Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Swatch Group setzt auf Lehrlinge
Nick Hayeks Fünfpunkteplan gegen den Fachkräftemangel

Er rechnet mit einem Rekordjahr 2023: Nick Hayek, Chef der Swatch Group, an der Bilanzmedienkonferenz vom Donnerstag in Biel.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Rund um die Welt sind die Konsumentinnen und Konsumenten nach der Corona-Krise wieder in Kauflaune. Darum rechnet der Schweizer Uhrenhersteller Swatch Group im laufenden Jahr mit einem Rekordergebnis. Vor allem chinesische Käuferinnen und Käufer, die nach den strengen Lockdowns wieder reisen und in die Läden gehen, treiben das Wachstum an. Aber auch in Europa und in den USA zeigt der Absatz seit Anfang Jahr im Vergleich zum vergangenen Jahr nach oben.

Um vom Boom bei billigen Modeuhren und teuren Luxusuhren zu profitieren, braucht es allerdings Fachkräfte. Nur Spezialisten wie Mikrotechnikerinnen und Oberflächenveredler sind in der Lage, komplexe mechanische Zeitmesser herzustellen.

«Wir müssen die Jungen dazu bringen, nicht nur an der Universität zu studieren, sondern eine Lehre zu machen.»

Nick Hayek, Chef der Swatch Group

Ausgerechnet an diesem Punkt harzt es, wie am Donnerstag an der Jahresmedienkonferenz der Gruppe am Hauptsitz in Biel zu erfahren war. Bei Schulabgängerinnen und Schulabgängern stellt das Unternehmen mit Marken wie Swatch, Omega und Tissot zunehmend fest, dass das Niveau für anspruchsvollere Lehren wie Uhrmacher ungenügend ist.

Und bei spezialisierten Berufen ist es für die Swatch Group schwieriger geworden, qualifizierte Leute zu finden. Sie ist damit allerdings nicht allein; der Fachkräftemangel betrifft die gesamte Schweizer Uhrenindustrie. Bis zum Jahr 2026 fehlen gemäss dem Arbeitgeberverband der Uhrenindustrie rund 4000 gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Mangel ist zu einem Teil selbst verschuldet, denn die Branche hat während der Corona-Krise viele Mitarbeitende entlassen und ältere Beschäftigte in die Frühpensionierung geschickt. Die Swatch Group allerdings hat keine Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen ausgesprochen. Das aktuelle Umsatzwachstum verschärft nun den Personalmangel.

Konzernchef Nick Hayek sieht einen Teil der Lösung darin, die Berufslehre aufzuwerten, damit es in der Uhrenindustrie weiterhin genügend Nachwuchs gibt. «Wir müssen die Jungen dazu bringen, nicht nur an der Universität zu studieren, sondern eine Lehre zu machen.»

Appell an Schulen und Behörden

Dazu stellte die Swatch Group einen Fünfpunkteplan vor. Wichtigste Forderung: Es braucht einen besseren Austausch zwischen Lehrbetrieben, Schulen und Behörden über die Ausgestaltung und stetige Verbesserung der Berufslehre. «Bislang fehlt eine institutionalisierte Kommunikation zwischen den Bildungspartnern», sagt Reto Kohli, Verantwortlicher Ausbildung und Uhrmacherschulen bei der Swatch Group.

Weiter sieht die weltgrösste Uhrenherstellerin die gesamte Branche in der Pflicht. «Ausbilden müssen alle Betriebe, die Fachkräfte brauchen», so Kohli. Dazu müssten aber gesetzliche Hürden für kleine Firmen beseitigt werden. Der grosse Papierkrieg halte kleine Unternehmen davon ab, eine Lehre anzubieten.

Der Seitenhieb auf die Konkurrenz ist gewollt: Immer wieder kam von der Swatch Group Kritik, die Mitbewerber würden die Gewinne lieber ins Marketing statt in die eigene Entwicklung, Produktion und Lehrlingsausbildung investieren. Erste Marken wie Breitling haben angekündigt, das Problem ebenfalls anzugehen und erstmals Lehrlinge auszubilden.

Drittens fordert die Swatch Group, dass die Schulen und Kantone die Schülerinnen und Schüler früher über die Berufslehren informieren. «Bereits Fünft- und Sechstklässler sollten sich ein ausführliches und vollständiges Bild der Lehre machen können», sagt Kohli. Tendenziell finde eine Auseinandersetzung mit der Berufswahl später statt. Dann hätten sich aber viele Schüler bereits für einen Übertritt aufs Gymnasium entschieden.

Viertens verlangt die Swatch Group eine praxisnähere Ausbildung. Diese sei oft zu theoretisch und zu ausschweifend. Fünftens brauche es eine bessere Anerkennung der Lehre in der gesamten Gesellschaft. Eine solche sei genauso anspruchsvoll wie ein Studium und trage deshalb zu Recht die Bezeichnung «Königsweg», sagt Kohli.

Während die Swatch Group bei ihren Forderungen Gas gibt, hat sie nicht zu erkennen gegeben, dass sie selbst mehr Lehrstellen anbieten will. In der Schweiz machen aktuell 450 Jugendliche bei der Swatch Group eine Lehre. Insgesamt beschäftigt sie hierzulande 16’244 Personen. 32 Tochterfirmen innerhalb des Konzerns bieten Ausbildungen für fünfzig Berufe an.

Am häufigsten bildet das Unternehmen Mechaniker aus, ihr Anteil beträgt etwas mehr als ein Drittel. Drei Viertel aller Lehrabgänger werden weiterbeschäftigt. Zum Vergleich: Bei der Bundesverwaltung sind es 36 Prozent.

Doch auch im Ausland kümmert sich die Swatch Group um den Nachwuchs: In vier Ländern erhalten fünfzig Lehrlinge eine Ausbildung. In China, Deutschland und den USA hat die Swatch Group dazu eigene Uhrmacherschulen eröffnet. In Grossbritannien gibt es eine Zusammenarbeit mit der British School of Watchmaking mit Sitz in Manchester.