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Ermittler zu Gondelabsturz in Italien
Manipulation soll Notbremssystem ausgesetzt haben

Die Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass die Bahn trotz fehlerhaften Bremssystems in Betrieb genommen wurde.
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Wende bei den Ermittlungen nach dem Seilbahnunglück am Monte Mottarone: Die zuständige Staatsanwaltschaft von Verbania hat in der Nacht drei Personen vorläufig festgenommen, unter ihnen der Chef der privaten Betreiberfirma, Luigi Nerini, sowie der technische Betriebsleiter der Anlage.

Sie werden verdächtigt, das Notbremssystem an der verunglückten Gondel wissentlich manipuliert zu haben, um zu verhindern, dass die Bahn ihren Dienst einstellen musste. Offenbar wussten sie schon seit dem 26. April von den Problemen an der Kabine. So wurde eine Vorlegegabel montiert, die den Bremsmechanismus aussetzte. Am Mittwochmorgen melden die italienischen Medien, dass die drei Männer bereits gestanden hätten, dass sie das Notbremssystem ausgesetzt haben, um den Betrieb nicht zu stoppen.

Die Gondel fuhr seit Wiedereröffnung des Betriebs nach der langen pandemiebedingten Pause ohne Bremsen. Die Gabel – die italienischen Medien nennen sie «forchettone» – gehört nun zum Unfallinventar der Untersuchungsrichter.

Seilbahnunglück am Lago Maggiore: Warum das Zugseil riss, ist noch ungeklärt.

«Das System wies Mängel auf, und dies hätte mit einem radikalen Eingriff behoben werden müssen», sagte Staatsanwältin Olimpia Bossi nach den Verhaftungen. «Und das hätte eine längere, wenn nicht sehr lange Schliessung bedeutet.» Mit den absehbaren wirtschaftlichen Einbussen.

Kein Schicksalsschlag

Schon im Verlauf des Abends, als Bossi die Verantwortlichen der Betreibergesellschaft einzeln verhörte, war klar geworden, dass es sich nicht um einen Schicksalsschlag gehandelt haben kann. Am Tag vor dem Unfall war der Betrieb mit der Gondel für eine Weile eingestellt und dann wieder aufgenommen worden – auch das war ein Hinweis darauf, dass die Betreiber von den Problemen wussten. Völlig ungeklärt bleibt indessen die Frage, warum das Zugseil gerissen ist. Der Seilriss war der Auslöser des Unfalls.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass eine Videokamera auf dem Dach der Endstation die letzten Sekunden des Unfalls dokumentiert hat. Darauf sieht man offenbar, wie die Gondel nur noch einige Meter vom Ziel entfernt war, als das Seil riss und dann mit grossem Tempo zurückrollte. Ermittlerin Bossi sprach davon, dass die Gondel 100 Stundenkilometer erreicht habe und nach dem Aufprall auf den Pfeiler mehr als fünfzig Meter in die Luft geschleudert worden sei.

Die italienischen Zeitungen zeigen heute ein Bild des 5-jährigen Jungen, Sohn eines israelischen Paars aus Pavia, der als einziger der 15 Passagiere das Unglück überlebt hat und nun in Turin im Krankenhaus liegt. Seine Eltern hatten ihn in der Gondel fotografiert und das Foto dann sofort Verwandten in Israel geschickt – als Nachweis für die Freuden eines Sonntagsausflugs in den Bergen.

Unterdessen läuft ein unschönes Gezänk zwischen der piemontesischen Regierungsverwaltung und der Gemeinde Stresa am Lago Maggiore, wo die Seilbahn für den Mottarone ihre Talstation hat. Keine Behörde will Besitzerin der Anlage sein, beide schieben die Verantwortung ab. Offenbar gehört die Seilbahn seit 1997 der Gemeinde Stresa, doch da die in all den Jahren die nötigen Dokumente nicht nach Turin geschickt hat, ist die Überschreibung nie ganz vollendet worden. Man ging auch schon im Gericht gegeneinander vor.