeigt uns, wie rasant die Abhängigkeit von fossilen Energien zu einem Klumpenrisiko wird. Die Schweiz hat den Wandel in den letzten 15 Jahren schlechthin verschlafen und die Solar- und Windkraft sträflich zu langsam ausgebaut. Dafür zahlen wir jetzt den Preis. Dabei sind beide Technologien schon seit über 10 Jahren wirtschaftlich und technisch ausgereift.

Stromgewinnung aus der Sonne birgt ein grosses Potenzial in sich. Nicht nur an Gebäuden und Infrastrukturen, sondern auch in grossen Freiflächenanlagen mit bifazialen Panels, wie sie etwa im Oberwallis geplant sind. Ein beachtlicher Anteil des Stroms fällt da auch im Winter an. 

Windkraftanlagen liefern gar zwei Drittel ihrer Produktion im Winter, wenn die Winde stärker wehen. Also dann, wenn unser Bedarf aufgrund des Heizbedarfs am höchsten ist. Die niederschlagsarmen Winter füllen derzeit unsere für die Netzstabilität wichtigen Stauseen nicht mehr. Trotzdem deckt die Nutzung des Wassers in Lauf- und Speicherkraftwerken noch über 50 Prozent des schweizerischen Strombedarfs und trägt überdurchschnittlich zur erneuerbaren Stromproduktion bei.   

Auch ohne Krieg in der Ukraine werden Stromimporte immer schwieriger.

Einheimischer Strom aus Wasser-, Solar- und Windkraft macht uns unabhängig und bringt uns sicher durchs Jahr. Auch ohne Krieg in der Ukraine werden Stromimporte immer schwieriger: Ab 2025 müssen 70 Prozent der Stromproduktion in der EU als Reserve gehalten werden. Wir müssen demnach so rasch wie möglich alle einheimischen Potenziale nutzen: Wasser, Wind und Sonne können und müssen die Stromlücke füllen. 

Apropos Windkraft und Ironie der Geschichte: Im Raum der Gemeinde Bourg-St-Pierre – deutsch St. Petersburg – könnten längstens Windkraftwerke Strom produzieren. Geplant sind seit Jahren Windparks mit perfekter Jahresproduktion. Kommunal wurden die Projekte schon 2017 einstimmig genehmigt und die Einsprachen von Umwelt- und Landschaftsschutzorganisationen abgelehnt. Im Planauflageverfahren reichten die Bremser der Energiewende bei der Walliser Regierung Beschwerde ein, der diese ablehnte. Das Verfahren liegt in weiteren Runden bei der Justiz und ist noch nicht abgeschlossen.

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Beschleunigung der Verfahren ist ein Kind der neuen Vorkriegszeit. Deren Umsetzung dauert bis zu 10 Jahre. Erst dann kann eine Handvoll grössere Projekte von den Verfahren profitieren, deren Realisierung immer noch bis zu 20 Jahre dauert, weil einzelne Landschaftsschützer schon jetzt mit Widerstand drohen. So etwa beim geplanten Kraftwerk Gornerli unterhalb des Gornergletschers, dessen Produktion aus Wasserkraft 650’000 Haushalte mit Strom versorgen könnte.

Energieversorgung ist nicht mehr garantiert

Die Verfahren auf dem politischen Parkett mit Verfassungsänderungen auf Bundes- und Kantonsebene und anschliessenden Gesetzgebungsverfahren dauern lange. Diese Zeit haben wir nicht, denn wir befinden uns in einer ausserordentlichen Lage: Unsere Energieversorgung ist nicht mehr garantiert. 

Welche Massnahmen sind zu treffen? Wir müssen unverzüglich Entscheidungen treffen, dass unser Land so schnell wie möglich auf Strom aus Kohle, Öl und Kernspaltung verzichten kann. Mittels dringlichen Bundesgesetzes muss das Parlament beschliessen, dass die Behandlungsfrist von Dossiers für erneuerbare Energien schweizweit zwingend auf maximal zwei Monate pro Instanz beschränkt wird. Diese Massnahme kann beispielsweise auf 10 Jahre befristet werden. Die kurze Behandlungsdauer muss sowohl für die Behörden in Verwaltung und Politik wie auch für die Gerichte gelten.

Die massiv schnellere Behandlung von Dossiers ist auch möglich, ohne dass die Projekte übermässige Eingriffe in Natur und Landschaft bewirken. Mit diesem demokratisch abgestützten Notrecht kann der zügige Ausbau der Wasser-, Wind- und Solarkraft bewerkstelligt werden. Ansonsten ziehen wir uns den Stecker selber.  

* Roman Weissen, PR-Fachmann, war Gemeindepräsident von Unterbäch VS sowie ehemals Leiter des Büros Bern des Wirtschaftsverbands Swisscleantech.